Zwischen Olivenhainen (German Edition)
massive Steingeländer hinauf. Man konnte von hier aus auf die riesige Eingangstreppe hinunterblicken.
„Leslie!“
„ Sorry . Ähm …“
„Weißt du eigentlich, wie froh ich bin, dass du noch lebst?!“, schluchzte Anne plötzlich. Eine ganze Weile lang hörte sie nicht auf zu weinen.
„’Tschuldigung“, nuschelte sie dann irgendwann. „Also, ich will alles wissen, klar?“
„Ist jemand bei dir?“, fragte Leslie vorsichtig.
„Antonio.“
„Dann schick ihn raus.“
„Aber –“
„Grüß ihn von mir, mir geht’s gut.“ Wahrscheinlich schickte Anne Antonio nicht aus dem Zimmer. Aber das war jetzt auch egal.
„Er hat dich entführt, stimmt’s?“, raunte Anne leise. „Ich hab’s gewusst! Sofort, als wir gemerkt haben, dass du weg warst!“
„Anne!“
„Hm?“
„Es ist alles nur zu meiner … Sicherheit“, sagte sie, obwohl sie das mittlerweile selbst infrage stellte. Vielleicht sagte sie das auch nur, um sich zu beruhigen. Sich wieder einmal selbst zu belügen. Was bis jetzt immer in die Hose gegangen war.
„Das glaubst du ja wohl selbst nicht!“ rief Anne entrüstet. „Der Typ ist Mafioso! Um Himmels Willen, begreif doch endlich, dass du ihm kein Wort glauben kannst!“
„Tu ich ja gar nicht, ich –“.
„ Wo bist du, Leslie??“ Sie holte tief Luft. „Nicht mehr auf –“ Das Handy wurde ihr aus der Hand gerissen. Empört drehte sie sich um. Raffaello stand hinter ihr, hielt ihr Handy in der Hand und drückte einige Tasten. Dann hielt er es ihr wieder entgegen.
„War das deine Freundin?“, fragte er sie mit kalter Stimme. Was bildete er sich eigentlich ein? Jetzt konnte sie wirklich von Freiheitsberaubung sprechen. Es war ja wohl ihr gutes Recht, sich mit Anne zu unterhalten und sie zu beruhigen. Wobei ihr das wahrscheinlich ohnehin nicht gelungen wäre.
„Und wenn schon“, motzte sie ihn an. „Braucht dich ja nicht zu interessieren!“
Wie war er überhaupt unbemerkt in ihr Zimmer gekommen? Er schloss für einige Sekunden die Augen, und als Leslie genauer hinsah, bemerkte sie, wie müde und erschöpft er aussah. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen.
„Leslie“, sagte er eindringlich und nahm sie an den Schultern. „Ich habe nichts dagegen, dass du deine Freundin anrufst. Nur bitte erzähle ihr nichts von all dem hier. Das darfst du auf keinen Fall!“ Sie machte sich von ihm los und musterte ihn trotzig.
„Warum?“, entgegnete sie. „Darf ich sie nicht beruhigen? Denkst du etwa, Gosetti könnte alle Leitungen überwachen lassen?!“ Er sah sie ernst an. Und sie begriff, dass er genau davor Angst hatte. Sie schluckte.
„Du … denkst das … wirklich“, murmelte sie und musterte ihn aufmerksam. Er senkte nur kurz den Blick, dann sah er sie wieder an.
„Niemand darf wissen, wo du dich aufhältst“, sagte er.
„Wo wir uns aufhalten“, murrte sie. „Und deine … Leute. Weißt du was? Das stinkt mir jetzt schon!“ Er seufzte.
„Ich weiß“, sagte er. „Aber das ist das Einzige, das –“.
„Ist es nicht!“, rief sie. „Wenn du so in der Tinte steckst, dann unternimm doch einfach was gegen diese ‚Probleme‘! Warum versteckst du dich davor? Ich dachte, du hättest ‚so viel Macht‘?!“ Er sagte nichts. Sah sie nur kalt an und lehnte sich gegen das Geländer. Eine Gänsehaut rieselte ihr den Rücken hinab, als sie ihm in die dunklen Augen blickte.
„Das ‚Versteckspiel‘ ist Teil eines Plans“, sagte er schließlich. „Ich glaube nicht, dass du ihn hören willst.“
„Und was, wenn doch?“
„Dann wird dir Einiges nicht gefallen.“
„Sag’s mir doch einfach!“, forderte sie und musterte ihn scharf. Aber er schüttelte den Kopf.
„Nein“, sagte er ruhig. Dann eben nicht!
„Dann lass nächstens deine blöden Andeutungen!“, fuhr sie ihn an, schmiss ihm ihr Handy entgegen. „Da. Das kannst du haben! Wahrscheinlich hättest du es mir irgendwann sowieso weggenommen.“ Dann drehte sie sich um, riss die Terrassentür auf und verschwand im Zimmer.
„Wo gehst du hin?“, rief er ihr nach und beinahe glaubte sie, er würde ihr nachlaufen. Aber das tat er nicht.
„Zu Serafina! Kochen!“, fauchte sie und knallte die Zimmertür hinter sich zu. Dass er jetzt alleine in ihrem Zimmer war, interessierte sie nicht die Bohne. Sollte er sich doch vom Balkon stürzen. Ihr doch egal.
In ihrer Wut stürmte sie durch sämtliche Flure in dem riesigen Haus, bevor sie Serafina Cantones Zimmer gefunden hatte. Sie war
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