Zwischen Vernunft und Sehnsucht (Julia) (German Edition)
verkneifen. Zwei Stunden Verspätung, und das bei seiner eigenen Party! Offenbar kam sie, Chloe, nicht als Einzige in den Genuss seiner schlechten Manieren.
Sie kochte innerlich vor Wut. Andererseits war sie auch beunruhigt, denn dieses Verhalten passte so gar nicht zu dem Mann, den sie in den vergangenen Wochen kennengelernt hatte. Der Widerspruch gab ihr Rätsel auf.
„Ms Daniels?“, sprach der Chef des Catering-Teams sie an, der dem Dresscode entsprechend im dunklen Anzug erschienen war. „Der Champagner wird knapp, und das Büfett leert sich zusehends. Es sind wesentlich mehr Gäste gekommen als erwartet.“
Sie nickte betroffen. Auch sie war von dem Ansturm überrascht worden. Und es war kein Ende abzusehen. Eine Party in Declan Carstairs Privatgemächern hatte offenbar Seltenheitswert und galt als Ereignis, das man nicht verpassen durfte.
Warum überhaupt diese opulente Feier? Das sah dem verschlossenen Mann, der in Carinya so viel Wert auf seine Privatsphäre gelegt hatte, gar nicht ähnlich.
„Organisieren Sie Nachschub, so viel Sie brauchen, und setzen Sie alles auf die Rechnung“, wies sie den Mann an. „Champagner habe ich schon nachbestellt.“
Der Mann musterte sie anerkennend. „Sehr vorausschauend, Ms Daniels.“
Es tat ihr gut, einen Verbündeten in dieser anonymen Menge plaudernder High-Society-Gäste zu haben. Ihre Nerven lagen blank. Auf die Schnelle eine hochkarätige Party wie diese organisieren zu müssen war das Letzte, was sie gebraucht hatte.
„Ich glaube, da kommt unser Gastgeber.“ Der Mann vom Catering-Service spähte neugierig über ihre Schulter.
Er hätte gar nichts sagen müssen. Chloe spürte, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufrichteten, noch bevor sie sich umdrehte.
Da war er. Rasend gut aussehend in Smoking und Krawatte, das dichte dunkle Haar frisch geschnitten. Ihr Herz machte einen Satz.
Es geht ihm gut, dachte sie erleichtert, und gleich flammte ihr Ärger wieder auf.
Seine elegante Aufmachung bildete einen reizvollen Kontrast zu seinem rauen männlichen Charme, der durch die Narbe auf seiner Wange noch unterstrichen wurde. Er wirkte souverän, mächtig und völlig außerhalb ihrer Liga.
Und war ihr doch so vertraut. Bei seinem Anblick verspürte sie ein sehnsüchtiges Ziehen im Bauch, und die Spitzen ihrer Brüste richteten sich auf.
„Declan!“ Eine Platinblonde im schulterfreien Paillettenkleid tänzelte auf ihn zu und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Einen ziemlich langen Kuss.
Chloe ballte die Hände zu Fäusten.
„Vanessa“, drang Declans tiefe Stimme zu ihr herüber. „Schön, dass du da bist.“ Einen Arm um die Blondine, den anderen um eine hinreißende Latina im feuerroten Stretchkleid gelegt, begann er, seine Gäste zu begrüßen. Einzeln und mit Namen.
Er konnte sehen!
Die Erkenntnis traf Chloe wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es war eine so überwältigende, fantastische, wunderbare Neuigkeit, dass ihr ganz schwindelig wurde. Halt suchend griff sie nach dem Arm des neben ihr stehenden Catering-Managers.
In diesem Moment wandte Declan den Kopf und sah durch die Menge hinweg geradewegs zu ihr hinüber. Als hätte er sofort gewusst, wo sie war. Wie die vielen Male vorher, wenn er ihr instinktiv das Gesicht zugewandt hatte.
„Alles in Ordnung, Ms Daniels?“
Sie nickte zerstreut.
Declan sah sie immer noch an. Quer durch den Raum trafen sich ihre Blicke. Eine ungeheure Energie schien zwischen ihnen zu pulsieren. Seine Augen, schwarz wie Kohle, hielten Chloe gefangen. Sekundenlang schien es nur sie beide auf der Welt zu geben.
Dann gefror sein Lächeln, seine Züge wurden hart und abweisend. Er sah aus wie ein Fremder.
„Danke, es geht mir gut“, flüsterte sie, ließ den Arm des Caterers los und zwang sich, den Blick von Declan abzuwenden.
Sie war völlig durcheinander. Seit wann konnte er wieder sehen?
Das Geräusch zersplitternden Glases ließ sie erneut in seine Richtung blicken. Über das allgemeine Stimmengewirr hinweg hörte sie ihn gelassen sagen: „Schon gut, Sophia. Das Personal wird sich darum kümmern. Dafür ist es da.“
Wieder traf Chloe ein kühler, durchdringender Blick von ihm. Als sie ihn verwirrt ansah, hob er demonstrativ eine Augenbraue. Es war keine Bitte, es war ein Befehl.
Sein Blick und sein Ton ließen sie innerlich zu Eis erstarren, doch wie ferngesteuert griff sie nach ein paar Servietten und machte sich auf den Weg zu ihm.
Das Personal wird sich darum kümmern. Dafür ist es
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