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Zwoelf Rosen fuer ein Herz

Titel: Zwoelf Rosen fuer ein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Jenner
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Weile, bis ich mich an meine plötzlich so nette Mutter gewöhnt hatte, aber dann war das richtig gut. Sie stellte wirklich keine Fragen mehr, sondern schrieb mich glatt für den Rest der Woche krank. Dann rief sie in der Schule an und organisierte, dass mir die Lehrer den Stoff, den ich verpasste, per E-Mail schickten. So was hätte sie mich sonst garantiert selbst machen lassen, kreisch! Aber so brauchte ich nicht irgendwen aus meiner Klasse dafür anhauen. Normalerweise hätte natürlich Pia mir jeden Tag die Hausaufgaben, die Arbeitsblätter und so weiter nach Hause gebracht, aber … Pia gab’s ja nicht mehr für mich.
    Meine positiv veränderte Mutter überlegte jeden Tag mit mir, was wir zusammen kochen könnten und es gab immer meine Lieblingsspeisen. Und als es mir schon am zweiten Tag zu Hause zu langweilig wurde, schlug sie vor, dass ich mit meinen Schulsachen in den Schönheitssalon komme, damit ich nicht allein bin und wir in ihren Pausen nett zusammen Kaffee trinken können. Und ich bekam richtigen Kaffee, nicht ihre koffeinfreie Plörre, und das ganz ohne Kommentare über Herzklopfen. Zwischen ihren Pausen konnte ich in einer freien Pflegekabine lesen oder Schularbeiten machen.
    Um ganz ehrlich zu sein, hatte ich mich zu Hause gar nicht gelangweilt. Und es war auch nicht die Einsamkeit, die mich
in den Schönheitssalon trieb … Sondern es war so, dass ich den Anblick der langsam verblühenden Valentinsrosen in meinem Zimmer nicht ertragen konnte. Gleichzeitig war ich aber auch nicht in der Lage, sie wegzuschmeißen. Das war wie ein Bann - ich konnte die Blumen einfach nicht anfassen. Mehrmals hatte ich’s versucht, aber es ging nicht. Dabei war das Wasser in der Vase schon vergammelt, trüb und fies, einige Blüten hingen abgeknickt nach unten, andere waren so weit aufgeblüht, dass sie ihre Blütenblätter herabregnen ließen, und viele der vorher saftig grün glänzenden Blätter schrumpelten grau geworden vor sich hin. Das sah alles einfach nur furchtbar aus …
    Ganz im Ernst, der vergammelnde Rosenstrauß war auf brutale Weise das perfekte Abbild meiner geplatzten Hoffnungen. Meiner Hoffnungen auf Dominik, auf Liebe, auf Glück. Darauf, nicht immer die komische, verschrobene Loser-Annette zu sein, die eh keinen Kerl abkriegt und deren einzige Chance im Leben die alles kaschierende Anwaltsrobe ist. Oder jetzt mal so richtig auf Deutschlehrer-Talk: »Einst ein Sinnbild von Hoffnung, Leben und Liebe, siechten die Rosen nun ihrem unausweichlichen Ende entgegen und waren nur noch ein Symbol für den Tod.« Und so was mitten in meinem Zimmer, auf dem Tischchen zwischen den Sitzsäcken! Schauder.
    Jetzt kann man sicher nachvollziehen, warum ich dem Vorschlag meiner Mutter gleich zugestimmt hatte und nun tagsüber in ihrem Salon rumhing. Dabei war das ein ganz schön abgespactes Arrangement. Ich lümmelte mich zum Beispiel auf einem super bequemem Stuhl, in dem die Kundinnen sonst ihre Gesichtspflege erhalten, und las in meinem Geschichtsbuch. Darin ging es gerade um Pest und Krieg und entvölkerte Landstriche … Nicht sehr aufbauend. Oder ich saß mit meinem Mathebuch am Nagelpflegetischchen im selben Raum
und hatte dabei die Füße in einem wild blubbernden Fußwhirlpool mit Aromaölen. Das war schon besser. Wieder stellte ich fest, was Mathematik doch für eine nervenberuhigende Sache ist: Die Zahlen und Formeln sind nämlich 100 Prozent gefühlsneutral. Rein, klar, übersichtlich. Keine Jungs, keine Ex-beste-Freundinnen …
    Man darf es keinem erzählen, aber ich fand in meinem Zustand Mathe so angenehm, dass ich alle Aufgaben im Mathebuch löste. Auch die, die wir gar nicht aufhatten. Und auch die vom ganzen letzten Halbjahr. Auweia. Annette, der Supernerd.
    Am abgefahrendsten waren allerdings die Gespräche, die ich da im Salon mitkriegte. Ich denke mal, meiner Mutter war nicht klar, wie hellhörig ihr Laden ist, sonst hätte sie mich nie mitgenommen. Außerdem war sie sicher daran gewöhnt, meist mit der Kundin allein zu sein. Jedenfalls schien sie nicht zu wissen, dass ich alles mitbekam, was da abging. Ich brauchte nur mein Ohr an die dünne Zwischenwand zu legen und verstand fast jedes Wort, das nebenan gesprochen wurde.
    Meistens redeten nur die Kundinnen und meine Mutter machte an passenden Stellen freundliche, aufmunternde Zwischenbemerkungen wie: »So was

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