Zwischen Vernunft und Sehnsucht (Julia) (German Edition)
kniete und die Scherben auflas. Sie hatte so süß und unschuldig ausgesehen …
Unschuldig? Zornig stapfte er durch den grünen Dschungel seines Dachgartens. Er war nur in die Küche gegangen, um noch einmal mit ihr zu reden. Als er sie dann vor sich sah in diesem Kleid, das sich weich um ihre Hüften schmiegte und nur in der Taille zusammengehalten wurde, hatte er die Kontrolle verloren.
„Was soll das, Declan?“
Ihre leise Stimme ließ sein Herz einen Moment lang schneller schlagen. Die Hände in den Hosentaschen, kehrte er der Kulisse des nächtlichen Hafens den Rücken zu und sah Chloe entgegen. Feige war sie nicht, das musste er ihr lassen.
Sie blieb ein paar Schritte vor ihm stehen, das Kinn angriffslustig vorgereckt. Ein paar weiche Locken kringelten sich um ihr Gesicht, ihr Kleid, das sie wieder fest zugebunden hatte, spannte sich straff über ihren vollen Brüsten.
Declan biss die Zähne zusammen. Diesmal würde er nicht schwach werden, egal wie sexy aussah. Das zog bei ihm nicht mehr. Zufrieden registrierte er, wie ihr Blick über seine nackte Brust glitt.
Betont lässig lehnte er sich mit ausgestreckten Armen an die Balustrade, einen Fuß über dem anderen. Er war schon immer sportlich gewesen, doch das ausgiebige Work-out der letzten Wochen hatte seine Muskeln zusätzlich in Form gebracht. Immerhin ein Ausgleich zu dem vernarbten Gesicht, das ihm jeden Tag aus dem Spiegel entgegenblickte.
Die meisten Leute sahen schnell weg, wenn sie seine Narbe bemerkten, doch Frauen umschwärmten ihn nach wie vor. Sie liebten reiche, mächtige Männer.
Ob Chloe die Augen geschlossen hatte, als sie mit ihm schlief?
Er hätte wissen müssen, dass ihre Zärtlichkeit nur Mittel zum Zweck gewesen war. Trotzdem schmerzte es ihn. Er hatte ihr vertraut.
„Willst du mir nicht erklären, was das alles soll?“ Ihre Stimme bebte.
„Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt?“ Es fiel ihm nicht leicht, hart zu bleiben. „Ich rühre dich nicht mehr an, und wenn du nackt vor mir liegst.“
Ihre trotzig aufgeworfenen Lippen erinnerten ihn an ihre heißen erregenden Küsse. Es waren nicht nur ihre Sommersprossen, die ihn betört hatten, als sie vor ihm gekniet hatte. Auch die Vorstellung, wie sie mit ihrem süßen Mund …
„Warum? Weil ich mich nicht wie eine kleine Angestellte verhalten habe?“ Sie schlang die Arme um sich, als wäre ihr kalt, aber ihr Gesichtsausdruck sprühte vor Zorn. „Für Frauen gelten wohl andere Regeln als für dich. Sobald du mit einer im Bett warst, ist sie für dich unten durch, ja?“
Er glaubte, Schmerz und Enttäuschung in ihren Augen zu sehen, aber wahrscheinlich spielte sie ihm nur wieder etwas vor.
„Du irrst dich.“ Er atmete tief durch. „Ich mag Frauen. Nur dich mag ich nicht.“
Sie wirkte, als hätte er sie geschlagen.
Er war nicht stolz auf sich. Am liebsten hätte er sich sofort bei ihr entschuldigt. Auf wessen Seite stand er eigentlich? Auf ihrer oder auf der seines Bruders?
„Das beruht auf Gegenseitigkeit“, kam es kühl zurück. „Du bist der arroganteste Mann, der mir je begegnet ist. Du besitzt nicht ein Mindestmaß an guten Manieren.“ Ihre prallen Brüste hoben und senkten sich heftig.
„Du beklagst dich über meine Manieren?“
Sie kam mit zorniger Miene auf ihn zu. „Was glaubst du, wer du bist, Declan Carstairs? Du hast kein Recht, mich so zu behandeln. Selbst wenn du das Interesse an mir verloren hast, weil du wieder sehen kannst.“
„Ach, hör auf. Spiel nicht die arme Naive.“ Sie musste doch wissen, dass er sie längst durchschaut hatte.
Ihre Hand schnellte hoch, stoppte aber kurz vor seinem Gesicht. Was er beinahe bedauerte. Er hätte eine Ohrfeige verdient, wenn schon nicht für sein rüdes Verhalten, so doch für die Dummheit, dass er diese Frau immer noch begehrte.
Er atmete tief durch. „Ich weiß Bescheid über dich und Adrian.“
Chloes Reaktion fegte die letzten Zweifel an ihrer Schuld hinweg. Sie wurde kalkweiß im Gesicht, ihre Augen weiteten sich.
Declan war maßlos enttäuscht. Bis zuletzt hatte er gehofft, es würde sich alles noch irgendwie aufklären. Es fiel ihm schwer, der Wahrheit ins Auge zu blicken und die Sache zu Ende zu bringen, doch das war er Adrian schuldig. Und sich selbst.
„Was weißt du darüber?“, fragte sie mit tränenerstickter Stimme.
Die Tränen, die sie in der Küche noch mühsam unterdrückt hatte, ließen sich jetzt nicht mehr aufhalten. Tränen der Wut, der Reue und der bitteren
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