Zwischen Sehnsucht und Verlangen
legen, ging hinüber zu der Couch und fuhr mit den Fingerspitzen über die Schnitzerei an der Lehne.
„Es ist alles perfekt. Etwas anderes habe ich allerdings von dir auch nicht erwartet.”
„Ich bin überhaupt nicht perfekt”, brach es plötzlich unerwartet aus ihr heraus. „Du machst mich ganz nervös mit diesem Gerede. Ich habe mich zwar immer darum bemüht, aber mittlerweile ist mir alles entglitten. In mir ist nur noch Chaos.” Unruhig fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar. „Das war vorher anders. Nein – bleib, wo du bist.” Sie trat schnell einen Schritt zurück, als er Anstalten machte, sich ihr zu nähern.
Man konnte ihr ansehen, wie unbehaglich ihr die ganze Situation war.
„Ich habe mich heute Morgen wirklich sehr über dich geärgert, Rafe. Und mehr noch: Du hast mich erschreckt.”
Es fiel Rafe nicht leicht, seine Hände bei sich zu behalten. „Warum denn?”
„Ich weiß nicht. So etwas ist mir einfach noch nie passiert. Ich bin noch keinem Mann begegnet, der mich so sehr begehrt hat.” Sie hielt inne und rieb sich mit den Händen ihre Oberarme, als sei ihr plötzlich kalt. „Du siehst mich dauernd so an, als wüsstest du schon ganz genau, wie es kommt mit uns beiden. Und ich habe keinerlei Kontrolle über das Ganze.”
„Wieso hast du keine Kontrolle? Die Entscheidung liegt doch allein bei dir.”
„Aber ich habe über meine Gefühle keine Kontrolle. Und darüber bist du dir durchaus im Klaren. Du weißt genau, wie man Menschen beeinflusst.”
„Wir reden nicht über Menschen.”
„Gut. Dann sage ich eben, du weißt genau, wie du mich beeinflussen kannst”, schleuderte sie ihm entgegen und ballte die Hände zu Fäusten, um ihre Fassung wiederzuerlangen. „Du weißt, dass ich dich begehre. Und warum sollte ich es auch nicht? Es ist genau so, wie du gesagt hast. Wir sind beide erwachsen, und wir wissen, was wir wollen. Je öfter ich dich abweise, desto idiotischer komme ich mir vor.”
Seine Augen lagen im Schatten, deshalb war es ihr nicht möglich, in ihnen zu lesen. „Was erwartest du von mir? Dass ich dir einfach nur ruhig zuhöre, während du diese Sachen sagst?”
„Alles, was ich möchte, ist eine vernünftige und rationale Entscheidung.
Ich habe einfach keine Lust, mich von meinen Gefühlen überwältigen zu lassen.” Sie stieß laut vernehmbar den Atem aus. „Und wenn diese Entscheidung erst einmal gefallen ist, werde ich dir die Kleider vom Leib reißen, verlass dich drauf.”
Er konnte nicht anders, er musste laut auflachen. Und es war wahrscheinlich am besten so, denn sein Heiterkeitsausbruch entschärfte die Bombe, die in seinem Innern tickte. „Erwarte nicht von mir, dass ich dich davon abhalte.” Als er einen Schritt auf sie zukam, sprang sie federnd zurück. „Ich will doch nur an mein Bier”, brummte er, nahm die Flasche und hob sie an die Lippen. Er trank einen langen Schluck, der es aber auch nicht vermochte, das Feuer, das in ihm brannte, zu löschen. „Gut. Dann fangen wir eben noch mal von vorn an, Regan. Also, was haben wir? Zwei ungebundene, gesunde Erwachsene, die beide dasselbe wollen.”
„Die sich kaum kennen”, fügte sie hinzu. „Die so gut wie nichts miteinander verbindet. Und die vielleicht etwas mehr Feingefühl aufbringen sollten, als sich kopfüber in Sex zu stürzen, als handle es sich um einen Swimmingpool.”
„Ich habe mich noch nie damit aufgehalten, vorher erst die Wassertemperatur zu überprüfen; ich wüsste auch nicht, wozu.”
„Ich schon.” Alles, was sie tun konnte, um ihre Beherrschung zu wahren, war, wieder die Finger ineinander zu verhaken. „Für mich ist es wichtig zu wissen, worauf ich mich einlasse.”
„Bloß kein Risiko eingehen, was?”
„Nein.” Endlich, so schien es ihr, hatte der Verstand die Oberhand gewonnen. „Ich hatte heute während meiner Fahrt nach Pennsylvania eine Menge Zeit, um nachzudenken. Wir müssen innehalten und uns das Bild, das vor uns liegt, genau betrachten.” Das, was sie sagte, klang ruhig und vernünftig. Und warum konnte sie dann nicht aufhören, an ihrem Blazer herumzuzupfen und an ihren Ringen zu drehen?
„Es ist genau wie dieses Haus hier”, fuhr sie rasch fort in dem Bemühen, ihre eigenen Zweifel zu überdecken. „Das erste Zimmer ist fertig, und es ist wunderschön geworden. Wirklich wunderschön. Aber mit Sicherheit hättest du dieses Projekt niemals begonnen, ohne einen kompletten Plan von dem ganzen Haus im Kopf zu haben. Ich denke, mit
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