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Zwischenfall in Lohwinckel

Titel: Zwischenfall in Lohwinckel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baum Vicki
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versuchte zu lächeln, damit wurde es aber nichts Rechtes, so begann sie zu rauchen.
    Leore Lania und Peter Karbon, die da einander gegenübersaßen und sich über eine Leere hin Unaufrichtigkeiten zuwarfen, waren von Berlin abgefahren als Liebende. Ja, so konnte man es wohl nennen, wenn das Gefühl, das sie verband, auch nur die Liebe dieser Zeit war: ohne Voraussetzung und ohne Ausblick in die Zukunft, ganz ohne Bindung, aber mit allem Wissen um die tiefe Fragwürdigkeit jeder menschlichen Beziehung. Schamhaft dem eigenen Gefühl gegenüber, nicht willens, es zu äußern, und mit einem Respekt vor der Freiheit des Partners, der vielleicht kostbarer ist als Treue und Verpflichtung. Sie waren abgefahren, ohne ein Gestern oder Übermorgen als Ballast mitzunehmen, aber dem Heute mit Intensität anheimgegeben, sie hatten einen Unfall erlitten, der Tod war an ihnen vorübergegangen, so nah, daß sein dunkles Rauschen ihre Schläfen gestreift hatte, und nun saßen sie da wie an zwei Ufern eines plötzlich vertrockneten Flußbettes.
    »Ja, Leore – so ist das eben –«, sagte Peter schließlich, es war das Schlußwort einer längeren Gedankenkette. Anständiger Kerl, der er war, überlegte er noch, wie er Leore Lania täuschen könne, während sie schon seit dem ersten Händedruck dieses Wiedersehens sich auf den Weg gemacht hatte, fort von ihm in eine neue, aber vertraute Einsamkeit, und wenn möglich, ohne die Haltung zu verlieren.
    Sie trat hinter ihn und legte flüchtig die Hand in seine roten, starken Haare. »Na, Pitt, was ist los?« fragte sie leise.
    »Nichts eigentlich. Ein bißchen durchgedreht wieder mal.«
    »Verliebt?« fragte Leore hinter ihm und hielt den Atem an. Peter nickte mit einem Schuljungennicken.
    »Ach sieh – er ist wieder verliebt! Kann man sich sogar in Lohwinckel verlieben?« fragte sie, ihre Kehle war plötzlich trocken geworden.
    »Ja«, antwortete er ernsthaft. »Es ist natürlich eine andre Sorte –«, setzte er nach einem Besinnen noch hinzu.
    »Eine hübsche Sorte, Pitt?«
    »Ein andres Format. Ein andres Gewicht, weißt du. Es hat eine andre Bedeutung als für unsereinen, es hängt nicht so in der Luft. Erstens ist es – eine Sünde, das ist natürlich eine großartige Sache. Hast du schon je in deinem Leben gedacht, daß du eine Sünde begehst? Na siehst du. Aber ich bin mitten in der Sünde drinnen, das ist natürlich ganz bezaubernd. Man muß sich anstrengen, man hat gegen Widerstände anzugehen, es ist alles so ernsthaft. Man muß kämpfen um eine Frau, verführen, erobern oder wie diese Vokabeln alle heißen. Lächerlich, ja, Leore, aber man spürt doch dabei, daß man ein Mann ist. Der Liebesbetrieb, wie wir ihn gewöhnt sind, ist ein bißchen lasch, findest du nicht?«
    »Ich wußte gar nicht, daß du so ein Gefühlsathlet und Preishahn bist –«, sagte Leore und nahm endgültig ihre Hand aus dem roten Haarschopf fort. »Es ist ein bißchen Sport dabei, wie, Pitt?«
    Peter Karbon überlegte das; er dachte an Elisabeth Persenthein, es war ein sehr genaues, rundes Denken und Spüren. Es senkte sich mit einer starken, glücklichen und erwartungsvollen Wärme tief in ihn ein. »Sport – nein, gar nicht. Das gerade gar nicht. Ich übernehme eine große Verantwortung, darüber bin ich mir klar. Weißt du, diese Frau ist etwas ganz anderes. Du kennst sie ja nur flüchtig, aber du müßtest sehen, wie –«
    »Danke. Nichts erzählen, bitte«, sagte die Lania, nahm sich aber sogleich wieder an die Kandare. »Willst du rauchen?«
    »Danke.«
    Schweigen. Sie dachten beide an Elisabeth. Er an eine Frau, die aus sehr kostbarem und reinem Material gebaut war und die erlöst, aufgeweckt und lebendig gemacht werden konnte. Sie an eine, die mit langweiligem Gesicht in einer Kittelschürze herumlief und eine Atmosphäre von kleinen Sorgen und Kernseifensauberkeit mit sich trug.
    »Krankenschwestern sind ja immer bezaubernd«, sagte sie, es war nun einfach nicht möglich, daß sie es bei sich behielt.
    »Ich habe das Gefühl, daß mir das Leben da noch eine große Chance bietet in dieser Frau. Ich muß das einfach festhalten, verstehst du das nicht, Pittjewitt?«
    »Ach – ich verstehe schon, Peter. Aber es ist noch ein bißchen zu früh bei dir für Torschlußpanik, nicht?«
    »Du bist sehr gut. Du bist so anständig zu mir«, sagte Peter Karbon und legte seine aufgebreitete Handfläche über den Tisch hin vor Leore, die aber nichts damit unternahm. »Du machst es mir sehr

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