Zwischen Sehnsucht und Verlangen
geändert. Was meinen Sie?”
„So sehr auch wieder nicht.” Ihr Doppelkinn schwabbelte, als sie ein dröhnendes Lachen von sich gab. „Da brauche ich ihn mir bloß anzuschauen. Der hat noch immer diesen bestimmten Blick drauf.”
Vertraulich senkte sie nun die Stimme. „Mir hat ein kleiner Vogel zugezwitschert, dass er ein Auge auf Sie geworfen hat. Ist da was dran?”
„Ja, Ihr kleiner Vogel hat ganz recht. Vor allem hat nicht nur er ein Auge auf mich geworfen, sondern ich auch eines auf ihn.”
Nun prustete Mrs. Metz so laut heraus, dass sie ihre Tüte abstellen musste, um sich vor Lachen den Bauch zu halten. „Bei einem Mann wie ihm täten Sie besser daran, gut auf sich aufzupassen, meine Liebe. Früher war er ein ganz Schlimmer. Und aus schlimmen Jungs werden gefährliche Männer.”
„Ich weiß.” Regan wandte sich zum Gehen und winkte ihr zum Abschied lachend zu. „Das ist ja der Grund, weshalb er mir so gut gefällt.”
Noch immer amüsiert über die Unterhaltung mit Mrs. Metz, trat Regan aus dem Supermarkt und schlenderte die Straße hinab. Die Bürgersteige waren holprig, die Bibliothek hatte nur an drei Tagen in der Woche geöffnet, und in der Post machten sie eine volle Stunde Mittagspause. Doch trotz alledem, oder vielleicht sogar gerade deshalb, war Antietam ein nettes Städtchen, in dem man sich so richtig wohlfühlen konnte. Wahrscheinlich war das Rafe noch gar nicht aufgefallen.
Kein fettes Kalb ist geschlachtet worden bei der Rückkehr des verlorenen Sohnes, dachte sie, während sie den gefrorenen Bürgersteig entlangging. Er war ohne Pauken und Trompeten empfangen worden, hatte sich unauffällig wieder eingefügt in den Lebensrhythmus der Stadt und würde genauso unauffällig wieder verschwinden, wenn er die Zeit dafür reif hielt.
Nichts würde sich verändern, alles würde so bleiben, wie es immer war.
Hoffentlich auch bei ihr.
Vor ihrem Haus angelangt, ging sie um den Laden herum zur Hintertür, kramte den Schlüssel aus ihrer Tasche und ging mit ihren Tüten beladen langsam die Treppe hinauf zu ihrer Wohnung.
Wäre sie nicht so in Gedanken versunken gewesen, hätte sie es vielleicht schon früher bemerkt. Hätte sie nicht wieder einmal, wie so oft in letzter Zeit, an Rafe denken müssen, hätte sie vielleicht noch etwas abwenden können. So aber fiel ihr zu spät auf, dass ihre Wohnungstür nur angelehnt war.
Einen winzigen Moment zu spät. Als sie es bemerkte, war ihr Gehirn für den Bruchteil von Sekunden leer.
Gerade als sie auf dem Absatz kehrtmachen wollte, um die Treppe nach unten zu fliehen, wurde die Tür aufgerissen. Dahinter kam Joe zum Vorschein und baute sich bedrohlich vor ihr auf.
Ihr Schrei wurde erstickt, als er seine Hände brutal um ihren Hals legte.
„Hab mich gefragt, wer von euch beiden eher kommt. Prima, dass du es bist.” Sein Atem, der nach Whisky, Saurem und Erregung stank, schlug ihr ins Gesicht. „Ich hab schon lange darauf gewartet, dich endlich mal zwischen die Finger zu kriegen.” Er presste seine Lippen an ihr Ohr, erregt davon, wie sie sich unter seinem Griff wand. „Jetzt werd ich dir zeigen, was ein richtiger Mann ist.”
Er hob seine riesige Pranke und krallte seine Finger in ihre Brust, dass ihr vor Schmerz einen Moment lang schwarz vor Augen wurde. „Jetzt hol ich mir das, was du dem Dreckskerl Rafe MacKade so schön freiwillig gibst, und hinterher mach ich dein Gesicht zurecht, dass er dich nicht mehr wiedererkennt.”
Panik durchflutete sie, als er versuchte, sie durch die aufgebrochene Tür in die Wohnung zu ziehen. Sie war verloren, saß in der Falle wie eine Maus, ohne Hoffnung auf Rettung, sie war ihm hilflos ausgeliefert, denn es gab keinen Zweifel, dass er ihr körperlich bei Weitem überlegen war. Mit dem Mut der Verzweiflung stemmte sie sich mit aller Kraft gegen ihn, aber er zog sie weiter, ihre Absätze schrammten über die Holzdielen, die Tüten mit den Lebensmitteln waren ihr längst aus den Händen geglitten, die Milchflasche war zerbrochen, und ihr Inhalt ergoss sich wie ein weißer See über den Boden.
„Und wenn Cassie auftaucht, blüht ihr dasselbe”, schnaubte er, wobei sich seine Brust vor Erregung und Anstrengung rasch hob und senkte.
„Aber erst bist du dran, Süße.” Mit seiner freien Hand riss er sie an den Haaren, wobei ihn ihr erstickter Schrei und das anschließende Wimmern erst richtig anzufeuern schienen. Dann hielt er plötzlich inne, starrte sie an und verzog sein Gesicht zu einem
Weitere Kostenlose Bücher