Zwischen Olivenhainen (German Edition)
er erschrocken, aber Leslie schüttelte hastig den Kopf. Wahrscheinlich hätte sie es in Schottland nicht ausgehalten. Nicht ohne ihn jedenfalls. Raffaello lachte erleichtert auf.
„Für einen Moment hast du mir wirklich einen Schock eingejagt“, sagte er, aber Leslie blickte ihm fest in die tiefbraunen Augen.
„Ich will wissen, warum –“, setzte sie an, doch er unterbrach sie.
„Habe ich dir das nicht schon gesagt?“, fragte er. „Ohne dich wäre mein Leben nicht mehr das, was es mit dir ist. Eines Tages hätte ich wohl oder übel vor deiner Tür in Schottland gestanden und deinen Eltern einen gehörigen Schrecken eingejagt.“ Er grinste und fuhr sich durch das dichte, schwarze Haar. Ohne es zu wollen, musste Leslie lächeln und sie begriff, dass sie diese beinahe selbstverliebt wirkende Geste von ihm ziemlich lieb gewonnen hatte.
„Was hast du mit Mario … ähm – besprochen?“, fragte sie schließlich. „Warum hat er sich so aufgeregt?“ Sein Grinsen verwandelte sich in einen harten Ausdruck, aber in seinen dunklen Augen lag etwas Schalkhaftes.
„Fragen über Fragen …“, seufzte er. „Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du das lassen solltest …“ Er legte ihr beide Arme um die Schultern. Der Blick aus seinen Augen war unverschämt weich geworden. Aber irgendetwas blitzte darin auf.
„Und was das betrifft, werde ich dich vielleicht heute Abend informieren – Mario würde es sowieso bei nächster Gelegenheit tun, um mich zu ärgern.“ Dann küsste er sie und der armen Leslie blieb gar nichts anderes übrig, als den Mund zu halten.
„Wenn du jetzt nicht mit der Sprache ’rausrückst, rufe ich Mario an!“, sagte Leslie, als sie im lauen Abendlicht Raffaello gegenüber an dem Mühlsteintisch saß und sich eine Olive nach der anderen in den Mund schob. Verdammt, die Dinger machten wirklich süchtig. Dabei sahen sie irgendwie nicht mal besonders lecker aus. Raffaello bedachte sie mit einem spöttischen Grinsen.
„Du hast seine Nummer nicht“, sagte er ruhig, lehnte sich lässig zurück, warf eine Olive in die Luft, fing sie mit dem Mund auf und spuckte den Kern in hohem Bogen weit in den Garten hinein.
„Er wirft mir vor, unsagbar egoistisch und dumm zu sein“, sagte er schließlich, fast ein wenig trotzig. „Außerdem wollte er sein Auto wiederhaben und den – ich zitiere ‚vermaledeiten sperrigen Helikopter‘ loswerden, den ich bei ihm auf dem Grundstück mitsamt Pilot zurückgelassen habe.“ Zwischen seinen dichten Brauen bildete sich eine Falte.
„Warum wirft er dir so was vor?“, fragte Leslie überrascht. Raffaello legte den Kopf in den Nacken und blickte scheinbar gedankenversunken hinauf zu den Sternen, die sich blass glimmend am violetten Abendhimmel abhoben.
„Weil ich dich daran gehindert habe zu gehen“, sagte er und dabei klang er irgendwie merkwürdig.
„Was?“ Leslie sah ihn bloß verständnislos an. Auch wenn sie es niemals zugeben würde, sie freute sich unsagbar, dass Raffaello sie allem Anschein nach wirklich gern hatte. Davon, dass er zu ihr gesagt hatte, er liebe sie, einmal abgesehen. Er nickte. Und sah mit einem Mal schrecklich verletzlich aus.
„Und er hat recht“, sagte er tonlos. „Ich bin wirklich der egoistischste Mensch, den ich kenne …“
„Bist du nicht!“, widersprach sie – aber sehr überzeugend klang das nicht. Er lächelte schwach.
„Indem du bei mir bleibst – hier auf Sizilien, in meinem Leben – bringe ich dich in Gefahr, verstehst du? Denk nur mal an Spaventos Killer. Oder an diverse meiner anderen Feinde, von denen du Gott sei Dank noch nichts mitbekommen hast.“ Er seufzte und für einen kurzen Augenblick sah er unendlich traurig aus. So, als hätte er erkannt, dass er sich für ein komplett falsches Leben entschieden hatte.
„Du weißt zu viel über … einige meiner, naja, ‚Angelegenheiten‘“, fuhr er mit rauer Stimme fort. „Und ich habe dich viel zu gerne, als dass ich dich daran hindern könnte, in meinem Leben zu sein. Und genau dieses Leben ist nichts für dich.“ Er sah ihr geradewegs in die Augen, als er das sagte. Sie schluckte. Und kam sich mit einem Mal wie vor den Kopf gestoßen vor.
„Du … denkst, ich sollte …“, begann sie, doch Raffaello stand auf und setzte sich vor ihr auf den Mühlstein.
„Herrgott, Leslie“, sagte er. „Nein, natürlich nicht! Ich will dich in meinem Leben haben, glaub mir! Aber in meinem Leben – nicht in meinen Geschäften und …
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