Zwischen uns die Zeit (German Edition)
erinnern?« Die Vorstellung, ich könnte vergessen, wie sehr ich mich auf den Ausflug gefreut habe, wie viel Spaß mir das Klettern gemacht hat und wie nah Bennett und ich uns dort oben auf dem Felsen gewesen sind, macht mich unendlich traurig.
Er drückt lächelnd meine Hand. » Du wirst dich an beide Samstage erinnern.«
» Aber wie kann das sein? Ich erinnere mich doch auch nicht daran, dass du am Tag des Überfalls im Laden warst und wir uns so lange unterhalten haben.«
» Das liegt daran, dass wir nicht zusammen durch die Zeit gereist sind. Diesmal wirst du dich an beide Versionen erinnern, genau wie ich. Und jetzt schließ die Augen.«
Auf einmal bin ich diejenige, die es mit der Angst zu tun bekommt. » Bist du dir sicher, dass wir es machen sollten?«, frage ich.
» Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?« Er räuspert sich und schüttelt den Kopf. » Nein, Anna, ich bin mir überhaupt nicht sicher, dass wir das machen sollen. Ich fordere das Schicksal heraus. Ich manipuliere den Lauf der Geschichte.«
Ich beiße mir auf die Unterlippe, denke an Emma und spüre, wie meine Entschlossenheit zurückkehrt. Dann stelle ich mich auf die Zehenspitzen und hauche ihm einen Kuss auf die Lippen. » Danke, dass du es trotzdem tust«, flüstere ich.
Er drückt meine Hände noch fester als sonst. » Schließ die Augen.«
Als ich sie öffne, stehen wir neben unserem Haus im Garten. Bennett hat es geschafft, genau dort zu landen, wo er es geplant hat. Hinter dem Fenster über uns hat Dad sich wahrscheinlich gerade wieder an die Küchentheke gesetzt, um seinen Kaffee zu trinken und die Wochenendausgabe der Zeitung zu lesen.
» Bist du bereit?«, fragt Bennett.
Ich nicke.
» Los!«
Uns weiter an beiden Händen haltend, laufen wir um die Sträucher herum zur Einfahrt. Im Jeep sitzt niemand. Wir haben es geschafft! Ich seufze gerade erleichtert auf, als ich sehe, wie der Wagen plötzlich rückwärtsrollt. Wir rennen zur Fahrerseite und Bennett lässt kurz meine rechte Hand los, um am Türgriff zu rütteln. Der Wagen ist abgeschlossen.
» Scheiße!«, flucht er und zieht mich neben dem Auto her, bis es das Ende der Ausfahrt erreicht hat, über die Straße rollt, auf der gegenüberliegenden Seite schließlich von einem Gebüsch abgebremst wird und kurz vor einem Baum zum Stehen kommt.
Als ich mich umdrehe, sehe ich gerade noch, wie Dad mit erschrockenem Gesichtsausdruck am Küchenfenster steht und dann verschwindet. Zwei Sekunden später fliegt die Haustür auf und er eilt durch den Vorgarten auf uns zu. » Was zum Teufel…?«
» Hey, Dad«, sage ich und lasse Bennetts Hand schnell los.
Mein Vater sieht verwirrt zwischen uns beiden hin und her, und da wird mir klar, dass er diesen Moment ganz anders erlebt als ich. In seiner Wahrnehmung standen wir vor wenigen Minuten noch bei uns in der Diele, er hat Bennett die Hand geschüttelt und mir zugeflüstert, dass ich ihn zum Essen einladen soll. Und jetzt sind wir hier auf der Straße und der Wagen ist im Gebüsch gelandet.
» Dad? Ich habe Bennett gerade gefragt– er kommt am Dienstag zu uns zum Abendessen«, sage ich und breche plötzlich in hysterisches Lachen aus. Mein Vater sieht mich an, als wäre ich verrückt geworden.
» Sie haben nicht zufälligerweise irgendein Werkzeug, mit dem ich das Schloss knacken kann?«, fragt Bennett.
Ich muss noch mehr lachen, während Bennett versucht, sich nichts anmerken zu lassen und die Lippen zusammenpresst.
Dad späht durch das Fenster auf der Fahrerseite. » Wie hast du es geschafft, deinen Schlüssel in einem Wagen stecken zu lassen, bei dem der Rückwärtsgang eingelegt war?«
Ich hoffe, Bennett hat darauf eine gute Antwort parat, bin aber gleichzeitig unglaublich erleichtert, dass Dad so pragmatisch reagiert und darüber offensichtlich nicht bemerkt, dass wir völlig anders gekleidet sind als zu dem Zeitpunkt, zu dem er uns das letzte Mal gesehen hat.
» Ich wollte gerade losfahren, als ich plötzlich das Gefühl hatte, einer der Reifen wäre platt, also sind wir beide ausgestiegen, um nachzusehen und… tja, da hatte ich wohl schon den Rückwärtsgang eingelegt und die automatische Türsperre aktiviert.« Bennett lacht verlegen. » Ich bin heute wohl ein bisschen nervös.«
Dad schüttelt mit einem gutmütigen Brummen den Kopf und ich gehe seitlich um den Wagen herum und lehne mich an die Karosserie, um Bennett mit meinem hysterischen Lachkrampf nicht doch noch anzustecken. Als ich einen kurzen Blick in den
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