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Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Titel: Zwischen Pflicht und Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deb Marlowe
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Gütiger Himmel, die Schneider und Putzmacher mussten wochenlang jede Nacht durchgearbeitet haben. Er sah Meerjungfrauen, Ritter und römische Senatoren. Wenn er sich nicht irrte, war da ein Mitglied der Königsfamilie, als Bonaparte persönlich verkleidet. Aber nirgends entdeckte er das Lächeln, das er suchte.
    Allerdings erblickte er Miss Ashford, als sie den Ballsaal betrat. Sie war als eine dieser Göttinnen aufgemacht, Diana, nach dem rein dekorativen Bogen zu urteilen, den sie über der Schulter trug. Sie musste über den Erfolg ihres Balls ganz aus dem Häuschen sein, und so herzlich ihr Charles das auch gönnte, wollte er sie doch definitiv jetzt nicht sehen. Er duckte sich hinter eine Säule, als sie den Blick in seine Richtung wandte. Diana. Weder zu ihr passend noch besonders einfallsreich, fand er. Sophie hatte bestimmt ein fantasievolleres Kostüm gewählt …
    Plötzlich überlief ihn ein banges Kribbeln. Er sollte sie wohl besser schnell finden. Angespannt ließ er seinen Blick durch den Saal schweifen und entdeckte schließlich eine vertraute Gestalt, die eben von der Tanzfläche geführt wurde. Was hatte sie da bloß an? Sein Blut begann zu kochen.
    Es kochte beinahe über, als er nah genug kam, um sie besser zu sehen. Lockiges, nach hinten gekämmtes Haar, das ihr lose bis zur Taille fiel. Glühende, stark geschminkte Augen. Lange schlanke Beine in Hosen , auch wenn sie weit geschnitten waren, und ein enganliegendes Mieder, das unter der Tunika hervorschaute, wenn sie den Arm zum Tanzen hob.
    Sie war die reine Verkörperung von Erotik, die Fantasien von langen Wüstennächten und geheimen fernöstlichen Liebeskünsten weckte. Bei ihrem Anblick zog sich sein Herz zusammen, und sein Körper spannte sich. Er wollte seinen Zorn herausschreien – weil er wusste, dass jeder andere Mann hier genauso reagierte. Verzweifelt bemüht, seinen Ärger im Zaum zu halten, marschierte er auf sie zu.
    Sophie war das Tanzen mittlerweile etwas leid und wünschte, sie könnte Pause machen und sich setzen. Deswegen war sie fast erleichtert, als ihr Onkel zu ihr trat und jemanden mitbrachte.
    „Onkel! Wie nett, dass Sie gekommen sind. Ich bin sicher, Miss Ashford wird sehr dankbar sein.“ Sie lächelte.
    „Ich bin stets bereit, einen guten Zweck zu unterstützen, meine Liebe. Aber schau, das hier ist der Grund, warum ich heute Abend hier bin.“ Er winkte seinen Begleiter nach vorn. „Ich habe dir eine Überraschung mitgebracht.“
    Sophie lächelte und musterte den Mann. Er war groß und schlank, schlicht angezogen und trug einen breitkrempigen schwarzen Hut über dunklen Locken. Er kam ihr vage bekannt vor. „Sir? Sind Sie ein Quäker, der mich an meine alte Heimat erinnern will?“
    „Als Quäker verkleidet, aus Gründen der Zweckmäßigkeit, und definitiv hier, um Sie an zu Hause zu erinnern“, erwiderte er mit einem strahlenden Lächeln. „Ich erwarte nicht, dass Sie sich an mich erinnern, Miss Westby, aber ich würde Sie überall wiedererkennen. Sie sind Ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.“
    „Meiner Mutter?“ Sophie warf ihrem Onkel einen fragenden Blick zu.
    „Es ist lange her“, sagte dieser, „aber du erinnerst dich doch sicher an deinen Cousin Mateo Cardea.“
    Ein Bild tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Ein lockiger Junge, die Augen übermütig leuchtend, der an ihren Zöpfen zog und sie durch ihr Haus jagte, während sie vor Vergnügen quietschte. „Mateo?“, flüsterte sie.
    „Genau der bin ich!“ Impulsiv hob er sie hoch und wirbelte sie herum. Emily sog scharf die Luft ein, und Mateo zwinkerte ihr zu, bevor er Sophie wieder absetzte.
    „Was führt dich denn nach London?“, fragte sie erfreut.
    „Lord Cranbourne und ich haben geschäftlich miteinander zu tun. Ich hatte sowieso schon darüber nachgedacht, nach London zu kommen, aber als er dich in einem seiner Briefe erwähnte, war mein Schicksal besiegelt. Ich ging an Bord des ersten besten unserer Schiffe, das auslief, und hier bin ich.“
    „Hier bist du“, wiederholte Sophie. Was für eine Art Geschäfte? Bevor sie einen höflichen Weg fand nachzufragen, brachte sie ein leises, unartikuliertes Geräusch dazu, sich umzudrehen. Hinter ihnen stand eine große Gestalt in enganliegender schwarzer Kleidung, hohen polierten Stiefeln und einer kleinen schwarzen Maske. Ihr Herz begann zu pochen.
    „Charles!“
    „Sophie“, sagte er brüsk. Er trat näher und verdüsterte die Atmosphäre mit dunkler Bedrohlichkeit. Sophie

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