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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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sitzt dort und lässt die Beine über dem Wasser baumeln. »Sonst wäre er jetzt böse.«
    »Und wie kommt es, dass du mich so gut verstehst?« Hala ist einige Jahre jünger als ihr Bruder, und da wäre es doch nur logisch, wenn er die fremde Sprache besser beherrschte als sie.
    »Ich interessiere mich, Sprachen sein schön, ja?« Hala macht eine Grimasse, als wüsste sie, dass dieser Satz etwas unbeholfen war.
    Ayse nickt. »Ich spreche zwei Sprachen, und in der Schule lerne ich noch mehr.«
    »Ich spreche Sprachen von zwölf Ländern!«, sagt Hala stolz. »Länder, wo wir immer wieder kommen, über Jahre.«
    Tio wirft einen neugierigen Blick in den Holzeimer, der neben Hala auf Deck steht. »Oho!«, entfährt es ihm. Es sind mindestens fünf Fische drin.
    »Ich bin gut da, was?« Hala grinst. »Wir essen die.« Währenddessen holt sie schon wieder einen Fisch aus dem Wasser. Geschickt nimmt sie ihn vom Haken, und schon taucht die Schnur – mit einem neuen Köder – wieder ein. »Ihr könnt probieren, am Abend, dann wir essen diese.«
    Ayse macht ein bedauerndes Gesicht. »Wir können nicht so lange bleiben.«
    Tio und Ayse setzen sich auf den Anleger und lassen, genau wie Hala, die Beine über dem Wasser baumeln. Es ist schön, sich mit Hala zu unterhalten. Sie hat viel von den Ländern, die an den Flüssen liegen, gesehen, und sie kann endlos darüber erzählen.
    Vor allem Tio kriegt nicht genug davon, dem Mädchen mit den grünen Augen zuzuhören. »Und wie lange bleibt ihr hier?«
    »Drei noch Tage.« Hala hebt die entsprechende Zahl Finger. »Danach wir fahren durch Westbucht und Fluss Asura hoch. Da lang sind große Sommermarkten für Holzkunst.«
    »Und wann kommt ihr wieder hierher zurück?«, fragt Ayse.
    »Ein ganzes Jahr später natürlich, wie immer.« Hala scheint überrascht, dass Ayse das nicht weiß. »Wir kommen immer doch jedes Jahr zurück. War noch nie anders.«
    Ayse würde auch gern so gut angeln können wie Hala.
    »Ich dir lehren?«, fragt Hala.
    Da will Tio natürlich auch. Sie gehen an Bord, und Hala erklärt ihnen geduldig alles und lacht fröhlich über alles, was misslingt.
    Kivan, der sich die ganze Zeit nicht hat blicken lassen, gesellt sich zu ihnen, um zuzusehen und über die Stümperei von Tio und Ayse Kommentare abzugeben.
    »Ihr müsst nicht hören«, sagt Hala. »Er kann selbst nicht, ist großer Stümper damit.«
    »Wir verstehen ihn nicht«, erwidert Tio ruhig, »also tun wir einfach so, als ob wir ihn nicht hören.«
    Auch Ayse gibt sich Mühe, den mürrischen Jungen eine Weile nicht zu beachten, aber dann wird ihre Neugier stärker als ihr Ärger. »Warum ist er denn die ganze Zeit …« Sie räuspert sich. »Warum ist er … so, äh … launisch?«
    »Weil seine Schwester besser ist in allem«, antwortet Hala leise. »Es ist einfach so. Ich bin gut im Angeln, im Speerwerfen, in Rechnen und Sprachen. In alles. Nein, beinahe alles.«
    »Beinahe alles? Was macht er denn besser als du?«
    »Holzschnitz«, sagt Hala. »Kivan ist Beste in Holzschnitz. Ist Kunst. Habt ihr schon gesehen Runjiholzschnitz?«
    »Oh, das, was sie auf dem Markt verkauft haben!« Tio erinnert sich, sie gesehen zu haben.
    »Kivan macht schönste Holzschnitz von allen Runji, finde ich.« Hala zieht ihre Angel ein und legt sie neben sich auf das Deck. »Er ist nicht stolz drauf. Ist dumm von ihm. Er denkt, er muss kämpfen können und fischen und mit den Booten steuern. Aber hat er kein Talent für.« Sie zuckt mit den Schultern. »Ich gleiche meine Mutter. Maile ist auch gut in diese Dingen.« Sie tippt auf die Angel. »Runji finden solche Dinge bedeutend. Vielleicht wohl am bedeutendsten von alles. Ich finde das dumm. Holzschnitz ist auch bedeutend.«
    »Natürlich, sagt Tio, »damit verdient ihr doch immerhin auf dem Markt Geld.«
    »Auch ohne das.« Hala winkt ab. »Schön machen und verzieren von Booten und Möbeln ist bedeutend. Runjiholzschnitze machen alles schön.« Sie zeigt auf die umliegenden Boote.
    Tio und Ayse betrachten die zierlichen Schnörkel und verschlungenen Muster, die die Boote der Runji so unverwechselbar machen. Sie müssen an die Terrassen denken mit ihren geschwungenen Stegen entlang der Ufer, an Terrasse mit seinem prächtigen Tempel und den prachtvollen Schnitzereien an den Wänden, seinen schönen Brücken und verzierten Hausfassaden. Hier ist nichts von all dem zu sehen, weil die Runji noch ein reisendes Volk sind, doch ihre Boote sind geschmückt mit denselben Mustern

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