Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)
geringsten Anlass auszupeitschen. Ich lehnte ab mit der Begründung, dass ich mich vor dem Missfallen meines Herrn fürchten würde und protestierte gegen die Behandlung, die sie Patsey zugedacht hatte. Ich versuchte Mistress Epps die Wahrheit aufzudrücken, nämlich dass Patsey der ihr zur Last gelegten Taten nicht schuldig war und nur Master Epps, dessen Willen sie gehorchen musste, der einzige Verantwortliche sei.
Nach und nach kroch das "grünäugige Monster" auch in Epps' Seele und mehr und mehr unterstützte er seine zornige Frau in ihrem infernalischen Jubel über des Mädchens Elend.
Vor nicht allzu langer Zeit waren wir am Sabbat an einem der Ufer des Bayous und wuschen unsere Kleidung, wie es so üblich war. Doch Patsey war nicht da. Epps rief laut, bekam aber keine Antwort. Niemand hatte beobachtet, ob sie den Hof verlassen hatte und wir waren verwundert, wohin sie gegangen sein mochte. Nach ein paar Stunden sah man sie aus der Richtung von Shaws Plantage herüberlaufen. Wie ich ja schon zu verstehen gegeben habe war dieser Mensch ein berüchtigter Verschwender und keiner der besten Freunde von Master Epps. Harriet, seine Frau, wusste von Patseys Problemen und war sehr zuvorkommend zu ihr – was zur Konsequenz hatte, dass Patsey bei jeder Gelegenheit zu ihr hinüber ging, um sie zu treffen. Ihre Besuche beruhten einzig auf Freundschaft, aber nach und nach kam Epps der Verdacht, dass ein anderer, niederer Grund sie dort hinzog – dass es gar nicht Harriet war, die sie treffen wollte, sondern seinen Nachbarn selbst, diesen schamlosen Lüstling. Als sie zurückkam fand Patsey ihren Herrn in einem Zustand höchster Erregung vor. Seine Heftigkeit versetzte sie in einen solchen Schrecken, dass sie zuerst versuchte, seinen Fragen auszuweichen – was ihn noch mehr Verdacht schöpfen ließ. Schließlich baute sie sich vor ihm stolz auf und wies empört alle Anschuldigungen zurück.
"Missus gab mir keine Seife zum Waschen, nur dem Rest", sagte Patsey, "und Ihr wisst warum. Ich bin rüber zu Harriet, um mir dort ein Stück zu holen." Dies gesagt zog sie es aus einer Tasche ihres Kleids und zeigte es ihm. "Darum bin ich zu Shaw, Massa Epps", fuhr sie fort, "Gott weiß, dass dies alles war."
"Du lügst, du schwarze Hexe!", schrie Epps.
"Ich lüge nicht, Massa. Und wenn ihr mich tötet, ich bleibe dabei."
"Oh! Ich werde dich niederzwingen. Ich werde dich lehren, zu Shaw zu gehen. Ich werde dir deine Stärke austreiben", zischte er durch seine geschlossenen Zähne.
Dann drehte er sich nach mir um und befahl, dass vier Pfosten in den Boden geschlagen werden sollten. Mit der Spitze seines Stiefels zeigte er, wohin er sie haben wollte. Als die Pfosten versenkt waren wies er Patsey an, alles, was sie am Leib trug, auszuziehen. Dann wurden Seile geholt, das nackte Mädchen auf sein Gesicht gelegt und Handgelenke und Beine jeweils an einem der Pfosten festgemacht. Er lief hinüber zum Vorplatz, nahm eine der großen Peitschen von der Wand, gab sie mir in die Hand und befahl, Patsey auszupeitschen. Obwohl mir das nicht gefiel war ich gezwungen, ihm zu gehorchen. Ich wage zu behaupten, dass es an diesem Tag nirgendwo auf der Erde eine so dämonische Vorführung gab, als wie sie nun folgte.
Mistress Epps stand auf dem Vorplatz inmitten ihrer Kinder und starrte auf die sich ihr bietende Szene mit einem Ausdruck herzloser Zufriedenheit. Die Sklaven standen etwas entfernt zusammen und ihr Gebaren war Ausdruck der Besorgnis in ihrem Herzen. Die arme Patsey flehte herzerweichend um Gnade, aber alle Gebete waren vergebens. Epps knirschte mit den Zähnen, stampfte auf den Boden und schrie mich wie ein Berserker an, härter zuzuschlagen.
"Schlag' härter, du Schurke, oder du bist der Nächste", schrie er.
"Oh, Gnade, Massa! – oh! seid gnädig, bitte . Oh, Gott! Habt Mitleid", stieß Patsey ständig hervor, ihr Fleisch unter jedem Schlag erbebend.
Als ich ihr dreißig Schläge verpasst hatte hörte ich auf und drehte mich zu Epps um in der Hoffnung, dass er nun zufrieden sei; aber unter bitteren Flüchen und Drohungen befahl er mir weiterzumachen. Ich versetzte ihr zehn oder fünfzehn weitere Schläge. Ihr Rücken war bereits mit Striemen übersät, die sich überkreuzten wie ein Netz. Epps tobte immer noch so wild wie immer und wollte erneut wissen, ob sie nochmals zu Shaw gehen wolle; dabei schwor er, dass er sie geißeln würde, bis sie sich wünschte, in der Hölle zu
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