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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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Brei geknotet ist, die sie noch immer mit sich herumträgt. »Wenn sich die Sachen hier mit einem Knall einfach in Nichts auflösen, sobald ich durch die Kiste bin, dann weiß ich, dass Salzland nur Bestandteil eines eigenartigen Spiels ist.« Plötzlich bleibt sie stehen. Wie war das mit ihrer salzländischen Kleidung, als sie das letzte Mal auf der Suche nach Tio durch die Kiste gegangen ist? Sie kann sich nicht erinnern. »Darauf hab ich gar nicht geachtet.« Sie geht weiter, der Weg macht eine Biegung, und da steht die Kiste.
    »Noch ein paar Sekunden, dann weiß ich es.«
    Sie macht die Kiste auf und springt hinein.
    »Puh!«, keucht jemand, nicht darauf gefasst, dass ihn ein Mädchen mit Karacho rammt.
    »Mist!« Ayse ist erschrocken. Zwei Hände packen sie an den Schultern, und sie wird grob wieder aus der Kiste gestoßen.
    »Wo kommst du her?«, erklingt es ruppig.
    »Tio?«, ruft Ayse begeistert. »Also, das kann ich dich auch fragen! Was macht du hier? Du warst doch bei den Runji!«
    Tio blickt Ayse finster an. »Ja, und? Und wo warst du?«
    »Ich?« Ayse macht ein überraschtes Gesicht. »Bei den Salzländern. Bei Sirpa und Thorpa. Und in der alten Herberge. Auf dem Markt … Mann, ich bin überall gewesen.«
    Tio verschränkt die Arme vor der Brust. »Und es hat dich nicht gekümmert, wie es mir inzwischen ging?«
    Ayse bleibt der Mund offen stehen. »Natürlich hab ich mir Sorgen gemacht, wie es dir wohl ging!«
    Tios Blick wird noch finsterer. »Ach ja? Was hat du denn getan, um mir zu helfen?«
    »Ich hab versucht herauszufinden, was für Leute die Runji sind. Bei Sirpa und Thorpa hab ich alle ausgehorcht. Und ich bin sogar in dem leeren Runjidorf gewesen. Hätte ich denn wie ein Vollidiot einfach in das Dorf reinschneien und versuchen sollen, dich zu befreien?«
    Tio schweigt.
    »Ich war noch dabei nachzudenken, was ich tun sollte«, fährt Ayse fort.
    »Na, das ist ja jetzt nicht mehr nötig«, bemerkt Tio kühl. »Ich bin abgehauen.« Er sieht Ayse kalt in die Augen. »Nachdem ich fast abgesoffen bin.«
    »Abgesoffen!«, wiederholt Ayse erschrocken. »Haben sie dich ertränken wollen?«
    Tio findet es fast schon schade, dass er das nicht bestätigen kann, denn so schlimm war es ja nun doch nicht, was er erlebt hat. »Ich hab das gemacht, um abhauen zu können, spät abends im Dunkeln bin ich durch den Fluss geschwommen. Aber ich hab einen Krampf gekriegt … na ja.« Er zieht die Schultern hoch.
    »Was für ein Glück, dass es gut gegangen ist.« Ayse blickt zur Kiste. »Warst du auch auf dem Heimweg, oder wolltest du gerade wieder los nach Sandelenbach?«
    »Nein«, sagt Tio, »ich bin gerade mitten in … oh, verdammt!« Er steigt zurück in die Kiste.
    »He, warte auf mich!« Ayse springt schnell hinter ihm her.
    Die Kiste geht wieder auf. Tio steigt heraus.
    Ayse hinterher, den Mund noch halb geöffnet, weil sie etwas zu ihm sagen will. Bis sie sieht, dass mehrere Dutzend Augen auf sie gerichtet sind. Und ein heller Strahler.
    Tio blickt sie von der Seite an. Spott glitzert in seinen Augen.
    Ayse reißt sich zusammen. Sie hat keineswegs vor, sich vor Publikum auf einer Bühne lächerlich zu machen, und schon gar nicht, wenn Tio daran den größten Spaß hat. Sie drückt ihm die Schüssel mit Brei in die Hände – er ist viel zu überrascht, um auf den Gedanken zu kommen, sie nicht zu nehmen –, und wie eine perfekte Diva verbeugt sie sich mit ausgebreiteten Armen schwungvoll vor dem Publikum, das laut applaudiert.
    Tio glotzt dämlich auf das karierte Tuch in seinen Händen. Dann begegnet sein Blick dem seines Vaters, der neben ihm auf der Bühne steht.
    Sein Vater strahlt!
    Tio zwingt sich zu einem Lächeln, deutet mit einer weiten Bewegung auf Ayse, wie um allen Beifall auf sie zu lenken, und verschwindet nach einer knappen Verbeugung hinter der Bühne.
    Vergnügt springt Ayse hinter ihm her.
    »Was ist denn das nun wieder?«, will Tio wissen und hält die Schüssel in dem Tuch in die Höhe.
    »Wegzehrung«, sagt Ayse grinsend. »Mensch, das merke ich erst jetzt so richtig …«, sie nimmt Tio die Sachen wieder ab, »… ich sterbe gleich vor Hunger!«
    Tios Vater steckt den Kopf durch den schwarzen Vorhang und sieht seinen Sohn freudestrahlend an. »Was für eine Überraschung! Heimtückischer Kerl, du hättest mir wenigstens erzählen können, dass ihr den Trick insgeheim erweitert habt! Aber es ist fantastisch.« Er nickt erst Ayse und dann Tio fröhlich zu. »Alleine in die Kiste

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