Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts

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von Fischen, Wellen und sich kräuselndem Seegras.
    Ayse steht auf und geht zu einer Tür, die in den Wohnraum des Bootes führt. Der Türrahmen ist reich verziert, und sie streicht mit den Fingerspitzen über die Wellen und Kringel. »Das finde ich herrlich.« Sie dreht sich um und sieht, wie Kivan sie mit finster gerunzelter Stirn anblickt. Sie wendet sich an Hala. »Glaubst du, dass wir die Schnitzarbeiten deines Bruders ansehen können, wenn wir ihn darum bitten?«
    Hala prustet los. »Pff, dann müsst ihr wohl ganzes Leben gucken!«
    Ayse geht freimütig auf Kivan zu. »Hala sagt, dass du das sehr gut kannst.« Sie zeigt auf die Schnitzereien. »Darf ich deine Arbeiten mal sehen?«
    Mit hochgezogenen Augenbrauen schaut Kivan seine Schwester an.
    Sie übersetzt ihm, was Ayse gesagt hat.
    Erst gibt sich Kivan spröde, weigert sich und macht ein beleidigtes Gesicht. Aber Ayse bedrängt ihn weiter. Nach einigen Überredungskünsten von Hala gibt Kivan schließlich nach.
    Er geht voraus zu einem Zimmer mit einem großem Fenster, unter dem eine Werkbank steht, deren Oberfläche mit Messern, Beiteln und Holzspänen übersät ist. An der gegenüberliegenden Wand steht noch ein Tisch, auf dem sich keine Holzspäne oder Beitel befinden, sondern nur Bleistifte und Zeichnungen auf dickem rosa Papier. Interessiert geht Ayse zu dem Tisch mit den Zeichnungen.
    »Nein, das nicht«, sagt Hala, die ihnen gefolgt ist. »Das ist Arbeitstisch von Maile.«
    »Ja.« Ayse nickt, als sie die Zeichnungen genauer betrachtet. Sie deutet darauf und stößt Tio an. »Schwingen.«
    »Ist Entwürfe von Maile, leider für Kämpfen«, murmelt Hala.
    Kivan ist zu der Werkbank gegangen und lehnt sich brummig dagegen, die Arme vor der Brust verschränkt, die Schultern unwirsch hochgezogen. Werden hier seine schlimmsten Befürchtungen wahr, dass alles, was seine Mutter und seine Schwester können, immer interessanter und bedeutender ist als das, was er aus Holz zusammenbastelt? Die beiden Besucher scheinen das zu bestätigen. Dann hört er das Mädchen plötzlich laut auflachen und schaut verwundert auf.
    »Tut mir leid«, sagt Ayse, immer noch lachend, entschuldigend zu Hala, »aber die Salzländer haben genau diese Dinger auf ihren Booten.«
    Hala bleibt der Mund offen stehen. »Nein!«
    »Aber ja, nur verwenden sie sie, um ihre Netze auszuwerfen«, sagt Tio. »Ist das noch niemandem aufgefallen? Kommt eure Mutter nicht nach Sandelenbach? Das sollte sie sich mal ansehen.«
    Hala legte eine Hand vor den Mund. Dann fängt auch sie unterdrückt an zu kichern. »Au, da wird Maile gar nicht begeistert sein! Ihr das wisst sicher? Was sie entwirft, gibt es schon bei Salzländern? Ist genau dasselbe? Au, au!« Hala dreht sich zu ihrem Bruder um und erklärt ihm, warum sie solchen Spaß haben.
    Zu aller Überraschung fängt Kivan an, schallend zu lachen. Endlich scheint der Junge mal etwas richtig schön zu finden.
    »Ist nicht gut«, fügt Hala noch hinzu. »Ist gefährlich, so ein Kampfzeug. Das sollen Runji nicht machen wollen. Bah!«
    Ayse fällt wieder ein, warum sie hergekommen sind, und sie wendet sich an Kivan. »Kann ich mir jetzt deine Schnitzereien ansehen?« Sie geht zur Werkbank und gibt ihm einen leichten Stoß. »Geh mal zur Seite, so sehe ich doch nichts.
    Auf der Werkbank steht ein Holzbild: ein Fisch, die Schwanzflosse nach oben gereckt. Der Kopf verschwindet fast zwischen heftigen Wellen, die aus dem Holzblock aufsteigen wie die rollenden Schaumkappen des Meeres bei starkem Sturm. An einem anderen Holzstück, einer Platte, die nicht einmal rechteckig ist, scheint Kivan sein Können zu üben wie ein Zeichner, der Skizzen anfertigt. Das Holz ist mit verschiedenen Messern und Beiteln bearbeitet und zeigt geschwungene Linien unterschiedlicher Breite, Linien, die tief in das Holz gekerbt sind, Linien, die wie bei einem Relief darüber liegen, raue Linien und Formen, die zu runden, weichen Mustern glatt geschmirgelt sind. Ayse lässt ihre Finger über die Windungen gleiten. »Wie schön!«, entfährt es ihr, und sie sieht Kivan begeistert an.
    Schüchtern murmelt Kivan irgendetwas.
    »Verkaufst du das?«, will Ayse wissen.
    Hala nickt. »Es kommt viel Holzschnitz von Kivan an den Markt.«
    »Glaubst du, dass er mir eins davon verkauft?« Der Blick aus Ayses dunkelbraunen Augen bohrt sich in die seegrünen von Hala, und ein paar Sekunden lang schauen sich die beiden Mädchen verschwörerisch an. Dann nickt Hala und sagt schnell etwas zu ihrem