Zwischen Olivenhainen (German Edition)
Hand.
„Geht nicht anders“, jammerte Leslie. Sie konnte es einfach nicht. Sie konnte nicht mit diesem Ding auf irgendetwas zielen und sei es eine noch so belanglose Holzscheibe.
„Hm“, machte Raffaello nachdenklich. Eine Falte erschien zwischen seinen dichten, schwarzen Brauen.
„Moment, ich helfe dir“, sagte er und im nächsten Augenblick war er so dicht hinter Leslie getreten, dass ihr Rücken seine Brust berührte. Ein leiser Schauer rieselte ihr über den Rücken. Sie meinte sogar, seinen Herzschlag spüren zu können. Ruhig und gleichmäßig. Seine linke Hand umfasste ihre linke Schulter, mit der Rechten umschloss er ihre Finger, die zitternd die Pistole festhielten. Sie hörten auf zu zittern, sobald seine Hand auf ihrer lag.
„Konzentrier dich“, sagte er leise, dicht an ihrem Ohr. Sie konnte seinen Atem im Nacken spüren. Herrgott, wie sollte sie sich konzentrieren, wenn er sie so aus der Fassung brachte? Sie schluckte. Und atmete tief durch.
„Gut so“, raunte er. „Jetzt entsichere die Waffe.“ Sie tat es. Zögernd, wie in Zeitlupe, aber sie schaffte es.
„ Molto bene “, sagte Raffaello leise. Ihre Hand schien unter seinem Griff zu glühen. Ihr war plötzlich entsetzlich heiß. Vielleicht war es Angstschweiß.
„Leg den Zeigefinger an den Abzug.“ Sie tat es.
„Perfekt“, sagte er. Ihre Nackenhaare sträubten sich unter seinem warmen Atem. Diese Nähe war ja fast unerträglich.
„Drück ab“, sagte er. Sie tat es nicht.
„Geht nicht“, presste sie kläglich hervor. „Zu viel Schiss.“ Sie hörte ihn leise lachen. Sein Zeigefinger legte sich auf ihren. Er zielte mit ihrem Arm. Und drückte ab. Mit einem erschrockenen Aufschrei sprang Leslie einen Schritt zurück und prallte gegen ihn. Sie ließ augenblicklich die Waffe fallen. Mit einem dumpfen Schlag landete das silberne Metall auf dem staubigen Boden – und Raffaello packte Leslie an den Schultern und riss sie mit sich nach unten. Er landete halb auf ihr und sie musste entsetzt nach Luft schnappen, als sie hart auf dem Ackerboden aufschlug.
„Hast du sie noch alle?!“, kreischte Raffaello. „Das Ding hätte losgehen können! So was lässt man nicht einfach ungesichert fallen, während man schießt! Was, wenn es einen von uns getroffen hätte?!“
Nach einem Moment der Starre schob Leslie ihn von sich herunter und setzte sich mit zitternden Knien auf. Der Schuss hallte in ihrem Kopf wider. Laut und schneidend. Raffaello kniete sich vor ihr in den Staub. Seine Jeans und sein Hemd waren übersät von Erdflecken. Er atmete schwer, doch allmählich schien er sich wieder zu entspannen.
„Mach das nie wieder“, stieß er hervor, klopfte sich den Staub aus den Kleidern und fuhr sich durch das wirre Haar. „Hörst du? Nie wieder!“ Dann ergriff er Leslies Pistole, sicherte sie hastig, stand auf und reichte ihr eine Hand, zog sie auf die Füße und im nächsten Augenblick ganz dicht an sich.
„Wahrscheinlich war es mein Fehler“, sagte er leise. „Ich hätte dir erst alles erklären sollen.“ Er lächelte schwach. „Ich denke, der Schock reicht auch dir für heute. Aber morgen kommen wir wieder hierher. Du musst es lernen, Leslie.“ Dann ließ er sie los, hauchte ihr einen Kuss auf die staubigen Lippen und ließ seine Waffe – und ihre – in seinem Gürtel verschwinden. Scheinbar traute er ihr nicht mehr ganz über den Weg.
„Lass uns zurückfahren und unter die Dusche hüpfen“, sagte er erschöpft und legte ihr einen Arm um die Schultern, während sie auf die Olivenbäume zusteuerten.
„ Mamma mia “, murmelte er leise vor sich hin, „du kannst einen wirklich schocken.“ Leslie antwortete nicht. Sie stolperte bloß zittrig neben ihm her zu seinem Auto.
Sie hüpften nicht unter die Dusche. Dazu kam es nicht, denn kaum hatte Raffaello den Maserati in der Einfahrt geparkt, kam Roberto mit todernstem Gesichtsausdruck auf ihn zugeeilt, wechselte hektisch einige Worte mit seinem ‚ Capo ‘, woraufhin Raffaello genervt aufstöhnte, sich mit den Worten „ Scusi , Leslie, wir sehen uns heute Abend“ verabschiedete und dann staubig und in Jeans, wie er war, neben Roberto hereilte hinein in den Palazzo . Er hatte noch immer ihre Pistole bei sich und das war Leslie ganz recht. Seine Sonnenbrille lag auf dem Armaturenbrett.
Nachdem Leslie ihm empört und dann enttäuscht nachgesehen hatte, nahm sie die Sonnenbrille, setzte sie sich auf die Nase und stieg aus dem Cabrio. Nun, was ließ sich anfangen mit
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