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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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in den
Boden drücken.
    Die Wolken
sind fort. Von der Strandpromenade aus können wir immer noch den Tower vom
Hag’s Head Point und weiter rechts den O’Brien’s Tower sehen.
    Unermüdlich
rollen die weißschäumenden Wellen in die Liscannor Bucht hinein, brechen sich
an den aufgehäuften Felsbrocken. Der Strand von Lahinch ist bei Ebb oder Low
Tide sehr breit. Gelber, fester Sand, auf dem wir ausgiebig gelaufen sind.
    Jetzt bei
Flood oder High Tide müssen wir uns mit einem schmaleren Streifen begnügen.
Linkerhand stößt die Landspitze von Spanish Point weit nach außen vor.
    Der Wind
kommt aus Süd-Südwest, dagegen wollen wir nicht ankämpfen, also bleiben wir
einen weiteren Tag in Lahinch, dem Badeort, umgeben von Hügeln und Wellen und
dem unermüdlichen Golfstrom. Ob’s am Golfstrom liegt oder
nicht, Lahinch ist ein Paradies für Sportler, insbesondere Golfer, die
ihre Balls hier seit Jahren schlagen. Obwohl das eigentliche Paradies
vielleicht eher in Ballybunion liegt, zumindest das der Golfer. Wir werden
sehen.
    An der
nördlichen Seite der Liscannor Bucht ist ebenfalls einer jener 74 Türme zu
sehen, von denen aus die Mastspitzen der napoleonischen Flotte früh genug
gesichtet werden sollten. Der berühmteste dieser Türme steht in Dublin; der
Martello-Turm, in dem um 1904 der erst viel später weltberühmt gewordene
Schriftsteller James Joyce kurze Zeit gelebt hat.
    Nachdem Ilse
O’Looney’s gelbes Haus gemalt hat, wandern wir auf schmalen Pfaden ein Stück
nach Süden, oberhalb der Bucht an der Felskante entlang. Wir genießen die
Sonne, den Blick über den Atlantik, auch ein kleines Picknick auf der Wiese.
Die Sonne reicht bis zum frühen Nachmittag; dann ist Irland wieder
graugedeckelt, auf jeden Fall County Clare oder zumindest Lahinch oder Lehinch,
oder ist es immer nur grau, wo wir sind?
    Im Zelt gibt
es ein dreigängiges Menü, sprich Menju: als Vorspeise Leberpastete in Portwein,
aus einem schwarzen Plastikschächtelchen, das aussieht wie ein kleiner Sarg.
Dazu Weißbrot, frenchly baked! Der Hauptgang bietet Lammkoteletts, Lamb Chops,
gebraten in der windgeschützten Apsis des Zeltes, mit Knoblauch und Zwiebeln, Garlic
und Onions, dazu Tomaten und grüner Salat. Zum Nachtisch ergötzen wir uns an
Erdbeerjoghurt aus bunten Plastikdöschen, die wir zu Hause nicht gekauft
hätten, aber unterwegs muß die ökologische Stimme manchmal schweigen.
    Umrahmt wird
das Ganze von einem vorzüglich mundenden französischen Rotwein aus dem
Bergerac, obwohl die erforderliche Zimmertemperatur erheblich unterschritten
ist. Auf den Mocca wurde verzichtet, weil wir schon müde genug waren. Aus dem
Transistor perlte Folk, später hörten wir noch eine Sendung mit der
Chanson-Sängerin Patricia Kaas.
    Manchmal
wissen wir in unserem Zelt gar nicht mehr, wer und wo wir eigentlich sind.
Käuze bei den Käuzen?
    Einen Besuch
in Lisdoonvarna, das unweit von Lahinch liegt, haben wir ausgelassen. Der
bekannte Heiratsmarkt findet jedes Jahr im September statt. Entstanden vor etwa
200 Jahren aus Anlaß des jährlichen Viehmarktes, bei dem Gutsherreneltern für
ihre jungen Söhne oder Töchter die passenden Partner suchten, hat sich die
Sitte bis heute gehalten. In fast zwanzig Bars und Kneipen treffen sich Singles
aller Altersstufen, vorwiegend aber über Vierzigjährige, zu Bier oder Kaffee.
Wer will, kann vorher eins der Vermittlungsinstitute aufsuchen, die inzwischen
per Computer passende Pärchen zusammenstellen. Zu Kaffee und Bier oder zum
Tanzen gehen die Kandidaten allerdings ohne den Vermittler, den sie hier
‘Matchmaker’, Spielmacher, nennen.
    An die
zehntausend Menschen sollen das 1000-Einwohner-Dorf jährlich heimsuchen, der
menschliche Jahrmarkt hat zur Aufhebung der Sperrstunde geführt. Bisher mit
großem Erfolg, wie man hört.
     
    »Man kann sagen, was man will,
sagte Lamont, der Ire hat seine Meriten. Er ist nicht der letzte Mensch, der
geschaffen wurde.
    Das ist er nicht, sagte
Furriskey .«
    (aus: Flann
O’Brien ‘In Schwimmen-Zwei-Vögel’)
     
    Willkommen
bei den Käuzen!
     

 

AM RAND
EUROPAS
     
     
    Es regnet,
als wir aufwachen. Wir bleiben liegen.
    »Die Schauer
muß man ausschlaf...«, beginnt Ilse.
    »Ja, ja, ist
vom Bundeskanzler geklaut, ich weiß .«
    »Klappt aber
manchmal .«
    Ilse bleibt
hartnäckig und schafft es.
    Zum
Frühstück genießen wir ein leckeres irisches Buttermilch-Soda-Brot.
     
    Wir starten
gegen Mittag.
    Woher weht
der Wind? Aus Süden. Wohin fahren wir? Nach

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