Zwischen uns die Zeit (German Edition)
Nichts schießt mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf, der mich erschrocken hochfahren lässt. » Hast du das etwa schon mal gemacht?« Ich halte prüfend seinen Blick fest. » Dass du in der Zeit zurückgegangen bist, um etwas ungeschehen zu machen, ohne dass ich etwas davon weiß, meine ich.«
Sein Lächeln verrutscht etwas.
» Bennett?«
Er lässt sich ins Kissen zurückfallen, seufzt und sagt dann widerstrebend: » Nur ein einziges Mal.«
Ich schüttle fassungslos den Kopf und ziehe die Decke enger um mich. » Wann?«
Bennett setzt sich ebenfalls auf und sieht mich entschuldigend an. » Erinnerst du dich an den Abend, an dem du zu mir nach Hause gekommen bist und ich so unhöflich zu dir war?«
Ich nicke.
» Ich bin später zu dir in den Laden gekommen, um mich zu entschuldigen und wir sind ins Coffeehouse gegangen.«
Ich nicke wieder.
» Und danach habe ich dich nach Hause ge…«
» Komm bitte zum Punkt, Bennett«, unterbreche ich ihn ungeduldig.
» Ich habe dich geküsst.«
» Du hast mich geküsst?« Unmöglich. Daran würde ich mich definitiv erinnern.
Aber der Blick, mit dem er mich ansieht, lässt keinen Zweifel daran, dass er es ernst meint. Und auf einmal fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich habe mir an diesem Abend so sehr gewünscht, dass er mich küsst, aber er hat nur unverständliches Zeug gestammelt, von wegen er möchte nicht, dass das, was beim letzten Mal passiert ist, noch einmal geschieht. Damals habe ich nicht verstanden, was er damit meinte. Jetzt weiß ich es. Er hat mich geküsst. Das ist passiert.
» Es war einfach noch zu früh. Ich meine, du wusstet doch noch gar nicht, worauf du dich einlässt…« Er greift nach meiner Hand. » Ich habe dich geküsst, Anna. Und erst auf dem Nachhauseweg ist mir klar geworden, was ich damit angerichtet habe. Deswegen bin ich in der Zeit zurückgegangen und habe den Abend so enden lassen, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte. Ich habe dich nach Hause gebracht und mich von dir verabschiedet.«
Und ich habe ihm zitternd und verwirrt hinterhergeschaut, die Welt nicht mehr verstanden und mich anschließend vierundzwanzig lange Tage gefragt, wie es sein kann, dass ich etwas so Starkes für einen Menschen empfinde, der diese Gefühle offensichtlich nicht erwidert.
Aufgewühlt und verletzt lehne ich mich gegen das Kopfende des Bettes und schlinge die Arme um die Knie.
» Wann hast du es getan«, frage ich, ohne ihn anzusehen. » Ich will den exakten Zeitpunkt wissen, in dem du zurückgekommen bist.« Er konnte es nicht riskieren, sich selbst zu begegnen, und soweit ich mich erinnere, waren wir an diesem Abend ununterbrochen zusammen. Bis auf… ja, bis auf den einen Moment, in dem er auf die Toilette ging, nachdem ich ihn gemeinerweise damit aufgezogen hatte, dass er jemand sei, in dessen Gegenwart Leute verschwinden. Als er kurz darauf wiederkam, war es mir vorgekommen, als hätte ich einen völlig anderen Menschen vor mir. Und wie sich jetzt herausstellt, war dieses Gefühl gar nicht so falsch gewesen.
» Als du auf der Toilette warst, habe ich recht?« Ich hebe den Kopf und warte, bis er nickt. » Und wann hattest du vor, es mir zu erzählen? Verdammt, Bennett! Wie konntest du nur?«
» Ich dachte…« Er fährt sich seufzend durch die Haare. » Keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe. Wahrscheinlich, dass es nicht wichtig ist und…«
» Nicht wichtig?«, zische ich wütend.
» Nein, so meine ich das nicht. Bitte, Anna, glaub mir. Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen. Das ist doch alles passiert, bevor…«
» Verstehe ich das richtig? Du hast mich also angelogen, um mich nicht zu verletzen?«
» Ich habe dich nicht angelogen, ich habe es dir nur verschwiegen. Das ist nicht dasselbe.«
» Für mich schon.«
Jetzt ist Bennett derjenige, der nervös zur Tür schaut. » Nicht so laut, Anna. Was ist, wenn deine Eltern uns hören?«
» Ach, auf einmal? Du hast doch vorhin selbst gesagt, dass du einfach verschwinden könntest, wenn sie reinkommen. Hey, ich habe sogar noch eine bessere Idee– warum gehst du nicht einfach sofort ein paar Minuten in der Zeit zurück, dann musst du diese unangenehme Unterhaltung erst gar nicht führen.«
Er fasst mich an den Schultern und sieht mir fest in die Augen. » Das würde ich niemals tun.«
» An deiner Stelle wäre ich mit dem Wörtchen niemals vorsichtig. Schließlich hat sich gerade herausgestellt, dass du so etwas Ähnliches schon mal gemacht hast.« Ich spüre, wie
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