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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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offensichtlich gewesen war.
    Und dann begann Salvatore Massimo Ruggiero zu sprechen. Das Mikrofon verteilte seine klare Stimme bis in den hintersten Winkel des Gartens. Leslie war sich fast sicher, dass man ihn auch hinter dem Haus auf dem Parkplatz hören konnte. Während er sprach, ließ sie den Blick über die Gesichter der Menschen schweifen, die Raffaellos Vater gebannt zuhörten. Einige vielleicht nur aus Höflichkeit, Leslie bemerkte sogar, wie einer der Männer, der ihnen am nächsten saß, die Lippen kräuselte, aber auf den Gesichtern der meisten spiegelte sich eine seltsame Mischung aus Hochachtung, so als sei Signor Ruggiero weiß Gott was für ein wichtiger Lebensretter und Leslie fragte sich, was er wohl getan hatte, dass er so viel Bewunderung zu spüren bekam.
    „Er hat gesagt, dass sich Raffaello bei allen, die gekommen sind, bedanken wird“, raunte Mario ihr zu und verzog dabei gequält das Gesicht, so als leide er mit seinem besten Freund, der sich nun von seinem Platz neben seiner Mutter erhob und auf die Bühne zuging.
    „Er hasst solche Ansprachen“, murmelte Mario aber Leslie beobachtete mit Schrecken, wie Raffaello sich plötzlich gänzlich wandelte. In den reichen Sohn des einflussreichen Politikers, der eben noch vorne am Rednerpult gestanden hatte, sich aber jetzt langsam nach unten bewegte, nachdem er seinem Sohn noch einmal vor allen Leuten zum Geburtstag gratuliert hatte.
    Raffaello schenkte der Menge ein strahlendes Lächeln, als er am Mikrofon angekommen war und es ein wenig höher gestellt hatte, weil er größer war, als sein Vater. Mit einem Mal wirkte er anständig und erwachsen, gar nicht so, als würde er es hassen, vor so vielen Leuten zu sprechen, sondern eher, als würde es ihm Spaß machen und auch, als er anfing zu sprechen, schien es, als täte er es nicht zum ersten Mal. Er sprach natürlich Italienisch und auch, wenn Leslie das, was er sagte, nicht verstehen konnte, (Mario war noch nicht auf die glorreiche Idee gekommen, es ihr zu übersetzen) klang das, was Raffaello sagte, seltsam gut in ihren Ohren, die Worte kamen ihm nur zu leicht über die Lippen und in der fremden Sprache hörte sich seine Stimme irgendwie völlig anders an, als wenn er Englisch mit ihr sprach. Leslie konnte nicht anders – sie musste ihn dafür bewundern, wie er da stand und vor allen Leuten sprach, sie selbst hätte sich das niemals im Leben getraut. Und als sie den Blick über die Gesichter der Menschen schweifen ließ, überraschte es sie fast gar nicht, dass sie ihn alle genauso ansahen, wie sie es bei seinem Vater getan hatten, was, wie sie glaubte, nicht an seinem Vater lag, sondern an der ungewöhnlichen Autorität, die er plötzlich ausstrahlte. Raffaello wirkte auf Leslie wie ein Fremder.
    Die Menge hatte geklatscht, nachdem Raffaello seine Rede beendet hatte und danach hatte er sich noch einige Glückwünsche anhören müssen, bevor er sich endlich wieder zu Mario und Leslie an den kleinen, runden Tisch unter dem Olivenbaum durchkämpfen konnte. Mit seinem Vater hatte er auch noch kurz etwas besprechen müssen, aber irgendwie fand Leslie, die ihn die ganze Zeit über beobachtete, dass er recht ungeduldig wirkte, und Marios Kommentar: „Er kann es nicht erwarten, wieder zu dir zu kommen“, entlockte ihr nur ein verächtliches Schnauben.
    Dann war Raffaello bei ihnen angekommen und Leslie rutschte tiefer in ihren Stuhl hinein, denn nach seinem Verhalten eben, konnte sie sich nicht recht entscheiden, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Mario stand auf, umarmte seinen besten Freund kurz lachend und sagte dann irgendetwas auf Italienisch, aber Leslie horchte auf, als ihr Name fiel und plötzlich konnte sie sich doch vorstellen, wie gut die beiden befreundet waren. Fast wirkten sie wie Brüder, bis auf die Tatsache, dass sie sich kein bisschen ähnlich sahen.
    Dann zwinkerte Mario Leslie zu, mit den Worten: „Bis später“ drehte er sich um, und ehe sie es sich versah, saß sie alleine da. Mit Raffaello. Nun gut, wohl doch nicht ganz so alleine, aber in seiner Anwesenheit fühlte sie sich etwas befangen.
    Raffaello setzte seine Sonnenbrille auf, was Leslie absolut nicht sinnvoll erschien – immerhin war es schon recht dunkel geworden. Nur die Lampions und einige Laternen, die am Rande des Gartens zwischen den Bäumen standen, leuchteten hell auf. Außerdem fand sie es schrecklich nervig, wenn sie seine Augen nicht sehen konnte.
    „Warum ziehst du die an?!“, fragte

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