Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
Vom Netzwerk:
auch nicht so sehr, daß du die ganze Zeit hier liegen mußt. Ich möchte gern ein wenig mit dir tauschen und die Möglichkeit haben, alles ungestört betrachten zu können. Ich wette, nach einer Woche könnte ich dir die erstaunlichsten Dinge über die Menschen in diesem Hause erzählen.«
    »Dann leih mir doch eins deiner Beine«, sagte Oliver, »und noch ein Stück gesunden Herzmuskel, und ich werde tauschen.«
    »Ich wette, ich könnte mit Elisabeth besser umgehen als du. Wenn ich ein Mann wäre, hätte ich dies Mädel innerhalb einer Woche bei mir im Bett. Aber nein, so etwas sollte ich dir nicht sagen, nicht wahr? So ein Benehmen habe ich immer Leuten gegenüber, die ich nicht genau kenne und bei denen ich Eindruck machen will; und dann gehen sie hin und erzählen ihren entrüsteten Freunden, was für eine liederliche Person ich bin. Eigentlich habe ich ein sehr solides Leben geführt. Traurig, wenn du es recht bedenkst.« Als sie ihre Hand hob, um ihre aufgelockerten Haare glattzustreichen, die noch immer so schwarz waren wie Johns, mit einem silbernen Streifen kunstvoll in die vorderste Welle gelegt, erkannte Oliver den Ring mit der Kamee, der seiner Mutter gehörte.
     
     
     
    Lady Sandys kam nicht mit jedermann so gut aus. Sie zeigte sich Oliver von ihrer besten Seite, weil sie ihn gern hatte, aber mit denen, die sie nicht mochte, war sie viel wunderlicher und unberechenbarer und änderte ihr Benehmen, je nach dem Eindruck, den die Menschen auf sie machten. Sie schien Olivers Mutter sehr gern zu haben, aber Mrs. North hatte kein Verständnis für sie. Sie berücksichtigte nicht, daß Lady Sandys sehr mißtrauisch war, und faßte ihr leidenschaftliches Interesse an ihrem Hin- und Herrennen und ihre Bereitschaft, sich in alles einzumischen, falsch auf. So leid Mrs. North diese kleine Kreatur tat, so wenig wollte sie sie ihre Nase in ihren Leinenschrank oder in ihre Küche stecken lassen, wo sie mit einem Löffel in die Suppe tauchte, um zu sehen, was drin war, und Eier, Butter und Milch verschwendete, wenn sie als Überraschung zum Tee ungenießbare Pfannkuchen zubereitete, wie sie es einmal gemacht hatte, als Mrs. North fort war. Die arme Muffet verlangte sehnsüchtig danach, sich nützlich zu machen, aber Mrs. North sprach ihr sogar die Intelligenz ab, die nötig war, um einen Senftopf aufzufüllen. Sie schlug ihr gegenüber einen ganz falschen Weg ein; anstatt sie als vernünftigen Menschen zu behandeln, willfahrte sie ihr mit vollendetem Takt, durchsichtig für jeden, auch für Lady Sandys selbst, deren Verletztsein in einem noch exzentrischeren Benehmen als gewöhnlich zum Ausdruck kam.
    Violet reizte Lady Sandys zum Lachen. Unglücklicherweise neckte sie sie gern, und es machte ihr Spaß, wenn sie Violet in gereizte Grobheit gebracht hatte. Heather hatte jedes Interesse an Violets äußerer Erscheinung verloren; jetzt übernahm dies Lady Sandys und kam jeden Tag mit ein paar unmöglich engen Kleidern oder völlig ungeeignetem Flitter herunter. Die Tatsache, daß sie von Edelmut und keineswegs von Bosheit zu ihren Versuchen getrieben wurde, konnte nicht ihr Entzücken über die schließlich erreichte komische Wirkung verhindern. Die arme Violet wurde noch als undankbar gescholten, wenn sie es ablehnte, Lady Sandys’ Sachen anzuprobieren.
    »Wenn diese Mondsüchtige nicht vor meiner Hochzeit verschwindet«, drohte Violet, »werde ich einfach nicht heiraten — da habt ihr’s! Wißt ihr, was sie machen wollte? Mir eine riesengroße Tüllschleife ins Haar stecken, mit glitzerndem Flitter oder so einem verdammten Quatsch. Ich habe ihr gesagt, sie solle es da lassen, wo der Sergeant seinen Pudding ließ.«
    »Violet, das hast du nicht gesagt!« Ihre Mutter war entsetzt.
    »Werd’ ich aber das nächste Mal«, murmelte Violet, die trotz allem bei Lady Sandys’ Geplapper immer mit Stummheit geschlagen war, wie ein schwerfälliges Kriegsschiff mitzukommen versuchte und der schwatzenden, sich ereifernden kleinen Gestalt, die vor ihr paradierte, mit leeren Augen folgte.
    Fred floh meilenweit aus Lady Sandys’ Nähe und suchte Entschuldigungen, um nicht zu den Mahlzeiten zu erscheinen, wenn sie im Hause war. Drei Tage hatte er damit zugebracht, sich zu verstecken, in Scheunen zu kriechen und wieder herauszuschleichen und von Heumieten Ausschau zu halten, weil sie gedroht hatte, zu kommen und sich das Gut zeigen zu lassen. Die Kinder zog es zu ihr hin, wie zu allen bizarren Charakteren, angefangen von dem

Weitere Kostenlose Bücher