Zwischenwelten (German Edition)
seine zornigen Worte lachen.
»Das wollte ich nur wissen.« Ayse nickt ihnen zu und dreht sich um. »Danke!«, ruft sie noch, bevor sie wieder den Weg zurück in die Stadt einschlägt.
An ihren hochgezogenen Schultern kann Tio sehen, wie es ihr geht, und mit einem müden Seufzer schlurft er hinter ihr her. »Und jetzt gehst du los, die Maile zu Brei schlagen?«, fragt er aus Spaß, sobald er sie eingeholt hat.
»Was hat du denn erwartet?«, fragt Tio. »In unserer Welt kannst du doch auch nicht einfach so die königliche Familie besuchen.«
»Aber auf dem letzten Level hat es den Garten gegeben, und da sind sie normalerweise auch rumgelaufen, Hala und Kivan.«
Ayse und Tio sitzen auf einem Hügel oberhalb der steinernen Wasserbecken im gelbroten Licht der Sonne, die sich langsam dem Horizont nähert. »Aber hier haben sie ein Mordsgitter drum herum. Und eine Bande von Wächtern, die dich angucken, als wärst du nicht ganz bei Trost, wenn du fragst, ob du Hala mal sprechen kannst.«
»Ich sag doch: Bei uns sitzt die Königin mit ihrer Familie auch hinter so einem Zaun, und da kommst du auch nicht so einfach rein.« Tio zögert. »Und selbst wenn du Hala hättest sprechen können, dann wäre es doch genauso wie beim letzten Mal. Wir kriegen nicht zu sehen, wie es weitergeht, wir werden nie erleben, wie Hala älter wird und die Dinge vielleicht anders macht.«
Ayse senkt den Kopf, beugt sich vor und fängt an, wütend auf ihren Nägeln herumzubeißen. »Es muss uns einfach etwas einfallen. Ich will, dass sich hier etwas verändert, ich kann das nicht länger mit ansehen.«
»Wie sollen wir zwei denn dafür sorgen, dass sich hier was verändert? Können wir bitte erst mal eine Nacht darüber schlafen? Ich bin müde und hab einen Bärenhunger. Wir sind den ganzen Nachmittag rumgelaufen, und ich hab außer dem einen Rumbariegel, den ich noch hatte, nichts gegessen.«
Jetzt, wo Tio die Riegel erwähnt, merkt auch Ayse, wie sehr ihr Magen knurrt. Sie muss zugeben, dass es vernünftig ist, erst mal was zu essen.
Das Zentrum der steinernen Stadt ist voller Gaststätten. Tio nimmt begeistert all die verschiedenen Gerüche wahr, doch Ayse hat eine tiefe Falte zwischen den Augenbrauen und macht ein ablehnendes Gesicht. Langsam geht sie an den Terrassen entlang und betrachtet die gedeckten Tische. Sie sieht Platten mit gebratenem Fisch, Körbe voll frischem Brot, Karaffen mit kaltem Wasser, in denen die Eisstücke klirren.
Hungrig blickt Tio zu einer Gruppe von Tafelnden, die sich mit den Fingern frittierte Köstlichkeiten von den Platten nehmen und genüsslich beginnen, den Fisch von den Gräten zu knabbern. Er stößt Ayse begehrlich mit dem Ellbogen an. »Wollen wir hier reingehen?«
»Ach, ich weiß nicht.« Ayse zögert und geht dann kopfschüttelnd weiter.
Tio schlurft hinter ihr her. Was hatte sie denn gegen das Fischlokal? Schließlich haben sie noch jede Menge Khansi, die hier immer noch gültiges Zahlungsmittel sind.
Sie kommen an der Rückfront mehrerer Restaurants vorbei. Riesige Müllbehälter quellen vor Abfall über, und Ayse schreit auf, als sie eine große Ratte vorbeitrippeln sieht. Sie fängt an zu rennen und bleibt erst ein paar Straßen weiter wieder stehen. Ihr Gesicht ist düster. »Ich will zurück. Nach Sandbuche. Oder ganz nach Hause.«
»Aber warum denn?«
»Weiß ich nicht«, antwortet sie grob. Und sie macht auch keinen Versuch, das zu erklären, während sie stillschweigend und mit eiligen Schritten vor Tio den Weg nach Sandbuche entlangstiefelt.
Als sie in der halb verlassenen Stadt ankommen, schaut Tio sie mürrisch an. »Und jetzt«, sagt er von oben herab, »erzähl mir mal, wo du was zu essen herkriegen willst.«
»Aus dem Supermarkt?«, schlägt Ayse zaghaft vor.«
»Hast du das nicht mitgekriegt? Den Supermarkt gibt es nicht mehr. Da war so eine Art Gemüseladen mit einem Tisch, auf dem komische gelbe Gurken lagen und die roten Birnen, die sie hier essen. Sonst gab es da absolut nichts.«
»Wir können in der alten Herberge fragen«, überlegt Ayse. »Lasje wird doch sicher was für uns machen?«
Es stimmt, Lasje würde ihnen gerne etwas machen. »Aber, Leute, ich habe so gut wie nichts mehr im Haus. Ich hab für die Forscher, die hier übernachten, eingekauft. Hätte ich gewusst, dass ihr kommt …«
»Haben Sie wirklich gar nichts?«, fragte Ayse, und ihre Augen wirken mutlos.
»Na ja, ich kann ein bisschen Brot besorgen, aber das ist nicht mehr ganz frisch. Brot mit
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