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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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geht er ins Gefängnis. Wahrscheinlich lebenslang.«
    Das schien Ed so hart zu treffen, wie Michael beabsichtigt hatte. Er unterbrach die darauf einsetzende Stille mit einem Seufzer. »Ich will Ihnen keine Angst machen, aber wenn Ihr Sohn nicht mit mir spricht, kann ich ihm nicht helfen. Zu jeder Geschichte gibt es zwei Seiten. Und ich brauche seine Seite.«
    »Ich bringe ihn zum Reden«, versprach Ed.
    Michael sah ihn an. »Tun Sie das, Ed, und zwar schnell.«

Z EHN
    Die erste Woche in Fort Hood verging in einem Wirbel aus Übungen, Zuteilungen, Formularen und Unterweisungen. Da Jolenes aktiver Dienst so lange zurücklag, hatte sie ganz vergessen, wie sehr die Bürokratie den normalen Militäralltag bestimmte, wie viele Stunden am Tag man sich beeilen musste, um dann wieder zu warten. Sie hatte die letzte Woche fast ausschließlich Schlange gestanden – zumindest kam es ihr so vor. Sie warteten auf Material, auf Unterweisung und auf Formulare, die unterschrieben werden mussten. Es gab die Vorbereitungsprozedur für abrückende Soldaten und noch mehr medizinische Tests, Untersuchungen und Spritzen, dann Finanzgespräche und Aktualisierung des Lebenslaufs.
    In Fort Hood fing der Tag früh an: Frühstück gab es um 4.30 Uhr. Sofort darauf folgte Unterricht über alles und jedes, auf das man im Irak treffen konnte: Spinnen und Skorpione, sexuelle Belästigung, chemische Waffen und USBV s – unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen. Die Liste war endlos. Die längsten Schlangen waren an den Telefonen. Jolene war empfohlen worden, ihr Handy zu Hause zu lassen, da es im Irak ohnehin nicht funktionieren würde. Es war ein Fehler gewesen, diesen Rat zu beherzigen. Denn nun musste sie einen Großteil ihrer Freizeit Schlange stehen, um zu Hause anrufen zu können. Kam sie endlich an die Reihe, war es meist zu spät, um noch mit den Mädchen zu sprechen. Die wenigen Gespräche mit Michael waren kurz und gezwungen gewesen. Keiner hatte vor dem Auflegen Ich liebe dich gesagt. Nach den Anrufen fühlte sich Jolene immer noch einsamer als vorher.
    Jetzt marschierte die Charlie Company mit vollem Marschgepäck unter der sengend heißen Sonne von Texas über eine Schotterstraße, die die Farbe von getrocknetem Blut hatte. Jamie führte sie an. Ein einsamer Falke kreiste neugierig über ihnen und fragte sich sicher, wieso diese Uniformierten mit Helm und M-16- oder 9-Millimeter-Waffen in der Hitze herumrannten. Ständig strebten sie zum Straßenrand, um nach Sprengsätzen Ausschau zu halten.
    Jolene wusste, das war wichtig, wahrscheinlich sogar lebenswichtig, aber sie waren eine Einheit, die eine Kampffliegerbrigade mit Nachschub versorgen sollte. Wenn sie in einem Hummer auf einer Straße in Sadr City oder Bagdad landeten, dann lief schon etwas derart schief, dass eine USBV nur eine von vielen Sorgen wäre.
    Und es war verdammt heiß.
    Als sie die Übung beendet hatten und am Schießstand gelandet waren, schwitzte Jolene so heftig unter ihrem Helm, dass ihr der Schweiß in die Augen lief.
    »Zarkades, runter, verdammt noch mal!«
    »Zu Befehl, Sir!«
    Sie drängte sich zu ihrem Platz am Schießstand und hob ihr Gewehr. Dann zielte sie und betätigte den Abzug.
    »Guter Schuss, Chief. Noch zehn solche Treffer und Sie können mit dem Combatschießen anfangen.«
    Die nächsten vier Stunden folgte Jolene nur ihren Befehlen: Sie stand auf und setzte sich wieder, robbte, schoss und rannte. Danach durchquerten sie und Tami den Stützpunkt in der Hoffnung, zu dieser Tageszeit würden die Schlangen vor den Telefonen kürzer sein.
    Fehlanzeige. Mindestens vierzig Soldaten warteten bereits in der sengenden Sonne und vertrieben sich die Zeit mit Lesen, Reden oder Musikhören.
    Jolene wurde langsamer. »Verdammt.« Sie wollte sich schon umdrehen, als sie sah, dass Smitty ihr winkte. Er war der Vierte in der Schlange. Obwohl sein Gesicht schmutzig und schweißbedeckt war, wirkte er immer noch unglaublich jung.
    »Hey, Smitty«, sagte Jolene und ging zu ihm.
    Er lächelte und ließ seine Zahnspange aufblinken. »Hey, Chiefs.«
    Tami tauchte neben Jolene auf. »Rufst du deine Mom an, oder gibt es eine Freundin, die sich nach dir verzehrt?«
    »Ich hab euch den Platz freigehalten«, erwiderte er. Als er ihre Überraschung sah, fügte er hinzu: »Mir ist gerade eingefallen, dass meine Freundin noch auf der Arbeit ist. Ich kann sie erst in einer Stunde erreichen. Außerdem …«, er grinste sie leicht verlegen an, »weiß ich, dass auch ich

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