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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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Die Pistole sauste wieder auf sie zu.
    „Geben Sie das her!“, raunzte der Mann auf dem Beifahrersitz.
    „Sie können mich mal“, knurrte Leslie, doch dann rückte sie es im Angesicht der Waffe, heraus. Wenigstens hatte sie die SMS abschicken können. Aber konnte sie auch auf Raffaellos Hilfe vertrauen? Er wusste ja nicht einmal, wo sie war. Das wusste sie noch nicht einmal selbst. Vorsichtig linste sie aus dem schwarz getönten Fenster. Das offene Meer erstreckte sich zu ihrer Linken, rechts erhoben sich steinige, mit kargen Büschen bewachsene Hügel. Klasse. Das konnte überall sein.
    Und plötzlich fragte sie sich, warum sie ihr nicht die Augen verbunden hatten, wie man das in Filmen so machte. Entweder waren sie leichtsinnig, vertrauten auf ihren schlechten Orientierungssinn, von dem sie gar nichts wissen konnten – oder aber sie hatte nichts zu befürchten. Allmählich wurde sie wirklich neugierig. Was zur Hölle hatte das alles zu bedeuten?
    „Wo sind wir?“, fragte sie irgendwann, als der Wagen am Straßenrand hielt. Weit und breit war nichts zu sehen, außer dürrem Gras, trockenen Büschen und dem türkisen Mittelmeer, das sich ein Stück weit unter ihnen ausstreckte. Kein Auto fuhr an ihnen vorbei. Sie waren vollkommen alleine am Ende der Welt. Oh Mist. Jetzt war es so weit. Sie würden sie erschießen. Das war schließlich immer so in Filmen, wenn die Entführer plötzlich am Straßenrand hielten. Gleich würde jemand aus dem Kofferraum hervorkriechen, ihr eine Pistole an den Hinterkopf halten und ...
    „Zwischen Cefalù und Sant’ Agata di Militello “, sagte der Mann am Steuer. Sein Begleiter fuhr ihn auf Italienisch an. Offenbar hatte er das nicht verraten sollen. Die beiden stiegen aus und der Griesgram mit der Pistole öffnete Leslie die Tür.
    „Kommen Sie mit“, raunzte er erneut, packte sie am Arm und führte sie auf den Abhang zu, der hinunter zu einem schmalen Streifen Strand führte. Und da sah Leslie das Schiff. Groß, weiß und protzig schaukelte die ‚Leslie‘ auf den blauen Wellen. Leslie stolperte, doch ihr Entführer hielt sie fest. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie brachte keinen Ton über die Lippen. Ob Raffaello sie umbringen wollte, so wie Gosetti es prophezeit hatte? Aber sie war zu erleichtert, ja sogar froh darüber, dass die ‚Leslie‘ dort unten vor Anker lag, als dass sie hätte in Panik ausbrechen können. Beinahe musste sie sogar grinsen.
    Der Mann, der am Steuer gesessen hatte, schien ihre Erleichterung zu spüren, jedenfalls lächelte er ihr aufmunternd zu. Er wirkte nun ganz und gar nicht mehr wie ein Entführer. Und plötzlich schämte sich Leslie entsetzlich für die SMS, die sie Raffaello geschickt hatte. Sicher lachte er sich kaputt. Der jüngere der beiden Männer sagte etwas zu seinem griesgrämigen Begleiter, woraufhin dieser Leslies Arm losließ. Dankbar stolperte sie weiter die steinige Böschung hinunter.
    Wenig später hatte sie das Vergnügen, mit ihren beiden Entführern in ein Motorboot zu steigen, das sie hinüber zu der Jacht brachte. Kurz bevor der Griesgrämige ihr half, die schmale Leiter heraufzuklettern, steckte sein Begleiter ihr ihr Handy zu.
    „ Scusi , Lorenzo hat wirklich übertrieben“, raunte er, dann war Leslie an Deck angekommen. Und blickte sich um. Keine Spur von Raffaello.
    „Signor Ruggiero erwartet Sie“, sagte Lorenzo grimmig und ging voraus in Richtung Bug. Zögernd folgte Leslie ihm, sein Kollege schlenderte hinter ihnen her. Grimmig starrte sie auf Lorenzos Rücken. Er erinnerte sie an einen Auftragskiller – was er wahrscheinlich auch war.
    Raffaello hatte ihr den Rücken zugewandt und lehnte an der Reling. Lorenzo sagte etwas auf Italienisch – und er drehte sich um. Setzte seine Sonnenbrille ab und nickte Leslies Entführern knapp zu, woraufhin sich diese entfernten. Leslie stand da und starrte Raffaello an. Nicht sicher, ob sie wütend sein sollte oder nicht. Ihr Herz raste, als sie ihm in die dunklen Augen sah und für einige Sekunden an ihre Nacht mit ihm dachte, aber sie entschloss sich, eine Schnute zu ziehen.
    „Wirklich amüsant, deine SMS“, sagte Raffaello und kam auf sie zu. Er grinste.
    „Pfft“, machte Leslie. „Wenn mir keiner sagt, von wem sie geschickt wurden! Der Typ hat mich mit einer Pistole bedroht! Hast du ihm gesagt, er soll das machen?!“ Raffaellos Miene verdunkelte sich.
    „Wer von den beiden?“, fragte er. „Lorenzo oder Roberto?“
    „Der Griesgram!

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