Zwölf um ein Bett
gereicht wie eine Spielkarte, wobei sie an sich nichts anderes dachte und von nichts anderm sprach als von Marigolds Fohlen, das nur Kens Geschicklichkeit gerettet hatte, bis sie alle fragten, ob sie eigentlich Fred oder Ken heiraten wollte. Vorgeschoben von den anderen, stand sie nun hilflos vor Oliver, in einem dunkelrotseidenen Kleid mit einem dazu passenden Mantel. Vielleicht, weil sie sich nicht selbst angezogen hatte, machte es den Eindruck, als ob die Kleidung nicht ganz zu ihr gehörte. Sie hing ihr von den eckigen Schultern, als ob sie nur künstlich aufgehängt wäre, wie bei einer Puppe aus einem Ausschneidebogen. Man hatte ihr den Gürtel fest um die Taille geschnürt, um ihr etwas mehr Fasson zu geben; doch schon auf der Treppe hatte sie ihn heimlich wieder gelockert und auf die Hüften geschoben, so daß sie noch mehr einem langen Brett glich als je. An ihren muskulösen Beinen trug sie Seidenstrümpfe und bahnförmige Schuhe mit flachen Absätzen — Fred zuliebe — , m denen sie angeblich nicht gehen konnte. Ein Gardenienzweig steckte an ihrem Kleid; in der Hand hatte sie einen gleichen Zweig, den sie zusammenpreßte wie ein Waisenkind einen Strauß, den es der Bürgermeisterin überreichen soll. Die andere Hand steckte einsam in einem schwarzen Glacehandschuh, der ebenfalls nicht zu ihr zu gehören schien und wie eine künstliche Hand herabhing. Sie trug eine sehr glücklich gewählte Kopfbedeckung, einen rotseidenen Turban, der zu ihrem Kleid paßte. Heather hatte sie zu einem großen Tuff über der Stirn überredet und an beiden Seiten Diamant-Klips befestigt. Violet hatte Ohrringe abgelehnt, und als Heather sie ihr trotzdem anprobierte, hatte sie ihre Ohrläppchen so lange gerieben, bis sie rot anliefen. Auch um Violets Brille war ein Kampf ausgefochten worden; sie hatte erklärt, ohne sie könnte sie den Weg in der Kirche nicht erkennen. Selbst jetzt, nachdem sie von allen überstimmt worden war, konnte sie es nicht lassen, sie heimlich aus der Tasche zu nehmen und aufzusetzen, wobei sie den Turban hochschob, so daß Heather sich vor sie hinstellen und ihn wieder herunterziehen mußte. An dem Abend vorher hatte sie ihrer Schwester unter Geschrei und Stoßen die Augenbrauen ausgerupft, und Puder, Rouge und Krem auf den Augenlidern hatten Violets Gesicht anziehender gemacht. Durch den Lippenstift betont, sah ihr Mund voller und weicher aus als sonst, aber die Unterlippe zitterte hin und wieder leicht vor Aufregung.
»Vi, du siehst großartig aus!« sagte Oliver, froh, daß er nicht zu lügen brauchte. Er hatte befürchtet, sie würden sie auftakeln wie eine Figur aus dem Panoptikum. »Du hast noch nie so großartig ausgesehen.«
Irgendwie erwartete man von dieser veränderten Vi auch eine veränderte Redeweise. »Ach, hör auf mit dem Blödsinn, Ollie«, sagte jedoch die alte Vi. »Ich sehe aus wie eine Maus, die von der Katze angeschleift wird, und fühle mich reichlich ungemütlich.«
»Ehrlich, Ollie«, sagte Heather, ziemlich aufgedonnert in einem mit Blumen besetzten Hut, einer Bluse mit vielen Rüschen und mit allen Schmuckstücken behängen, die sie besaß — außer dem Freundschaftsarmband, »das alte Pferd sieht gar nicht schlecht aus, nicht wahr?« Sie trat aus der Reihe, um ihr Kunstwerk zu bewundern, und Violet streckte ihr lang die Zunge heraus und sagte: »Da, ich hab’ es satt, den Kasper zu spielen«, und zog sich in eine Ecke zurück, damit sie ihre Brille aufsetzen konnte. Die Kinder, die sonst nur Baumwoll- und Wollkittel trugen, waren von ihren Kleidern begeistert, rannten kreischend den Erwachsenen zwischen den Beinen herum, präsentierten sich, schnitten Gesichter und schrien untereinander vor Lachen. Miß Smuts, die wie eine Gewitterwolke in ihrem mit Borten besetzten weingrünen Froschkleid erschien, sagte mehr als einmal: »Es wird noch mit Tränen enden.« Susan auf Heathers Arm sah aus wie eine Puppe aus dem Märchenland in ihrem steifen weißen Kleid, dem gesteppten Satinjäckchen und dem dazu passenden Biedermeierhütchen, das ihr ständig schief auf ihre schlüsselblumenfarbenen Locken rutschte, als sie mit Heather um das Recht kämpfte, an ihrer Perlenkette ziehen zu dürfen.
»Die Wagen sind da! Die Wagen sind da!« gellte Evelyn und stürzte aus der Halle herein und gleich wieder hinaus. »Die Lagen, die Lagen!« echote David, stürzte hinter ihr her, fiel hin, vergewisserte sich, daß es nicht weh tat, und brüllte nichtsdestoweniger.
»Ja, das ist ja mein
Weitere Kostenlose Bücher