Zwischen Rom und Mekka
finsteren und den guten Geistern, die furchteinflößend und freundlich die unzähligen Tempel und Tempelchen beherrschen. Der Hinduismus hat auf dieser Insel seine bestimmende Kraft bewahrt. Auf Java, nahe bei Yogyakarta, dem kulturellen Zentrum der Insel, hat er einst die Menschen zum Bau der Tempel von Prambanan getrieben. Und der Buddhismus hat auf dem Hügel von Borobudur einen Kosmos der Kunst voller Statuen und Reliefs geschaffen, der zu den bedeutendsten Kulturgütern der Menschheit gehört. All das zeigt die kulturschöpferische Macht der asiatischen Religionen. Nicht das Zerstörerische.
Kapitel 16
Johannes Paul II.: Die Kriege von Religiösen und anderen - Richtlinien für den Dialog
Johannes Paul II. und seine politischen Mitarbeiter waren erleichtert über den Zusammenbruch des Kommunismus in den Wendejahren von 1989 bis 1991. Sie schienen auch erfreut. Eineinhalb Jahrhunderte hatte die Kirche schließlich dagegen gekämpft; die erste päpstliche Verurteilung, von Pius IX., datiert vom 9. November 1846. Aber sie triumphierten nicht. Für sie war damit weder das Ende der Geschichte gekommen, weil eine universelle Weltkultur sich überall durchsetzen würde, wie es der Amerikaner Francis Fukuyama, für viele scheinbar plausibel, darlegte. Noch erwarteten sie den großen Zusammenprall der Kulturen, wie es Samuel Huntington vorhersah, für viele ebenso wahrscheinlich. In der Römischen Kurie versteht man etwas vom Antagonismus der Religionen, ihrer Konkurrenz, dem Wettbewerb um Menschen und Macht. Die »Reibung« der Religionen, die »Reibungen« der Religiösen nannten die Kurialen oft, was in vielen Weltgegenden an den Grenzen geografisch benachbarter Religionen geschah. Das erscheint treffender, weil es die Wirklichkeit nicht in eine Hypothese presst.
Ende der Geschichte? - Die Kriege gehen weiter
In jenen Jahren nahm man aus den Gesprächen mit den Verantwortlichen im Vatikan stets einen doppelten Eindruck scheinbar gegensätzlicher Überzeugungen mit. Papst und Bischöfe waren durch die christliche Lehre von der Sündhaftigkeit des Menschen und der deshalb notwendigen Erlösung überzeugt,
davon, dass der Mensch zu Gewalt und Kriegen neigt. Andererseits fühlten sie sich verpflichtet, getrieben, alles zu tun, um Gewalt und Kriege zu vermeiden.
Denn bedrohliche Unsicherheit, Krisen, Gewalt und Kriege hörten mit der Wendezeit nicht auf. Von 1980 bis 1988 hatte sich der Krieg zwischen dem Irak unter Saddam Hussein und dem revolutionären Iran des Ayatolla Chomeini hingezogen, ohne Entscheidung, doch mit bleibendem Konfliktpotenzial. Welche Rolle da die Gegensätze zwischen Sunniten und Schiiten spielten, ob überhaupt, blieb unscharf.
Anfang August 1990 überfielen irakische Truppen Kuwait, nicht aus religiösen Gründen. Die Vereinigten Staaten von Amerika befreiten das Land wieder. Weil sie dazu verbündete Staaten suchten und 33 fanden, schied der Verdacht eines Kreuzzugs des Westens gegen ein arabisch-muslimisches Land zunächst aus. Weil sie jedoch drei Viertel der militärischen Streitmacht stellten, schob sich die amerikanische Übermacht ins Bewusstsein. Auch auf dem Balkan tobten nach dem Zerfall Jugoslawiens Kriege zwischen Nationen, in die religiöse Unterschiede zwischen Orthodoxen, Katholiken und Muslimen hineinwirkten. Ebenso blieb der Nahe Osten ein Krisenherd, nicht nur Israel mit dem Palästinenserkonflikt, sondern auch der Libanon.
Johannes Paul II. fand nicht nur gute Worte für die leidenden Opfer und harte für die Kriegstreiber. Er setzte auch seine Präsenz ein. Zuerst in dem vom kommunistischen Joch befreiten Osteuropa, dann auf dem Balkan und im Nahen Osten. Stets für den Dialog, das Miteinander-Reden, um Gewalt vorzubeugen, immer Konfliktpotenzial mindernd und mildernd. An den Reibungsflächen der Religionen suchte der Papst Zündstoff zu entschärfen.
Kriege konnte Johannes Paul II. nicht verhindern. War Krieg unvermeidlich? Jahrhundertelang lebte die Christenheit in der Überzeugung, dass Kriege zum Menschendasein auf Erden gehören und zum Zweiten gerecht sein können. Auch der religiös motivierte Krieg? Grundlage dafür waren nicht nur die Erfahrungen mit den gewöhnlichen Auseinandersetzungen des Alltags, in denen der Mensch sich dem Mensch als Wolf zeigt,
wie die Philosophen formulierten, sondern auch die heiligen Schriften der Bibel. Über weite Strecken sind die Bücher des Alten Testaments Kriegsberichterstattung; es werden die Waffentaten eines kleinen,
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