Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)
sicher. Das Schneiden des Zuckerrohrs war eine Arbeit, die mir sehr lag und ich war drei Jahre lang der Anführer von fünfzig bis hunderte Erntehelfern bei Hawkins.
In einem der vorigen Kapitel habe ich davon berichtet, wie man Baumwolle anbaut. Dies scheint mir der richtige Platz für eine Exkursion in den Zuckerrohranbau zu sein.
Der Boden wird mit Furchen durchzogen, genau wie man es für Baumwolle macht; nur dass man sie für den Zucker tiefer pflügt. Auch die Löcher werden genau so gesetzt. Das Pflanzen beginnt im Januar und dauert bis in den April. Man braucht ein Zuckerfeld nur alle drei Jahre beackern. Bevor die Saat oder Pflanze ausgereizt ist, kann man drei Ernten einfahren.
Bei der Pflanzung werden drei Gruppen eingesetzt. Eine nimmt das Zuckerrohr vom Stapel und schneidet die Spitzen ab, so dass nur der brauchbare Rest bleibt. Jeder Knoten des Zuckerrohrs hat ein Auge, genau wie bei der Kartoffel. Dieses Auge entwickelt den Keimling, wenn man es in der Erde vergräbt. Eine andere Gruppe platziert das Zuckerrohr so in der Furche, dass immer zwei Stängel Seite an Seite liegen und so alle zehn oder fünfzehn Zentimeter Keimlinge entstehen können. Die dritte Gruppe folgt mit den Hacken und schiebt Erde auf die Stängel, so dass diese ungefähr sieben Zentimeter hoch bedeckt sind.
Nach vier Wochen höchstens schieben sich die Keimlinge durch den Boden und wachsen von da an mit enormer Schnelligkeit. Ein Zuckerfeld wird, wie die Baumwolle, dreimal gehackt – mit der Ausnahme, dass eine größere Menge Erde auf die Wurzeln geschoben wird. Anfang August ist das Hacken vorbei. Mitte September wird das, was für die neue Saat gebraucht wird, geschnitten. Im Oktober ist das Zuckerrohr schließlich reif für die Mühle oder das Lagerhaus und die große Ernte beginnt. Die Klinge eines Zuckermessers ist fast vierzig Zentimeter lang und läuft nach vorne wie auch zum Griff hin spitz zu. Sie ist sehr dünn und muss immer sehr scharf sein, um Nutzen zu bringen. Jeder dritte Erntehelfer übernimmt die Führung zweier anderer, die an seiner Seite arbeiten. Der erste Erntehelfer spaltet mit einem Schlag seines Messers das hölzerne Äußere von der Pflanze. Dann schneidet er das Grüne von der Spitze ab. Er muss aufpassen, dass er alles erwischt, da sonst der Saft den Sirup des reifen Teils sauer und damit ungenießbar werden lässt. Dann trennt er den Stängel von der Wurzel und legt ihn hinter sich ab. Seine linken und rechten Helfer legen ihre Stängel, die sie genau so behandelt haben, auf seinen. Hinter jeder Dreiergruppe ziehen jüngere Sklaven eine Karre, werfen die geschnittenen Stängel darauf und ziehen sie schließlich zum Lagerhaus.
Wenn der Pflanzer Frost erwartet wird das Zuckerrohr "geschwadet". Beim "Schwaden" werden die Stängel schon sehr früh geschnitten und längs so in eine Wasserfurche geworfen, dass die Spitzen die Enden der Stängel schützen. In diesem Zustand bleiben sie drei oder vier Wochen ohne sauer oder vom Frost beschädigt zu werden. Wenn die richtige Zeit gekommen ist werden sie heraus genommen, behandelt und zum Lagerhaus gefahren.
Im Januar kommen die Sklaven erneut aufs Feld und bereiten es für die neue Ernte vor. Der Boden ist nun übersät mit den Spitzen und dem Holz des letztjährigen Zuckerrohrs. An einem trockenen Tag wird dieser brennbare Abfall angezündet; das Feuer erfasst schließlich das ganze Feld und hinterlässt eine saubere, nackte Fläche, die für die Hacken bereit ist. Dort, wo die alten Stoppeln aus dem Boden ragen, wird die Erde aufgelockert und bald entspringt der Saat des letzten Jahres eine neue Knospe. Im nächsten Jahr passiert das Gleiche, aber danach hat die Saat ausgedient und das ganze Feld muss gepflügt und neu bepflanzt werden. Das Zuckerrohr des zweiten Jahres ist süßer als das des vorigen und das des dritten Jahres süßer als das des zweiten.
Während der drei Jahre, die ich auf Hawkins' Plantage arbeitete, wurde ich eine beträchtliche Zeit in der Fabrikation eingesetzt. Hawkins gilt als der Produzent der größten Zuckervielfalt. Hier folgt nun eine Beschreibung seines Lagerhauses und der Herstellung:
Die Mühle ist ein riesiges Ziegelgebäude am Ufer des Bayou. Vom Gebäude weg erstreckt sich eine offene Scheune, die mindestens dreißig Meter lang und zwölf oder fünfzehn Meter breit war. Der Boiler, in dem der Dampf bereitet wird, steht außerhalb des Gebäudes; die Maschinen und Motoren ruhen fast
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