Zwischen Pflicht und Sehnsucht
zu heiraten“ hinzu. Mehr als erfreut über die Ablenkung, richtete er seine Aufmerksamkeit auf die junge Dame. „Ich bitte um Verzeihung, ich war für einen Moment abgelenkt.“
„Ich habe gefragt“, wiederholte sie und ließ nur die kleinste Andeutung von Missbilligung den Ton ihrer Frage einfärben, „wie ich Ihrer Meinung nach Miss Westby am besten angehen sollte. Sie scheinen sie gut zu kennen, deswegen dachte ich, Sie könnten mir einen Rat geben.“
„Miss Westby angehen?“
„Ich denke, sie könnte von meinem Einfluss profitieren. Ich werde sie unter meine Fittiche nehmen, wie man so sagt. Ich wage zu behaupten, dass sie mit meiner Hilfe hier in der Stadt hervorragend ankommen wird.“
Charles hob die Schultern. „Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich glaube, sie kommt recht gut zurecht. Ich halte es nicht für notwendig, dass Sie sich so bemühen.“
Miss Ashford warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu und schenkte ihm ein knappes Lächeln. „Natürlich bekommt ein vielbeschäftigter Mann wie Sie nicht dieselbe Art von Unterhaltungen mit wie eine Dame. Normalerweise würde es mir nicht in den Sinn kommen, solch, nun – lassen Sie es mich beim Namen nennen – kleinliches Geschwätz weiterzugeben. Aber man hat mich auf einige Dinge aufmerksam gemacht, da es bekannt ist, dass ich mit Ihrer Familie verkehre.“ Sie machte eine Pause, und diesmal war ihr Blick noch vielsagender. Charles wäre amüsiert gewesen, wenn vor ihm nicht mit einem Mal die erschreckende Vision von Tausenden solcher Blicke, die den Gatten dieser Dame tagein, tagaus treffen würden, aufgetaucht wäre. Ein Haken auf der Seite „Gründe, eine andere in Betracht zu ziehen“.
„Glücklicherweise gibt es nichts, was nicht mit meiner Hilfe überwunden werden kann. Die Zwischenfälle sind größtenteils klein und unbedeutend, in der Art, wie wir heute Morgen beobachten konnten, als Miss Westby sich mit diesem Bettler abgab.“
Charles war klar, dass er Miss Ashford dankbar sein sollte. Sie war nur bestrebt, ihm zu gefallen. Sie gab lediglich seine eigenen Zweifel über Sophies Verhalten wieder und bot ihr genau die Art von Hilfe an, die er sich für sich selbst wünschte, wenn auch in größerem Umfang. Es gab keinen Grund, solche Entrüstung zu empfinden. Und doch fühlte er genau das. Verärgerung durchzuckte ihn bei dem Gedanken daran, wie Miss Ashford die unkonventionelle Sophie in eine Form zwang, die nach ihrem eigenen Vorbild gestaltet war.
„Der Soldat und all seine Kameraden verdienen unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl, Miss Ashford. Gott weiß, sie haben unerhört wenig von der Regierung zurückbekommen, für deren Verteidigung sie ihr Leben riskiert haben.“
„Ich stimme Ihnen zu. Doch kann es für eine Dame nicht angehen, mit ihnen öffentlich auf einer Straße Konversation zu machen Wenn Miss Westby eine wohltätige Ader hat, habe ich bei Weitem bessere Ideen, wie sie vorgehen sollte.“
Charles’ Interesse war geweckt. Vielleicht hatte Miss Ashford mehr Tiefgang, als er angenommen hatte. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass sie sich für wohltätige Zwecke engagierte. Das konnte er nur gutheißen. „Wie das?“, fragte er gespannt.
„Ich und einige meiner Mitstreiterinnen haben unsere eigene wohltätige Gesellschaft organisiert. Ich beabsichtige Miss Westby zu fragen, ob sie sich uns anschließen möchte.“
„Ich wage zu behaupten, dass sie das tun wird. Ich bin selbst sehr interessiert. Erzählen Sie mir von Ihrer Arbeit, vielleicht kann ich auf irgendeine Weise behilflich sein.“
„Oh, es ist nichts von Interesse für Sie. Wir sind eine kleine, noch junge Gruppe.“
„Unsinn. Ich wäre froh, auf jede erdenkliche Weise zu helfen. Was haben Sie bis jetzt erreicht? Haben Sie einen Vorstand? Eine Satzung? Vielleicht könnte ich als Finanzberater fungieren und diese Last von Ihnen nehmen?“
Miss Ashford wirkte immer unbehaglicher. „Ich fürchte, Sie sind mir weit voraus, Mylord. Wie ich schon sagte, es ist eine Gruppe von Damen . Wir treffen uns zum Tee und diskutieren die Übel der Gesellschaft. Wir sind nicht so weit, wie Sie annehmen.“
Charles tat sein Bestes, um seine Enttäuschung zu verbergen. Einen Moment lang hatte er gedacht … aber nein, es war klar, dass Miss Ashfords Wohltätigkeitsgesellschaft nie das sein würde, was er angenommen hatte. Oh, sie würde vielleicht einen Ball zugunsten Bedürftiger veranstalten, aber sie würde sich nie wirklich für die Not der
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