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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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Bürgersteig, über die Terrasse und weiter. Ayse kann die Worte nicht mehr verstehen. Zögernd schleicht sie die Treppe hinunter.
    Der Wirt kommt gerade zurück. Als er das Mädchen mit der auffallend großen Mütze auf dem Kopf in seinen Gastraum um die Ecke spähen sieht, schüttelt er den Kopf und macht mit der Hand ein Zeichen, sodass Ayse versteht, dass sie dableiben soll. »Sag mal, wer war das?«, will er von ihr wissen, als sie außer Hörweite sind. Und dann: »Ach, ist ja auch egal. Aber er war eindeutig auf der Suche nach dir. Nur weiß ich nicht, ob er wirklich ein Freund von dir ist. Wenn doch, dann findest du ihn auf der Terrasse draußen, da steht er und guckt rein. Wenn nicht, dann komm mal mit auf diese Seite.« Er zeigt mit der Hand nach vorne und führt sie auf den Hof. »Es ist ein Jammer mit diesem Angriff. Eigentlich hätte ich dir ein wunderbares Frühstück angeboten, hier in der Morgensonne.« Er deutet auf die Tische und Bänke. »Aber ich nehme an, dass du lieber zusiehst, hier wegzukommen.«
    Die Worte dringen nicht zu Ayse durch. »Krieg ich kein Frühstück? Ich hab vorhin gedacht, ich rieche gebratene Eier …«
    Der Wirt nickt. »Ja, von heute sehr früh. Das war, bevor sie sich mit ihren Schiffen vor den Hafen gelegt haben.«
    Nun endlich hört Ayse, was der Mann sagt. »Was ist mit dem Hafen?«
    Der Wirt zieht die Augenbrauen hoch. »Ach, Kind, hast du das noch nicht mitgekriegt? Die Runji! Die Runji liegen vor dem Kai! Und jeder mit ein bisschen Verstand sucht sein Heil woanders, außerhalb der Stadt. Selbst mein Koch ist abgehauen. Nicht dass ich nicht selbst ein paar Butterbrote für dich schmieren könnte, aber hier wird es zu gefährlich, Mädchen. Mach dich schnell auf den Weg.« Er gibt Ayse einen leichten Stoß in den Rücken.
    »Ja, aber … nein.«
    »Geh hinten rum, wenn du nicht auf den Kerl treffen willst.«
    »Nein, das ist es nicht …«
    »Du willst mir doch nicht erzählen, dass du einen so schrecklichen Hunger hast und darauf bestehst, erst was zu essen zu kriegen, bevor du losgehst?« Der Wirt lacht rau.
    »Aber was machen die Runji denn? Was bedeutet es, dass sie … vor dem Kai … Was haben Sie gesagt?«
    »Ein Angriff natürlich, Mädchen! Bist du etwa nicht von hier?«
    Ayse schüttelt den Kopf.
    »Hm, ich hab mir schon so was gedacht.«
    »Ist dass ein Angriff mit Schwingen?«
    »Oh, die kennst du schon? Ja, und was für welche! Das ist nun das Neuste, was sie sich ausgedacht haben. Jetzt haben sie die Scheißdinger auf ihren Booten, und seit heute früh liegen sie hier im Hafen. Sie haben angelegt, als es noch dunkel war, heißt es, und als es dann hell wurde, ist hier die große Panik ausgebrochen, verstehst du!«
    Sie kommen an der Küche vorbei, und Ayse wirft einen bedauernden Blick hinein.
    »Jetzt warte mal«, sagt der Wirt, als er ihr Gesicht sieht, und geht schnell in die Küche.
    Ayse schaut von der Tür aus zu, was er macht. Ein Lächeln zuckt um ihre Mundwinkel.
    Der freundliche Mann schöpft eilig mit einem großen Kochlöffel einen vanillegelben Brei in eine Holzschüssel, um die er anschließend ein kariertes Tuch knotet. Im Vorbeigehen greift er nach einem Stück Brot von der Anrichte und nach einem großen Stück weißen Ziegenkäse von einem Tisch. Er gibt Ayse das Tuch mit der Breischüssel und deutet mit Brot und Käse auf ihren Rucksack. »Geht alles da rein? Hier, nimm das schnell noch mit. Aber unbedingt erst raus dem Städtchen, nicht vorher schon aufessen. Sieh zu, dass du dich in Sicherheit bringst.«
    »Und Sie?«, will Ayse wissen. »Müssen Sie nicht auch machen, dass Sie wegkommen?«
    »Und meine Herberge ohne Schutz zurücklassen? Ich denke nicht daran.« Er zuckt mit den Schultern. »Nein, wenn es einen Schaden gibt … und den wird es bald geben … dann will ich den so schnell wie möglich wieder beheben. Aber meine Frau hab ich zu ihrer Schwester geschickt.«
    Ayse sieht einen grimmigen Zug auf dem Gesicht des Mannes, als er sich über die Schulter schnell nach seinem Gasthaus umsieht. Sie versucht sich vorzustellen, was es für ein Gefühl sein muss, sich seinen Besitz anzusehen, der jetzt noch unbeschädigt dasteht, und zu wissen, dass er vielleicht in Trümmer geschossen wird. Sie schluckt schwer und räuspert sich. »Also dann werd ich mich mal schnell auf den Weg machen.«
    Der Wirt nickt und gibt ihr noch einen kleinen aufmunternden Stups, bevor er sich wieder abwendet und zurück in den Gastraum will. »Mach

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