Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Titel: Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Solomon Northup
Vom Netzwerk:
definiert. Ihr Plan vom Himmel beinhaltete einfach nur Ruhe , und wird am einfachsten in dieser melancholischen Dichtung ausgedrückt:
     
    "Ich verlange kein Paradies da oben,
    unterdrückt da ich hier auf Erden war,
    der einzige Himmel nach dem ich mich sehne
    ist Ruhe, ewige Ruhe."
     
    In vielen Gegenden überwiegt die falsche Annahme, dass ein Sklave den Begriff Freiheit, oder die Idee dahinter, nicht versteht. Selbst am Bayou Boeuf, wo ich die Sklaverei in ihrer abstrusesten und grausamsten Form erlebt habe, wo sie Auswüchse zeitigt wie sie in den meisten nördlichen Staaten nicht mal erahnt werden, selbst hier verstehen auch die unwissendsten Sklaven den Begriff Freiheit. Sie verstehen, welche Privilegien damit verbunden sind und von was das Wort Freiheit einen Menschen wirklich befreit – dass sie die Früchte ihrer eigenen Arbeit selbst genießen und sicher in ihren eigenen vier Wänden leben könnten. Es bleibt ihnen nicht verborgen, dass es einen großen Unterschied zwischen ihren Lebensbedingungen und denen des gemeinsten Weißen gibt und wie ungerecht das Gesetz ist, dass es den Weißen ermöglicht, die Gewinne ihres Fleißes einzuheimsen und sie unverdienter und grundloser Bestrafung unterwirft – ohne Gnade oder dem Recht zu Protestieren oder zu Widerstehen.
     
    Patseys Leben war gerade nach dieser Auspeitschung ein einziger langer Traum von Freiheit. Ganz weit weg, in ihrer Vorstellungskraft unendlich weit weg, lag ein Land der Freiheit. Tausende Male hatte sie gehört, dass es im entfernten Norden keine Sklaven gab – und keine Herren. Für ihre Fantasie war dies ein verzaubertes Land, das Paradies auf Erden. Dort zu leben, wo der schwarze Mann für sich selbst arbeitet – in seiner eigenen Hütte wohnt – seinen eigenen Boden bestellt – ach! was für ein Traum, dessen Erfüllung sie niemals erleben würde.
     
    Die Auswirkungen solch brutaler Vorstellungen auf die Hausgemeinschaft des Sklavenhalters liegen auf der Hand. Epps' ältester Sohn war ein kluger Kerl von damals zehn oder zwölf Jahren. Es war bejammernswert, ihm dabei zuzusehen, wie er, zum Beispiel, den armen Onkel Abram züchtigte. Er rief den alten Mann zum Rapport und verurteilte ihn, so sein kindlicher Verstand dies für nötig befand, zu einer gewissen Anzahl Peitschenhiebe, die er dann auch sofort mit größter Stärke und Entschiedenheit verabreichte. Oft ritt er mit seiner Peitsche auf dem Pony in die Felder und spielte, sehr zur Freude seines Vaters, dort den Aufseher. Ohne Anlass gebrauchte er die Geißel und trieb die Sklaven unter gelegentlichen gotteslästerlichen Ausdrücken zu mehr Anstrengung an. Der alte Mann lachte dazu und lobte ihn als einen Burschen, der durchgreifen kann.
     
    "Das Kind ist der Vater des Menschen" – und mit diesem Training kann es auch nichts anderes sein, egal welche natürlichen Veranlagungen vorhanden sind. Wenn so ein Kind erwachsen wird, sind ihm die Leiden und das Elend eines Sklaven vollkommen egal. Die Einflüsse des schändlichen Systems züchten gefühllose und grausame Seelen – selbst in der Brust von denen, die unter Ihresgleichen als menschlich und großzügig angesehen werden.
     
    Der junge Herr Epps hatte durchaus einige edle Qualitäten, aber keine Beweisführung der Welt hätte ihn verstehen lassen, dass es im Angesicht des Allmächtigen keinen Unterschied zwischen Hautfarben gab. Er betrachtete den schwarzen Mann als Tier, das sich ausschließlich in der Gabe der Sprache, dem Besitz höherer Instinkte und seinem Marktwert von tatsächlichen Tieren abhob. Zu arbeiten wie die Maultiere seines Vaters – sein ganzes Leben ausgepeitscht und getreten zu werden – dem weißen Mann mit dem Hut in der Hand und zu Boden blickend zu begegnen, das war das natürliche und gerechte Schicksal eines Sklaven. Wenn man unter diesen Vorstellungen aufwächst und glaubt, dass dem Sklaven keine Menschlichkeit zusteht, ist es kein Wunder, dass die Unterdrücker meines Volks eine mitleidlose und unnachgiebige Rasse sind.
     
Kapitel 19
 
    Im Juni 1852 begann einer der Zimmermänner im Bayou Boeuf, ein Mister Avery, mit dem Bau eines Hauses für Master Epps. Ich habe schon erwähnt, dass es im Bayou keine Keller gab; da der Grund hier tief und sumpfig war wurden die Häuser normalerweise auf Pfählen errichtet. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Räume nicht verputzt, sondern Decken und Wände mit Zypressenholz verkleidet werden, das nach dem Wunsch des Eigentümers gestrichen wird.

Weitere Kostenlose Bücher