Zwischen Sehnsucht und Verlangen
aber mir ist es ja verboten, mit ihr zu reden. Doch wenn du es ihr sagst, macht sie es. Auf dich hört sie ganz bestimmt.”
„Ich glaube, du überschätzt meinen Einfluss auf Cassie bei Weitem, Joe.”
„Nein, ganz bestimmt nicht”, widersprach er. „Da bin ich mir hundertprozentig sicher. Sie hat mir doch ständig erzählt, wie sehr sie dich bewundert und für wie toll sie dich hält. Angenommen, du rätst ihr jetzt, dass sie sich wieder mit mir versöhnen soll, wird sie es machen, da kannst du Gift drauf nehmen.”
Sehr langsam und bedächtig legte Regan ihre Hände auf den Ladentisch. „Wenn sie auf mich hören würde, hätte sie dich schon vor Jahren verlassen.”
Die Muskeln an seinem unrasierten Kinn zuckten. „Hör zu. Jeder Ehemann hat das Recht …”
„Seine Frau zu schlagen?”, fragte sie eisig. „Nicht nach meinem Verständnis. Und Gott sei Dank auch nicht nach geltendem Recht. Nein, Joe, mit Sicherheit werde ich ihr nicht dazu raten, zu dir zurückzukehren.
Wenn das alles ist, was du von mir wolltest, solltest du jetzt besser wieder gehen.”
Er bleckte vor Wut die Zähne, und seine Augen wurden hart wie Granit.
„Noch immer so hochmütig wie eh und je, was? Du glaubst wohl wirklich, du seist was Besseres als ich.”
„Das glaube ich nicht nur, das weiß ich, Joe. Und jetzt machst du auf der Stelle, dass du aus meinem Laden rauskommst, sonst rufe ich den Sheriff.”
„Eine Frau gehört zu ihrem Mann, kapiert!”, schrie er, zornrot im Gesicht, und ließ krachend seine Faust auf den Ladentisch niedersausen, dass die Gläser in den Regalen klirrten. „Und du sagst ihr, dass sie gefälligst ihren mageren Hintern nach Hause bewegen soll, sonst passiert ein Unglück.”
Angst stieg plötzlich in ihr hoch und schnürte ihr die Kehle zu. Sie schluckte krampfhaft, während sie verzweifelt überlegte, auf welche Art es ihr gelingen könnte, ihn loszuwerden. Emmas Zeichnung in ihrer Jackentasche fiel ihr ein, und sie umklammerte sie wie einen Talisman. „Ist das eine Drohung?”, gab sie kühl zurück. „Ich glaube kaum, dass dein Bewährungshelfer mit deinem Benehmen einverstanden wäre.
Soll ich ihn anrufen?”
„Du Luder, du! Du bist nichts als ein dreckiges, frigides Weibsstück, das nur neidisch ist, weil es keinen richtigen Mann abgekriegt hat!” In seinen Augen loderte Hass auf, und er hob die Hand. Gleich würde er zuschlagen, es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, das stand in seinem Gesicht allzu deutlich geschrieben.
Einen Moment später schien er es sich jedoch anders überlegt zu haben und ließ den Arm sinken. „Du hast dich zwischen mich und meine Frau gestellt, das werdet ihr mir beide büßen”, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. „Wenn ich mit Cassie fertig bin, komm ich zurück, verlass dich drauf. Deine Arroganz treib ich dir schon noch aus, du Drecksstück.” Sein Lachen klang gemein.
Er drückte sich seine Baseballkappe auf den Kopf und stapfte polternd zur Tür. Dort angelangt, wandte er sich noch einmal kurz um und starrte sie drohend an. „Und gib ihr den guten Rat, dass sie gut daran tut, ihre Anzeige gegen mich sofort zurückzunehmen. Ich warte auf eine Antwort. Sofort.”
In dem Moment, in dem die Tür krachend hinter ihm ins Schloss fiel, sank Regan gegen den Tresen. Ihre Hände zitterten. Sie hasste es, Angst zu haben, sich verletzlich zu fühlen. Ohne lange zu überlegen, griff sie nach dem Telefonhörer und begann mit fliegenden Fingern eine Nummer zu wählen. Doch gleich darauf hielt sie inne.
Es ist falsch, dachte sie, während sie den Hörer langsam auf die Gabel zurücklegte. Im ersten Ansturm der Gefühle war ihr Rafe in den Sinn gekommen. Ihn hatte sie anrufen wollen, aber sie tat wohl besser daran, es sein zu lassen. Das Erste, was er tun würde, wäre, nach Joe zu suchen, um ihn zu verprügeln, dass ihm Hören und Sehen verging. Das allerdings würde nicht dazu beitragen, die Probleme zu lösen. Fäuste waren keine guten Argumente.
Sie straffte die Schultern und holte tief Luft. Wo war ihre kühle Selbstbeherrschung geblieben? War sie denn nicht ihr gesamtes Erwachsenenleben allein klargekommen? Ihre Gefühle für Rafe sollten durften auf keinen Fall ihre Selbstständigkeit beeinträchtigen.
Das würde sie niemals zulassen. Also würde sie das tun, was in diesem Fall das Angebrachte war.
Regan nahm den Hörer wieder auf und wählte rasch die Nummer des Sheriffbüros.
„Zuerst war er ganz zerknirscht.”
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