Zwischen uns (German Edition)
konnte, war trotzdem die Verantwortungsbewusstere unsere beiden Eltern und wollte uns nicht alleine zurücklassen, selbst wenn wir mit siebzehn und vierzehn schon ganz gut selbst auf uns aufpassen konnten. Sie bestand darauf, dass wir mit ihr kämen. Wir bestanden darauf, dass wir das nicht wollten. Also machte ich, was jeder hitzköpfige Teenager macht, wenn er mit etwas konfrontiert wird, das für ihn die Hölle sein würde.
Ich lief davon.
Ich musste nicht sehr weit laufen, und ich nahm meinen Bruder mit. Ich wusste, wie ich Vic finden würde. Und ich hoffte, dass ich auf ihn zählen konnte. Wir tauchten vor seiner Haustür auf mit nicht viel mehr als unseren Klamotten am Leib und ein paar hundert Dollar, die ich aus Moms Kommode geklaut hatte.
Wie sich herausstellte, konnte ich tatsächlich auf ihn zählen. Cap und ich zogen bei Vic ein, der vermutlich ziemlich erstaunt war, uns zu sehen, sich davon aber nicht irritieren ließ. Meine Mutter landete letztendlich in Kalifornien - wo der Wagen ihres Liebhabers liegenblieb. Sie lebte immer noch dort. Meinen Dad verschlug es ausgerechnet nach Brasilien. Er fand dort eine Kommune ähnlich dem Compound und arbeitet als Englischlehrer in einer nahegelegenen Stadt.
Vic war für mich dagewesen, als ich ihn brauchte. Und das hatte nicht mit Sex zu tun gehabt. Der Grund für sein Verhalten lag in seinem Wesen, daran, was für eine Art Mensch Vic war: nämlich durch und durch gut.
Und ich beneidete ihn darum.
Meredith hatte gesagt, ich würde mir nehmen, was ich wollte. Dass ich niemandem Rechenschaft schuldig wäre und ich tun und lassen könnte, was mir gefiel. Auf eine gewisse Weise hatte sie recht. Ich meine, ich hatte meinen Job und meine Aufgaben im gemeinsamen Haushalt mit Vic und Elaine. Ich hatte Rechnungen und Schulden. Aber ich besaß eigentlich keine Ideale. Niemand würde zu mir kommen, wenn er Schwierigkeiten hatte. Verflucht, ich war sechsundzwanzig und wohnte noch immer im Keller - nicht, weil ich nicht alleine leben konnte, sondern weil zu bleiben einfacher war als auszuziehen.
Und das war nicht gerade typisch für eine angeblich so wilde, unabhängige Frau.
Als ich ins Café kam, versuchte Meredith wieder einmal, Leute davon zu überzeugen, ihr private Geschichten zu erzählen. Das wurde mir in der Sekunde klar, als ich durch die Eingangstür ging und sie an ihrem Lieblingstisch sitzen sah, den Kopf lachend zurückgeworfen. Ich kannte die meisten vom Sehen her, wenn auch nicht unbedingt beim Namen, aber sie sahen alle so aus, als hätten sie viel Spaß.
Sie winkte mir zu. „Da ist ja unsere Tesla!“
Ich grüßte stumm zurück. Merediths Lächeln vertrieb die Kälte in mir, aber ich ging nicht zu ihrem Tisch. Sie war mitten im Gespräch, und ich musste mit der Arbeit loslegen.
„Was ist eigentlich so Besonderes an ihr?“, fragte Darek, als ich hinter den Tresen kam.
Ich tat so, als wüsste ich nicht, wovon er sprach. „Wen meinst du? Meredith?“
„Ja, Queen Meredith, sie gibt grad wieder eine Audienz für ihre … wie nennt man sie am besten?“
„Untertanen?“, bot ich an, während ich mich aus meinem Mantel schälte und ihn in dem Flur zum Vorratsraum an die Garderobe hängte.
Darek schüttelte den Kopf. „Lakaien.“
„Das klingt, als wäre sie irgendein böser Lehnsherr.“
„Ja. Was ist denn jetzt so Besonderes an ihr?“
Ich dachte kurz nach. „Keine Ahnung. Sie ist halt … Ach, ich weiß nicht. Du musst nicht immer alles hinterfragen, Darek.“
Entrüstet schnaubte er kurz auf. Ich sah zu Meredith rüber, die gerade ein perlendes Lachen von sich gab. Sie fuhr sich mit ihren perfekt manikürten Fingern durch ihr honigblondes Haar, und es fiel genau richtig zurück.
Und wieder flammte Neid in mir auf.
Die späte Nachmittagssonne schien durch das Fenster, und Meredith sah so wunderschön aus, dass es mir einen Stich im Herzen gab. Nicht nur hübsch. Nicht nur sexy, auch wenn sie das sicher war mit diesem Mund, diesen Augen, diesem Lachen. Sie war wie etwas, das man in eine Vitrine gestellt hatte, um es zu bewundern und zu bestaunen. Begehrt, aber unerreichbar.
Ich musste geseufzt haben, denn Darek sah mich mitleidig an. „Du hast dich in sie verknallt.“
Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, sah ihm aber nicht in die Augen. „Schau sie dir doch an.“
„Oh ja, das tue ich.“ Er stemmte die Hände in die Hüften. „Das will sie ja - dass die Leute sie anschauen.“
„Wer will das nicht?“ Ich schnürte die
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