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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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den Gedanken daran in ihren Hinterkopf zu verbannen, doch schon im nächsten Moment meinte sie, seine Lippen wieder auf ihren zu spüren und dann biss sie sich ganz fest darauf, um sich zurückzuholen. Ich sitze im Flugzeug, dachte sie, er ist nicht hier. Du solltest den Idiot vergessen. Und dann sah sie seinen gleichgültigen Gesichtsausdruck vor sich.
    „Gut. Wir sehen uns“, hallte seine Stimme in ihrem Kopf wider, bis sie es nicht mehr aushielt und die Lautstärke ihres iPods gerade so laut stellte, dass es ihr nicht in den Ohren wehtat. „ Beyond the sea “ hatte sie eigentlich immer beruhigt, aber jetzt tat es das nicht. Scheiße. Wütend riss sie sich die Stöpsel aus den Ohren, doch als sie den Kopf zurücklehnte und die Augen schloss, um zu schlafen, tauchte Raffaellos erschrockenes Gesicht wieder vor ihrem geistigen Auge auf, als sie sich umgedreht hatte und feststellen musste, dass er im selben Restaurant saß, wie sie. Und Anne.
    Jemand stupste sie gegen die Schulter. Leslie öffnete die Augen.
    „Was ist?“, knurrte sie.
    „Es gibt Frühstück“, sagte Anne.
    „Bäh“, machte Leslie und verzog das Gesicht.
    „Weißt du was?“, sagte Anne und lächelte. „Da gebe ich dir ausnahmsweise mal recht. Flugzeugessen ist zum Kotzen.“ Leslie erwiderte nichts. Sie zerkaute eine Hälfte des winzigen Brötchens, das mit ein bisschen Marmelade und Käse geliefert worden war, im Zeitlupentempo und gab Anne ihren Käse. Leslie hasste Käse. Anne eigentlich auch, aber sie erklärte, sie sei dem Hungertod so nahe, dass sie sogar ein Stück Blutwurst verspeist hätte und die konnte sie absolut nicht leiden.
    Leslie hatte das Gefühl, dass die Zeit hier oben im Flugzeug langsam und träge dahin kroch. Die Ziffern auf ihrer Digitaluhr schienen hämisch zu ihr hinaufzugrinsen, aber sie konnte es nicht lassen, alle fünf Minuten einen Blick darauf zu werfen. Und dann, nach fünf Stunden der Qual und der Müdigkeit leuchteten die Anschnallgurte über ihren Köpfen mit einem dumpfen Gong hell auf und der Pilot verkündete die heiß ersehnte Landung. Im ganzen Flugzeug klickten die Verschlüsse der Gurte und bald darauf ging es im Sinkflug dem Ende ihrer Reise entgegen.
    Es regnete nicht, als Anne, Leslie, Melissa und ihr Vater den Ausgang des Flughafens erreichten. Die Sonne lugte sogar hinter einer dicken Wolke hervor, aber es war kalt. Der Unterschied zu den heißen Temperaturen auf Sizilien war erschreckend und sogleich legte sich eine Gänsehaut auf Leslies Arme. Wie hatte sie nur so leichtsinnig sein können, ein halbärmliges T-Shirt und eine dünne Strickjacke anzuziehen?
    „Himmel, ist das kalt!“, jammerte Melissa und schlüpfte dankbar in die Jacke ihres Vaters, die er ihr hinhielt.
    „Wir sind da“, sagte Anne und legte Leslie eine Hand auf die Schulter.
    „Hm“, machte sie, aber plötzlich fand sie es gar nicht mehr so schlimm, dass es wieder kalt war, dass die Autos auf der linken Straßenseite fuhren und statt einer heißen Prise Mittelmeer mit Orangenduft ein schneidender Wind frische Atlantikluft mit sich brachte, das Geschrei von Möwen anstatt der knatternden Vespas und die Erinnerung an Grandpa Macs Fischkutter.
    Mr. Gosetti steuerte den Weg zum Parkplatz des Terminals an und Melissa, Anne und Leslie folgten ihm in einigem Abstand, noch zu überwältigt davon, sich mit einem Mal wieder in Schottland zu befinden. Gute drei Wochen hatten sie auf Sizilien verbracht und das Ende der Sommerferien rückte nun in greifbare Nähe. Während Melissa ohne Unterlass von ihrem wunderbaren Urlaub plapperte, Anne ab und zu einen Kommentar dazu abgab und Mr. Gosetti schon wieder sein Handy am Ohr hatte, schlenderte Leslie den Dreien frierend hinterher und allein schon die Vorstellung, zwei Stunden Fahrt mit der aufgekratzten Melissa im Auto verbringen zu müssen, ließ sie noch langsamer werden. Und dann fiel ihr Blick auf den alten, grauen VW, der direkt in der Auffahrt des Parkplatzes stand.
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und als ihr kleiner Bruder Benny mit einem lauten: „Leslie!!“ auf sie zu gerannt kam und sich gleich darauf in ihre Arme warf, blieb sie einfach stehen und ließ ihre Reisebegleiter ohne sie weitergehen. Anne blieb kurz stehen, kam zu ihr zurück, um sich zu verabschieden, dann eilte sie mit den Worten: „Ich ruf dich an, Leslie!“ hinter Melissa und ihrem Vater her und bald waren die Drei zwischen all den Autos nicht mehr zu sehen. Nun ja, sie hätte sich wenigstens

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