Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
Die Sache mit dem Aufräumen schiebe ich kurzerhand beiseite. Darüber können wir dann später reden. Später, wenn ich hormonschwanger und euphorisiert bis in die Haarspitzen in Moritz’ Armen im Bett liege. So der Plan.
Ich habe mir selbst das Limit gesetzt, bis morgen zu warten, mit Erklärungen, Offenbarungen und dergleichen, bis er hier ist und ich mich wieder neben ihm fühle. Wie fühlt er sich an, wie fühle ich mich an, wie fühlen wir uns an, so in etwa. Also, morgen.
Tag der Abrechnung
Mittwoch, 18. August um 22:28 Uhr
Moritz kommt und hat eine Sonnenblume in der Hand. Er hat mir eine Packung »Stroopwaffels« mitgebracht, verdammt süße, leckere Waffeln aus den Niederlanden (da war er nämlich). Und dabei hatte ich nur einmal in einem Nebensatz erwähnt, dass ich die mag! Und Moritz sagt: »Ohne dich macht so vieles keinen Spaß!«
Und ich sage: »Und ohne dich finde ich wenigstens meine Badezimmerutensilien.«
Crash. Boom. Bang. Ich kann aber auch einfach nicht meine Klappe halten. Kaum ist es gesagt, tut es mir leid, er guckt erschrocken und verständnislos. Aber ich habe den Stein ins Rollen gebracht, leider noch im Flur, leider ohne ein nettes Wort gesagt zu haben, leider ohne Stroopwaffel im Mund.
Moritz seufzt. »Okay. Du antwortest auf einige SMS nicht, besonders auf meine mutigen, du schreibst mir belanglose E-Mails und deine Begrüßung ist ein Vorwurf. Wir sollten uns unterhalten.« Ohgottohgott, ja. Aber gleich?
Wir unterhalten uns. Und ich bin ehrlich. Ich sage Moritz, dass er das Beste ist, was mir seit Langem begegnet ist, dass ich ihn mag und gerne bei ihm bin, dass ich mich freue, ihn zu sehen, zu hören und zu schmecken, aber dass ich nicht verliebt bin. Irgendwo in mir ist das Gefühl, aber ich kann es nicht rauslassen, ich weiß noch nicht mal sicher, wo es ist. Und ich kann es auch nicht finden, weil Moritz bei mir in Kopf und Wohnung alles umgeräumt hat, weil er Dinge umsortiert und ausmistet, die ihren festen Platz bei mir haben, und das macht mich unsicher und nervös. Ich muss mich gerade an soviel Neues gewöhnen, dass ich nicht mehr hinterherkomme.
Jetzt habe ich Angst. Dass er geht, dass er sich verarscht fühlt und sauer ist. Aber Moritz steht auf und legt seine Hand auf meinen Kopf: »Ist das Gefühl hier?«
»Nee.« Er legt seine Hand auf meinen Rücken. »Hier?«
»Nee.« Er legt seine Hand auf meinen Bauch. »Hier?«
»Glaub nicht.« Er legt seine Hand … woanders hin. »Hier vielleicht?«
»Chhhhhhhhhhhhhhhhachachaaaa …«
»Vielleicht bist du noch nicht verliebt, aber das können wir ändern.« Spricht’s, nimmt mich an der Hand und führt mich ins Schlafzimmer. Und wir suchen gemeinsam die Stellen, die vielleicht doch in Moritz verliebt sind. Und wir reden darüber, was mir Angst macht, was ihm Angst macht. Er hat Angst, dass ich mich nicht in ihn verliebe, aber er kann ein bisschen warten. Und das Schönste, was er sagt, und ich schwöre, das ist das Schönste, was JEMALS jemand zu mir gesagt hat: »Im Moment bin ich halt für uns beide verliebt.«
Wechselwirkung
Donnerstag, 26. August um 10:46 Uhr
Ich schwimme weiter in einem Ozean, den ich nicht kenne, auf einem Schiff, von dem ich nicht weiß, ob es mich in den richtigen Hafen bringt. Ist Moritz der Richtige? Wer ist eigentlich dieser »Richtige«? Gibt es den überhaupt? Und wenn es ihn gibt, wie erkenne ich ihn?
Es ist schön zu hören, dass jemand in dich verliebt ist. Es ist nicht schön zu hören, dass jemand in dich verliebt ist, wenn du es selbst nicht bist. Oder nicht so, wie du solltest.
Wie sollte ich denn?
Mich gruselt. Ich bin dabei, mich in genau die Typen zu verwandeln, die mich nach vier Wochen schöner, gemeinsamer, satter Zeit fallen ließen. »Bin nicht verliebt, Süße, sorry.« Und jedes Mal frage ich mich, ob es nicht auch einen anderen Weg gäbe, eine andere Möglichkeit. Gibt es nur einen Weg, sich zu verlieben? Es gibt so viele Zellen in meinem Körper, woher weiß ich, dass jede Zelle sich an den genauen Ablaufplan »Verliebtsein« hält? Vielleicht sind meine Zellen ja genauso uneinsichtig, wie ich es immer bin. Läge ja nahe. Rein anatomisch gesehen.
Fakt ist, dass ich meine Meinung bezüglich Moritz und dem, was wir Beziehung nennen, beinahe stündlich wechsele. Eben noch voller Tatendrang, voller »Es geht ein Ruck durchs Land!«, dann plötzlich vollkommen desillusioniert und müde, ideenlos und überkritisch. Es nervt mich. Es nervt mich so sehr, dass ich
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