Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
Nähe von Phils Wohnung lag, sodass ich zu Fuß dorthin gehen konnte. Eine Tatsache, die mir sehr entgegenkam, denn leider hatte mein Auto den Unfall nicht so gut wie ich überstanden und war nun ein Fall für den Schrottplatz. Den kurzen Fußmarsch zur Arztpraxis hatte ich schnell hinter mich gebracht, nur eine Kreuzung trennte mich noch von dem modernen Bürokomplex, in der die Gemeinschaftspraxis meines Arztes untergebracht war. Bibbernd stand ich in der sibirischen Kälte am Straßenrand und wartete darauf, dass die Ampel endlich grün wurde. Dabei waren Ampeln an dieser Stelle fast sinnlos, nur selten kam an dieser Kreuzung ein Fahrzeug vorbei und hätte nicht eine Mutter nebst ihrem kleinen Sohn mit mir gewartet, hätte ich vermutlich auch bei rot die Straßenseite gewechselt. So wollte ich jedoch Vorbild sein und wartete fröstelnd. Nach einer gefühlten Ewigkeit leuchtete mir das grüne Männchen entgegen und ich stapfte eifrig drauf los, ich wollte nur noch ins warme Wartezimmer. Während ich vor mich hinträumte und überlegte, was ich alles machen würde, wenn ich grünes Licht vom Arzt bekommen hatte, überquerte ich die Straße. In Gedanken war ich dabei, mit Phil unter stetem Kleiderverlust vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer zu wechseln, als ich mit festem Griff am Arm gepackt und mit aller Macht festgehalten wurde. Im selben Augenblick fuhr eine schwarze Limousine mit Höchstgeschwindigkeit an mir vorbei. Wäre ich weitergegangen, hätte mich der Wagen erwischt und ich wäre mit Sicherheit nicht nur mit Rippenprellungen davongekommen. Ich blickte hinter mich, um zu sehen, wer mich vor dem sicheren Tod gerettet hatte, und war überrascht, als ich in das Gesicht von Lars Schmelzer blickte.
»Was für ein Idiot, der glaubte wohl, nur weil er einen dicken Wagen fährt, dass ihm die Straße gehört. Danke, wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich jetzt nur noch Mus«, bedankte ich mich bei meinem Retter.
»Gern geschehen, ich habe versucht dich zu warnen, aber du warst wie in einer anderen Welt. Dir ist auch wirklich nichts passiert, nicht, dass ich dir am Ende noch wehgetan habe?«, fragte er besorgt. Sein Gesicht trug, bis auf eine kleine Narbe in Höhe der Augenbrauen, keine Zeichen mehr von seiner Begegnung mit Klaus und seinen Handlangern. Er hatte wirklich höllisches Glück gehabt, dass er keine bleibenden Schäden davongetragen hatte.
»Nein, es ist nur der Schock, der mir in den Gliedern sitzt. Ansonsten bin ich in Ordnung. Danke nochmal!«, wiederholte ich mit Nachdruck. Ein zaghaftes Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht meines Gegenübers.
»Gern geschehen. Ich war wohl zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Müsstest du nicht eigentlich in der Schule sein? Oder habe ich etwas nicht mitbekommen und du bist jetzt Vollzeit fürs Büro tätig?«
»Nein, ich bin krankgeschrieben und war auf dem Weg zu meinem Arzt. Ich bin aber noch als Lehrerin tätig, so schnell bekommt mich da keiner weg.«
»Ist wohl die richtige Entscheidung, ich weiß nicht, wie lange es noch so weitergehen kann. Der Überfall auf mich hat mir die Augen geöffnet. Ich verstehe selbst nicht mehr, warum ich den Job überhaupt mache. Als ich anfing, hieß es, dass ich als eine Art Forscher tätig sei, es war nie die Rede davon, dass dieser Job lebensgefährlich werden könnte. Kaum haben wir einen Auftrag erledigt, wartet schon der nächste. Ich denke momentan wirklich ernsthaft darüber nach, ob ich nicht kündigen soll.« Er wirkte bitter und niedergeschlagen, als hätte er schon mit allem abgeschlossen. Ich konnte ihn verstehen, das Gefühl, einen Auftrag abzuschließen, war erhebend, wenn man aber dann gleich zum nächsten musste, kam man sich vor wie Sisyphus. Im Gegensatz zu ihm wusste ich aber genau, wer hinter allem steckte, und da ich noch eine persönliche Rechnung mit demjenigen zu begleichen hatte, kam es gar nicht in Frage, dass ich aufhörte.
»Nun ja, ich glaube , irgendwann einmal wird alles wieder gut«, versuchte ich ihm Mut zuzusprechen.
»Dein Wort in Gottes Gehörgang.« Er wirkte nicht sehr überzeugt, sondern ungleich finsterer.
»Ich bin die geborene Optimistin. Jetzt muss ich aber weiter, ich bin schon fast zu spät dran«, stellte ich mit einem kurzen Blick auf die Uhr fest.
»Dann will ich dich nicht länger aufhalten. Ich muss auch weiter, und schön aufpassen beim Überqueren von Straßen«, sagte er zum Abschied und zwinkerte mir dabei vergnügt zu. So gefiel er mir schon besser als sein
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