Zwischen Pflicht und Sehnsucht
Talent, Vision und Willensstärke wie jeder Mann, nicht zu vergessen genug eigenes Geld, um mir etwas zu erkaufen, das wenig andere Frauen besitzen: Eigenständigkeit und Unabhängigkeit.“ Sie hob ihr Kinn, bereit fortzufahren, aber Miss Ashford kam ihr zuvor.
„Es tut mir leid zu hören, dass Sie nicht mit uns zurückkommen, Miss Westby. Ich halte morgen ein Treffen für junge Damen ab, um über Wohltätigkeit zu sprechen, und ich hatte angenommen, dass Sie sich zu uns gesellen.“
Sophie blinzelte. Die Frau klang, als erwartete sie allen Ernstes, dass sie ihre Pläne auf den Kopf stellte. „Ich bin Ihnen äußerst dankbar, Miss Ashford, aber ich muss bleiben. Der Stuckateur kann erst morgen vorbeikommen. Ich muss sicherstellen, dass alle verstehen, was ich mir vorstelle. Die ersten Schritte eines derartigen Projekts sind sehr kritisch.“
„Natürlich, ich verstehe.“ Ihr Ton strafte sie Lügen. Sie ließ sich von einem Diener ein Glas Limonade reichen und wandte sich wieder an Sophie. „Was ich gern wüsste, ist, wie Sie so ein leidenschaftliches Interesse an Raumgestaltung entwickelt haben, Miss Westby. Das ist eine äußerst ungewöhnliche Beschäftigung für eine junge Dame.“
Sophie unterdrückte ein Grinsen. In Miss Ashfords Augen war ungewöhnlich eindeutig kein Kompliment. „Oh, das ist sicherlich aus der Not geboren. Meine Singstimme ist nicht für die Ohren anderer geeignet, und meine Handarbeitskünste sind hauptsächlich von praktischem Wert, aber nichts Besonderes.“
„Ihre künstlerische Begabung ist allerdings unübertroffen“, mischte sich Charles unerwartet ein. „Ich glaube, ich kann mich an keinen Moment erinnern, in dem Miss Westby kein Skizzenbuch bei sich trug.“ Er lächelte. „Außer natürlich, wenn ich es ihr weggeschnappt und versteckt hatte. Das war die schlimmste Folter, die mir einfiel.“
Trotz der Spannung, die immer noch zwischen ihnen knisterte, fühlte sich Sophie von Charles’ Verteidigung gewärmt. Und von seinem heiteren Lächeln, das den Wunsch weckte, es öfter zu sehen. Sie zwang sich, zu lachen und in unverfänglichem Ton zu sprechen. „Während mir eine ganze Menge Foltermöglichkeiten für Sie einfielen.“
„Ja, einige der Narben sieht man immer noch“, sagte er in spöttischem Ernst.
„Ich weiß, Miss Ashford hätte nur zu gern einen Hinweis, wie sie Charles unterjochen könnte, Sophie, Liebes …“, Lady Dayle sprach mit mütterlicher Nachsicht, „… aber ich fürchte, das muss warten, denn kommt da nicht die Kutsche des Baumeisters den Weg hinauf?“
„Oh, das muss er sein.“ Sophie stand auf. „Er hatte sich für heute Nachmittag angekündigt.“ Sie hielt inne, bedachte Charles mit ihrem strahlendsten Lächeln und beugte sich dann zu Miss Ashford hinunter. Immer noch Charles’ Blick haltend, flüsterte sie absichtlich laut: „Ohren-Schnipsen, das hasst er“, bevor sie in Richtung Haus davonschritt.
7. KAPITEL
Die Nachmittagssonne stand noch hoch, als Charles auf der Suche nach Sophie durch die leeren Räume eines Hauses wanderte, das nie für ihn bestimmt gewesen war, auf der Suche nach einer Frau, die zweifellos die Falsche für ihn war.
Überall gab es Zeichen ihrer Anwesenheit. Lange Zeit abgedeckte Möbel waren enthüllt worden, achtlos weggeworfene Leintücher türmten sich in den Ecken. Alle Fenster waren aufgerissen worden, um Sonnenlicht und frische Luft hereinzulassen. Farbtupfer von Stoffmustern und Skizzen sprangen einem in jedem Raum ins Auge.
Er fand sie wieder auf einer Leiter stehend, wo sie ein Fenster ausmaß, vermutlich für die Länge der Vorhänge. Unbemerkt blieb er an der Tür stehen und betrachtete die anmutige Biegung ihres Körpers, den Schimmer, den das Sonnenlicht auf ihr prachtvolles nachtschwarzes Haar zauberte, das sanfte Spiel des Windes mit ihrem Kleid.
Es war töricht, hier zu sein. Er spielte mit dem Feuer. Aber der unbekümmerte junge Mann in ihm, der ihre chaotische Freundschaft vermisste, und vielleicht auch der dunkle Teil in ihm, der Gefahr immer genossen hatte, konnten der Verlockung nicht widerstehen.
„Fall nicht“, sagte er leise, in Erinnerung an das letzte Mal, als er sie auf einer Leiter entdeckt hatte.
Sie wandte den Kopf und schenkte ihm wieder dieses umwerfende Lächeln. „Keine Sorge, Charles, ich falle nicht.“ Ihr spöttischer Ton ließ ihn zweifeln, ob sie vielleicht von etwas anderem als der Leiter sprach.
„Die anderen bereiten sich zur Abreise vor,
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