Zwischen Pflicht und Sehnsucht
Miss Ashford zu erlösen.“
„Erlösen?“, fragte Sophie. „Ich dachte, er wäre froh um die Gelegenheit, seine Werbung fortzuführen.“
„Schön und gut, aber ein paar Stunden in der gnadenlosen Gesellschaft der Dame sollten ihn von dieser Vorstellung geheilt haben“, antwortete Lady Dayle sarkastisch. „Lassen Sie uns hinuntergehen.“
Die Viscountess ging nach draußen. Neugierig und mehr als nur ein bisschen hoffnungsvoll folgte Sophie ihr und Emily.
Charles hatte das Picknick auf einer sonnendurchfluteten Lichtung mit Blick auf den See herrichten lassen. Die Luft war weich und erfüllt mit Vogelzwitschern, die Gesellschaft befand sich in Hochstimmung, und ein reichhaltiges Festmahl aus kaltem Braten, Käse und Obst lockte zum Zugreifen.
Lady Dayle hielt Wort und lud Miss Ashford ein, sich neben sie zu setzen und mit ihr zu plaudern. Sophie bemerkte, dass Charles, der sich mit seinem Teller zu seinem Bruder gesellte, tatsächlich dankbar wirkte. Sie selbst ließ sich bei Emily und ihrer Familie nieder.
„Sophie, Sie haben Staub auf Ihrem Rock, Spinnweben im Haar und einen großen Schmutzfleck im Gesicht“, rief Lady Dayle aus. „Alles sichere Anzeichen, dass Sie sich ziemlich gut amüsieren.“
„Ich amüsiere mich ganz vorzüglich“, bestätigte Sophie zufrieden. „Nachher kommt der Baumeister, und ich sage voraus, dass mein Äußeres dann noch weiter verschandelt wird, aber mein Genuss wird sich in gleichem Maße steigern. Wenn wir schon davon sprechen, Lord Dayle“, fuhr sie fort, „verzeihen Sie mir, aber ich muss Sie fragen, ob Sie etwas dagegen haben, wenn ich die Wand zwischen den zwei Salons im hinteren Bereich des Erdgeschosses einreißen lasse?“
Sie hatte gezögert zu fragen, nachdem er so unwirsch erklärt hatte, nichts mit dem Projekt zu tun haben zu wollen, aber sie fühlte sich nicht wohl dabei, eine so große Veränderung ohne seine Zustimmung vorzunehmen. Glücklicherweise wirkte er mehr amüsiert als verärgert. „Ich lasse Ihnen völlig freie Hand, Miss Westby.“ Er sah sie direkt an, und ihr stockte der Atem. Umwerfend sah er aus, wie er so entspannt dasaß, mit vom Wind zerzausten Haaren und einem leichten Lächeln. „Ich bitte Sie nur, nicht zu versuchen, die Wand eigenhändig einzureißen.“
Sophie gewann ihre Fassung wieder und rümpfte die Nase. „Ich weiß Ihr Vertrauen zu schätzen und verspreche, den Abriss den Männern zu überlassen.“ Sie wandte das Gesicht der Sonne zu, die durch die jungen Blätter fiel, und lehnte sich zurück. „Oh, dieser Ausflug war eine wundervolle Idee.“
„Ja, es ist herrlich“, stimmte Miss Ashford zu. „Wie schade, dass Sie sich gar nicht entspannen und den Tag genießen durften wie wir anderen, Miss Westby.“
Sophie wollte nicht daran denken, wie Miss Ashford ihren Tag verbracht hatte. „Ich danke Ihnen, aber bitte, sorgen Sie sich nicht um mich. Ich bin mehr als zufrieden.“
„Es scheint mir seltsam, aus einer solchen Beschäftigung eine derartige Befriedigung zu ziehen“, bemerkte Miss Ashford.
„Sie sind wirklich außergewöhnlich talentiert“, schaltete sich Jack ein. „Ich bin vorhin ins Haus geschlendert und konnte einen Blick auf einige Ihrer Farb- und Stoffkombinationen werfen. Das sah vielversprechend aus. Und nach viel Arbeit.“
„Ja, das wird es. Ich werde wohl einige Zeit hier verbringen“, erwiderte Sophie. Sie sah Charles an. „Ihre Mutter und ich haben ein paar Sachen gepackt. Wir planen, einen oder zwei Tage zu bleiben, um den Beginn des Projekts zu überwachen.“
„Wird man Sie in der Stadt nicht vermissen, Mutter?“, fragte er.
„Nein. Wir planen nur heute und morgen Nacht hier zu bleiben. Wir werden rechtzeitig zum nächsten Ball zurück sein.“
„Gut. Ich würde nicht wollen, dass Miss Westby die Höhepunkte ihrer ersten Saison verpasst.“
Verärgert richtete Sophie sich auf. „Ich weiß nicht, warum Sie darauf bestehen, mich als hohlköpfige Debütantin zu betrachten, die beabsichtigt, sich durch die Saison zu flirten und sich irgendeinen reichen Adligen zu angeln.“
Charles warf ihr einen trägen Blick zu. „Das habe ich nicht gemeint. Aber da Sie das Thema ansprechen, möchte ich Sie daran erinnern, dass Inneneinrichtung als Steckenpferd Sie vielleicht nur exzentrisch erscheinen lässt, als Beruf jedoch wird es dazu führen, dass kaum ein Gentleman von edler Abstammung Sie in Betracht ziehen wird.“
„Umso besser“, erwiderte sie. „Ich habe ebenso viel
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