Zwischen Rom und Mekka
und 20. Jahrhundert) haben die Gestalt des Christlichen mitgeformt. Davon kann und will die Kirche nicht abgehen. Deshalb steht die Auseinandersetzung zwischen den Weltreligionen erst am Anfang. Das waren die Überlegungen, als ein wüster Schneesturm in Rom unser Flugzeug zwang, mitten in der Nacht in Neapel zu landen.
Dass der Dialog der Religionen in friedlicher Weise geführt wird, zum Besten der Menschen, durfte man nach dem Besuch Johannes Pauls II. in Indien mit größerer Zuversicht hoffen.
Indonesien - Muslime und Christen
Dreieinhalb Jahre später, im Oktober 1989, schlug in Indonesien die große Stunde des Dialogs mit dem Islam. Doch Glocken hörte man nicht, als Johannes Paul II. in der Hauptstadt Jakarta weilte. Dafür erhob regelmäßig, von leistungsfähigen Lautsprechern verstärkt, ein Muezzin seine Stimme über den Lärm der Zehn-Millionen-Metropole und rief die Muslime zum Gebet auf.
»Allah ist groß, und Mohammed ist sein Prophet« gilt im mekkafernen Indonesien schon seit dem 10. Jahrhundert: Arabische und indische Händler legten den Grundstein für das volkreichste
muslimische Land. 87 Prozent der 170 Millionen Indonesier (1989) sind Sunniten (2006: 88 Prozent von 223 Millionen). In diesem Meer des Islam und der 6000 bewohnten von 13 600 Inseln insgesamt - in einem Gebiet mit einer Ausdehnung wie der Atlantik zwischen New York und Großbritannien - sollte sich fünf Tage lang das Oberhaupt der katholischen Kirche behaupten. Um seine Fünf-Millionen-Herde zu stärken, ohne dass die Muslime darin eine Störung sehen konnten. Und um seine Botschaft vom friedlichen Zusammenleben der Religiösen zu verkünden, auf dass die Muslime ihm zustimmten.
Es soll nach dem Willen der indonesischen Führer so bleiben, wie es sich in Jakarta schon architektonisch artikuliert. Eine riesige Moschee, eine der größten der Welt, mit weiß strahlender Kuppel und spitzem Minarett, steht am zentralen Freiheitsplatz. Dahinter ragen von der katholischen Kathedrale zwei filigrane Turmskelette aus Eisen auf, harmlos, klein und bescheiden. Es gilt, als Christ nur nicht aufzufallen. So empfahl es Johannes Paul II. sogleich den Bischöfen, Priestern und Ordensleuten des Landes. In der Mitte des weiten, imperial anmutenden Freiheitsplatzes schießt ein 128 Meter hoher Obelisk mit einer goldenen Flamme auf der Spitze in den Himmel. Wer wie die Indonesier 350 Jahre lang holländische Kolonialherren ertragen musste, schätzt ein solches Monument von Freiheit und Unabhängigkeit und passt auf, dass die Einheit der Nation, die Harmonie von Muslimen und Christen, Buddhisten und Hinduisten, das Miteinander von 300 verschiedenen ethnischen Gruppen, von 250 Sprachen und Dialekten, nicht gefährdet wird.
Als »Freund aller Indonesier« sei er gekommen, sagte der Papst sofort. Da konnte sich kein Indonesier versagen im Respekt vor einer Vaterfigur, deren religiöse Autorität überall in der Welt anerkannt wird. So häufig und auffällig waren die Begegnungen zwischen Johannes Paul II. und den politischen Führern des Landes, dass man den Eindruck gewinnen musste, der Papst komme ihnen gerade recht und erfülle manches legitime politische Kalkül in Jakarta. Im Sinne des Grundgesetzes der seit 1945 unabhängigen Republik, »Pancasila«, fünf eherner Prinzipien: An den einen Gott sollen die Indonesier glauben,
für Humanität eintreten, die Einheit des Inselreiches verteidigen, Demokratie beschwören und soziale Gerechtigkeit auch.
Damit haben der Papst und die Katholiken keine Schwierigkeiten. Wohl aber einst die Kommunisten, nun die radikalen Muslime, die mit überzogenen Forderungen politische Unruhe stiften. Christen müssen daher ihrem missionarischen Eifer die Zügel anlegen. Was ihnen offenbar leichter fällt als Muslimen. Diese tun sich schwer, Politik und Religion auseinanderzuhalten. Aber Friede ist die oberste Bürgerpflicht aller Religiösen in Indonesien. So stellte Johannes Paul II. »den wichtigen Dienst der Katholiken für die Entwicklung des Landes« heraus, doch fast noch mehr, dass dies stets »im Respekt für die verschiedenen Meinungen und Überzeugungen, die unterschiedlichen Gebräuche und Werte« geschehe.
Wer diesen Dienst in der Realität Jakartas kennenlernen will, christlichen »Dialog« in muslimischem Umfeld, muss aus dem Zentrum hinaus, von den großen Autostraßen weg, etwa auf der schmalen, kilometerlangen Percetakan-Negara-Straße. Da findet man eine katholische Kirche, die sich nicht im
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