Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Titel: Zwischen Pflicht und Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deb Marlowe
Vom Netzwerk:
wir heiraten können, wenn ich lerne, mich zu benehmen?“
    Er seufzte gereizt. „Du formulierst das ganz falsch. Wir müssen nur das Bild, das die Gesellschaft von dir hat, verändern.“
    Nun wich die Kälte der Hitze ihres aufwallenden Zornes. „Oh, aber warum sollten wir uns darauf beschränken? Du hast das ja auch nicht getan. Nein – du hast ihre Wahrnehmung von dir verändert, und dann hast du weitergemacht, hast deine Persönlichkeit, dein Herz und deine Seele verbogen. Du hast dich mehr verändert, als ich geahnt habe, dass du in der Lage bist, mir solche Dinge zu sagen.“ Sie wandte sich ab, damit er die Tränen nicht sah, die sie nicht mehr zurückhalten konnte. Er kam näher, bis sie seinen Atem an ihrem Ohr spürte. Bevor er sie noch weiter beleidigen konnte, erklangen Stimmen im Gang direkt vor der Tür.
    „Sieh da nicht hin, Corinne“, befahl jemand in scharfem, näselndem Ton. „Oh, ich werde das liederliche Mädchen übers Knie legen. Ich hoffe sehr, dass du unrecht hast, aber ich fürchte, wir müssen nachsehen.“
    „Ich bin sicher, es ist nicht das, was Sie denken, Mama.“ Miss Ashfords gewöhnlich ruhige Stimme klang fast selbstzufrieden.
    Die Tür öffnete sich, und die zwei Damen spähten in den Raum.
    „Miss Westby!“, keuchte Lady Ashford. „Ich wollte die bösartigen Gerüchte nicht glauben, die heute Abend über Sie kursieren, aber ich hatte wohl unrecht. Und Sie, ausgerechnet, Lord Dayle!“
    „Es ist völlig in Ordnung, Mama, wie ich schon versucht habe, Ihnen zu erklären“, sagte Miss Ashford schnell. „Lord Dayle und Miss Westby sind alte Freunde. Sie sind zusammen aufgewachsen und sehen einander eher als Bruder und Schwester denn als etwas anderes an.“ Prüfend ließ sie ihren Blick an Sophie heruntergleiten. „Niemand, der sie kennt, würde irgendetwas Ungehöriges vermuten. Ich bin sicher, die Situation ist völlig unschuldig.“
    „Hat meine Tochter recht, Lord Dayle?“, verlangte Lady Ashford zu wissen.
    Er antwortete nicht. Sein Blick blieb auf Sophie geheftet. Sie wandte sich von ihm ab, sah die Ashford-Damen nicht an und wollte an ihnen vorbeigehen.
    „Bitte“, sagte er zu ihr. „Ich wünschte, es wäre anders. Ist es wirklich zu viel verlangt, wenn du bedenkst, was wir dafür gewinnen?“
    Sie schloss die Augen, und ihr Zorn verflüchtigte sich. Er ließ eine leere Hülle zurück, die allzu wehrlos gegen den Schmerz war, der sie schnell ausfüllte. „Ja“, sagte sie schlicht. „Es ist zu viel verlangt. Würdest du mich nur annähernd so gut kennen, wie ich dachte, müsstest du das nicht fragen.“
    Mit den Tränen kämpfend floh sie die Treppe hinunter. Sie musste weg hier. Auf keinen Fall durfte sie vor allen Leuten zusammenbrechen. Sie sah die zwei Männer am Fuß der Treppe erst, als sie mit ihnen zusammenstieß.
    „Ich bitte um Entschuldigung“, stammelte sie, ohne stehen zu bleiben.
    „Sophie!“ Es waren ihr Onkel und ihr Cousin. „Geht es dir gut? Du siehst aufgebracht aus.“
    „Ich fühle mich etwas unpässlich, Onkel. Bitte entschuldigen Sie mich.“
    „Dann musst du selbstverständlich sofort nach Hause.“
    Sophie schluckte einen bitteren Kommentar über die extreme Verspätung seiner Besorgnis herunter.
    „Mr. Cardea wird dich begleiten, nicht wahr, Sir?“
    Mateo verbeugte sich tief. „Es ist mir ein Vergnügen.“
    Sophie hatte nicht die Kraft abzulehnen. Sie hinterließ eine Nachricht für Lady Dayle und verließ den Ball mit ihrem Cousin. Die zufriedenen Blicke zweier Personen, die ihr galten, bemerkte sie nicht.

11. KAPITEL
        
    Das Schlimmste war, Charles hatte recht. Er konnte mit jeder neuen Zeitungsausgabe, die in London erschien, erleichtert aufatmen, konnte seinem Glücksstern danken, dass er nicht erwähnt wurde, während jedes böse Gerücht über sie selbst mit jeder Wiederholung schlimmer wurde. Sophie war den größten Teil ihres Lebens Lästermäulern und Klatschtanten ausgeliefert gewesen. Sie hatte schon lange gelernt, über so einem Unsinn zu stehen. Aber nicht diesmal. Diesmal verfügten ihre Schmäher über schärfere Zungen und ein größeres Publikum. Die Geschichten, die über sie kursierten, waren unerhört. Sie hatte Hosen getragen, sie hatte durchsichtige Hosen getragen, sie hatte praktisch gar nichts angehabt. Sie hatte einen Haremstanz aufgeführt, sie hatte auf dem Tisch getanzt. Der Einfallsreichtum der Lästerer war unbegrenzt.
    Schon früher hatte man seltsame Dinge über sie erzählt, und

Weitere Kostenlose Bücher