Zwischen uns (German Edition)
normalen Kaffeesorten hatten wir wöchentlich drei verschiedene Spezialgetränke im Angebot. Außerdem gab es immer frische Backwaren, die morgens angeliefert wurden, darunter saftige Brownies mit zentimeterdicker Zuckerglasur, Schokomuffins und unglaublich leckere Apfelstreusel-Muffins, die nach mir zu rufen schienen.
Und dann … dann hatten wir ja noch Meredith …
Ich hatte einerseits gehofft, sie würde an diesem Tag nicht reinkommen. Aber auch gleichzeitig befürchtet, dass sie wirklich nicht kommen würde. Ich hätte mir keine Gedanken machen sollen. Sie kam hereingeschwebt wie immer, mit einem Lächeln für alle und einem ganz besonderen für mich.
„Und, was gibt‘s hier heute Schönes? Ich meine, außer dir?“
In der Vergangenheit hatte ich ihre Komplimente ignoriert, hatte darauf so reagiert, dass sie meine Antwort nur als Spaß aufnehmen konnte. Heute schaffte ich das irgendwie nicht. „Wir haben Pfefferminz-Mokka-Lattes, die es sonst erst später im Jahr gibt. Aber die Nachfrage war so groß. Die sind lecker.“
„Ohne Zucker?“
„Selbstverständlich.“ Ich zeigte zur Tafel¸ auch wenn sie natürlich schon Dutzend Male hier gewesen war und die Angebote vermutlich genauso gut auswendig aufsagen konnte wie ich. „Der Karamell-Macchiato ist auch lecker. Aber den haben wir nicht ohne Zucker. Uns ist der Sirup ausgegangen. Tut mir leid.“
„Dann nehm ich den Pfefferminz-Latte.“ Sie lehnte sich über die Theke. „Und bring ihn mir bitte an den Tisch, wenn er fertig ist.“
Meine Chefin Joy konnte auf viele verschiedene Arten ein unerträgliches Biest sein, aber heute war sie hinten mit Lagerbestellungen beschäftigt - wenn sie nicht gerade neue Wege austüftelte, wie sie uns den Tag vermiesen konnte. Ich machte Merediths Latte so, wie sie ihn gerne mochte, fügte noch eine Extraportion Sirup hinzu, ohne sie in Rechnung zu stellen, denn so was tat ich gern für meine Lieblingskunden, auch wenn sie nichts davon wussten.
Sie hatte wie immer zwischen der Glasfront und dem Selbstbedienungsbereich Platz genommen, und als ich die Tasse vor ihr abstellte, starrte sie gerade aus dem Fenster. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie lächelte. Sie legte seufzend die Hände um die Tasse. „Mmhhmm.“
„Probier erstmal. Ob du ihn auch magst.“
„Ich bin mir sicher, er ist köstlich.“ Sie nahm trotzdem einen Schluck und machte wieder „mmhhmm“, diesmal klang es fast wie ein lustvolles Stöhnen.
Ich hielt kurz inne beim Auffüllen der Servietten, um zu ihr hinüber zu sehen. Das Mocha hatte sich geleert, auch wenn sich das mit der Stoßzeit am späten Nachmittag bald wieder ändern würde. Meredith starrte mich über ihren Tassenrand an.
„Setz dich zu mir, Tesla.“
Ich sah mich rasch im Raum um. Dann schob ich schulterzuckend den Serviettenhalter wieder an Ort und Stelle. „Kann nicht.“
„Ich muss mit dir reden.“
„Ich hör dir zu.“ Ich bückte mich, um im Schrank nach weiteren Päckchen Süßstoff zu suchen. „Aber ich muss auch arbeiten.“
„Hast du nochmal über das nachgedacht, was ich dich gefragt habe?“
Die Türglocke bimmelte und Carlos kam rein. Er nickte mir zu und winkte in Merediths Richtung, bevor er sich auf seinen Lieblingsplatz setzte. Manchmal war es, als würde ich statt der Kunden ein perfekt choreographiertes Ballettstück ansehen - dieser Kunde hier mochte diesen Sitzplatz und würde dann und dann wieder gehen, sodass danach ein anderer den Platz einnehmen konnte. Wehe dem, der zu lange blieb oder die Sitzordnung durcheinanderbrachte. Carlos bevorzugte einen Tisch am rechten Fenster, weil dort in der Nähe ein Anschluss für seinen Computer war und gleichzeitig merkwürdigerweise (so sagte er) der Internetempfang dort schlechter war. Weniger Versuchung, abgelenkt zu werden.
Ich wiederum konnte gut eine Ablenkung von diesem Gespräch vertragen.
„Carlos, kann ich dir irgendwas bringen?“
„Ich brauch gleich einen ‚Bodenlosen‘.“ Das war der Kaffee zum kostenlosen Nachfüllen. „Aber ich kann mir selbst eine Tasse holen.“
Nur wenn Joy ihn nicht sah. Sie hatte so eine blöde Regel, dass die Kunden sich nicht selbst Tassen nehmen durften, selbst die Stammgäste nicht. Und das, obwohl sie, ähnlich wie bei den Tischen, alle bestimmte Tassen bevorzugten und die Kollektion deshalb extra vielfältig war. Einige hatten sogar schon Tassen gespendet.
„Carlos, du liebst es bodenlos, oder?“, rief Meredith zu ihm rüber, und beide lachten. Zu
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