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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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bärtigen alten Landstreicher, der auf dem Bürgersteig in der Castle Street saß und behauptete, er sei Christus, bis zu dem Idiotenjungen im Dorf mit einem Kopf wie ein Grabstein und dem Kichern einer Hyäne. Sie ermüdete die Kinder nicht mit ihren Zärtlichkeiten. Sie nahm alle ihre Angelegenheiten ernst und sagte niemals: »Mach, daß du wegkommst«, wenn man sie um eine Schnur bat oder wenn sie mit einem tiefen Atemzug sagte: »Soll ich dir mal was erzählen? Weißt du, es war schrecklich komisch; kürzlich...«, und dann anfing zu stottern. Ihre Gesellschaft ersetzte Evelyn ein wenig den Verlust von Violet und Fred, die ihr, obgleich man sie kaum ein Liebespärchen nennen konnte, doch das Gefühl gaben, der unerwünschte Dritte zu sein. Für Evelyn waren sie Heros und Heroine gewesen, und sie war ihr Maskottchen und Sklave. Jetzt schienen sie sie nicht mehr gebrauchen zu können, und sie wollte nicht mit ihnen zusammen sein. Wenn Fred sagte: »Schieb ab, Kerlchen, und leg Fritz einen Halfter an, und dann kannst du ihn zur Schmiede bringen«, rannte sie noch aus Gewohnheit, jedoch ohne das stolze Gefühl über eine Mission, in der sie sich als Jeanne d’Arc fühlte, wenn sie sich auf den wackelnden Rücken des Ackergauls schwang und ihre beiden Beine im rechten Winkel abstanden. Sie wünschte, Lady Sandys wäre mehr ein Freiluft-Mensch. Innerhalb des Hauses war sie sehr gut zu gebrauchen, aber wenn Evelyn sie dazu aufforderte, mitzukommen und ihre Sprünge anzusehen oder die Lämmer zu besuchen oder den neuen Fuchsbau, trippelte sie den halben Weg in unbequemen Schuhen und scheute dann vor irgendeinem winzigen Hindernis wie einem Entwässerungsgraben oder einem Zaunübergang zurück und ging nach Hause, weil sie die verkehrten Schuhe anhatte; diese hier wären nur gut für Bürgersteige und Parkettböden. Evelyn machte das Geheimnis um das Kleptomanie-Spiel großen Spaß. Manchmal fing sie absichtlich mit einer verbotenen Bemerkung an, damit sie sich mit ihrer sommersprossigen Hand einen Klaps auf den Mund geben und aufgeregt sagen konnte: »Himmel, beinahe hätte ich etwas gesagt, was ich nicht sagen soll.«
    »Das ist recht, Liebling«, sagte Lady Sandys dann immer. »Die ungezogenen Worte wollen wir den Männern überlassen. Frauen dürfen nur Andeutungen machen.« Es war auch sehr drollig, sich anzusehen, was auf dem halbmondförmigen Tischchen auf tauchte, und dann zu sagen: »Etwas für mich bei der Post?«, wenn jemand von oben herunterkam.
    John war zärtlich und voller Geduld zu seiner Mutter und versuchte, sie so wenig wie möglich aufzureizen. Seine Ohren standen fast im rechten Winkel ab, solange sie auf Hinkley war, denn die Verantwortung für sie lastete auf ihm wie ein schweres Gewicht. Er versuchte sie zu schützen, indem er nachsichtig lachte und sagte: »Unsinn, Muffet, das meinst du doch gar nicht so«, um ihre sehr extravaganten Bemerkungen zu verdecken. Er versuchte, alle vor ihr zu beschützen, indem er sie stets im Auge behielt, und es bereitete ihr großes Vergnügen, ihm das so schwer wie möglich zu machen.
    Sie wußte, er wollte sie ins Schlepptau nehmen, wußte aber nicht warum. »Der arme kleine Johnny denkt, ich bin auf dem Wege, einen Schlaganfall zu bekommen oder so etwas«, meinte sie zu Oliver; sie stand auf dem Rasen vor dem Fenster, wo sie sich versteckt hatte, während John sie im Hause suchte. »Er will immer wissen, wohin ich gehe und was ich mache und warum Smutty nicht bei mir ist. Er behandelt mich, als ob ich geisteskrank wäre, und bald genügt es, um mich dahin zu bringen. Wie komme ich bloß zu einem Kind, das das Leben so schwer nimmt?« Ihre Augenbrauen, die geformt waren wie Schwalbenflügel, zogen sich zu einem flüchtigen Runzeln zusammen. »Es ist ja schrecklich, wenn eine Mutter das sagt, aber weißt du, ich fürchte, er hat sehr wenig Sinn für Humor. Sieh doch, wie dumm er mit Heather umgeht. Sie hätte es schon längst aufgegeben, sich so aufzuspielen, wenn er sie auslachen würde, statt sich von ihr als Fußabtreter mit einem großen eingewebten >Willkommen< benutzen zu lassen.«
    Sie mochte Heather nicht, und Heather mochte sie nicht. Sie hatte keine Nachsicht für die Sonderlichkeiten ihrer Schwiegermutter, und man konnte sie nicht davon zurückhalten, gefährlich unverblümte Andeutungen zu machen. Sie hatte mehr unter Lady Sandys zu leiden als alle anderen im Hause, denn wenn der armen Lady ihre Kleptomanie auch nicht bewußt war, so nahm sie doch

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