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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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ein bisschen Butter, das ist alles, was ich euch bieten kann.« Er überlegt einen Augenblick angestrengt. »Und ich glaube, da liegt auch noch irgendwo eine Tüte mit Khalinüssen.«
    »Haben Sie auch Wasser?«
    »O ja!« Lasje lacht. »Kalt mit ein paar Scheibchen Lingel?«
    Ayse fängt an zu kichern. Aber ja, gib uns ein paar Khalinüsse und ein schönes Stückchen Lingel. Die Lachtränen schießen ihr in die Augen.
    Tio sieht sie befremdet an. »Ja, bringen Sie uns das«, sagt er schnell zu Lasje. »Klingt gut.« Dann schleppt er Ayse zu einem Tisch in einer Ecke. »Was gibt es denn da zu lachen?«
    Ayse versucht, es ihm zu erklären. All die komischen Wörter, da kann sie sich kaputtlachen, aber Tio kapiert den Witz nicht. »Verdammt, ich sterbe vor Hunger«, blafft er. »Und du bist schuld. Wir hätten stapelweise gebratenen Fisch essen können, und jetzt kriegen wir Lalanüsse mit einem Scheibchen Klingel oder so was Blödes.«
    »Hihi.« Ayse schüttelt sich vor Lachen.
    »Ich kapier das nicht. Erst machst du die ganze Zeit den Miesepeter, und jetzt kriegst du dich nicht mehr ein.«
    Als Lasje ihnen das Essen, das er auftreiben konnte, vorsetzt, bedankt sich Ayse überschwänglich und fängt sofort an zu futtern.
    Tio quengelt bei jedem Bissen Brot: »Lieber hätte ich gebratenen Fisch gehabt.«
    »Ja«, sagt Ayse herablassend, »viele Salzländer sicher auch. Die würden auch gern gebratenen Fisch essen und große Karaffen gekühltes Wasser dazu trinken.«
    Tio wendet die Augen ab, sein Blick schweift, ohne etwas wahrzunehmen, durch die Gaststube. Die bunten Vordächer über den Lokalen, die orangefarbenen, roten und blauen Gewänder, in die sich die Runji hier hüllen, die überquellenden Geschäfte. Als er Ayse wieder anschaut, wirkt er nachdenklich. »Findest du die Runji wirklich so ungewöhnlich? Bei uns … na ja … Schaust du dir manchmal die Nachrichten an?«
    »Ja, klar!« Ayse nickt. »Natürlich!« Aber dann sieht sie Tios Lächeln und wird rot. »Oh, du guckst sicher öfter, was?«
    »Nicht so oft«, muss Tio zugeben. »Aber das tut nichts zur Sache. Was ich fragen wollte: Erkennst du die Runji nicht irgendwie wieder? Einfach … wie sie so sind, kommt dir das nicht irgendwie bekannt vor?«
    Ayse begreift nicht und schüttelt den Kopf.
    Tio trinkt einen Schluck Wasser. »Die Runji sind klug und stark, das ist ihr Vorteil. Wie es dazu gekommen ist – weil sie nun mal besser fischen konnten oder schnellere Boote hatten, oder was weiß ich –, ist nicht so wichtig.« Er zuckt mit den Schultern. »Aber ist dir das wirklich so unbekannt? Sie sind gierig und habsüchtig. Sie fangen Kriege an und erfinden zerstörerische Waffen. Sie versuchen, ein anderes Volk zu beherrschen. Sie reißen sich Grund und Boden unter den Nagel. Sie stellen wichtige Personen auf ein Podest und verehren sie. Sie bauen Heiligtümer, die von Nicht-Runji nicht leicht zu verstehen sind. Sie erlassen verrückte Vorschriften und Gesetze, an die sich alle halten müssen. Je reicher sie wurden, desto luxuriöser ist auch ihre Umgebung geworden, alles funkelt und glitzert. Sie entwickeln blöde Moden und tragen immer wieder andere Sachen. Sie fühlen sich über Menschen erhaben, die nicht so aussehen wie sie. Das, was sie haben, verkaufen sie für viel zu viel Geld an die, die weniger reich sind. Es kümmert sie nicht groß, dass es andere gibt, denen es schlecht geht. Selber schuld, denken sie wahrscheinlich, hättet ihr mal besser fischen gelernt. Ich glaube, das nennt man das Recht des Stärkeren. Sie halten sich selbst für sehr bedeutend, sie finden, dass sie selbst die Besten sind.«
    »Aber was meinst du denn, wem sie ähnlich sind?«, will Ayse wissen.
    »Vielen Völkern, die dasselbe machen. In unserer Welt passiert genau das gleiche, Tag für Tag. Wenn du darüber zu Hause nicht nachdenkst, warum bist du dann hier darüber so empört?«
    »Heißt das, dass du denkst, Buba hat eine Spielwelt geschaffen, die eigentlich genauso ist wie unsere?«
    Tio beißt ein kleines Stück von seinem Butterbrot ab. »Erinnerst du dich noch, was Seraphina zu dir gesagt hat, als sie dir aus der Hand gelesen hat? Sie hat etwas Großes in deiner Zukunft gesehen. Ob das was mit dem hier zu tun hat? Glaubst du, dass du deshalb hier bist?«
    Ayse lehnt sich zurück. Eine Unmenge Gedanken wirbeln ihr im Kopf herum. Sie sieht Tio müde an. »Können wir Lasje fragen, ob er ein Zimmer für uns hat? Ich bin fertig. Ich will schlafen, ich kann

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