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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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erst recht nicht solche Leute wie Kandor behelligen.«
    »Dreißig zu drei klingt immer noch nicht gerade verlockend«, sagte Kersted.
    »Wohl wahr«, sagte Felt, »aber wir sollten Gerder nicht vergessen. Gerder und die anderen vier. Wenn sie wirklich keine Meldung machen   … dann schaffen sie unsere Männer auch nicht nach Pram.«
    Wenn sie nur wüssten, was in der Nacht nach ihrer Flucht passiert war. Eine schlimme Ahnung stieg in den dreien auf, aber keiner sprach sie aus. Denn wenn man den Tod aussprach,wurde er wahr. Nach einer bedrückten Pause sagte Marken stattdessen: »Das sind eine ganze Menge Wenns.«
    Felt schwieg. Sie waren kein bisschen schlauer nach dieser Unterredung, aber immerhin war Kersted jetzt wieder voller Tatendrang. Er griff nach seinem Ruder.
    »Also bleibt es dabei. Wie auch immer die Lage ist, ob Meldung gemacht wurde oder nicht: Wir besorgen uns Pferde und versuchen, uns zur Stadt durchzuschlagen. Und dort werde ich mich für unsere Männer einsetzen   – wie ich es versprochen habe.«
    »Nicht gerade ein ausgefuchster Plan, was?«, sagte Felt.
    Marken zuckte die Schultern.
    »Es läuft ohnehin alles anders, als wir uns das vorgestellt hatten. Und angefangen hat es, als uns dieser Bursche nicht hat übersetzen lassen.«
    Sie lenkten das Boot wieder in die Strömung. Irgendwohin würde dieser Fluss sie schon bringen.
     
    »Was glaubst du, wie spät es ist?«, fragte Kersted, nachdem sie lange schweigend gefahren waren. Felt schaute auf und versuchte hinter dem dichten Blätterdach, das den Fluss beschattete, die Sonne zu finden.
    »Noch vier Stunden bis Sonnenuntergang, schätze ich.«
    »Ich habe nachgedacht«, sagte Marken, »und versucht, mich an alles zu erinnern, was ich über die Gegend hier noch weiß. Ist nicht viel. Es war dunkel, als ich damals in Bosre war, und ich bin einfach immer nur über die Handelsstraße geritten. Nun ja, neben der Straße die meiste Zeit. Aber was ich genau weiß: Ich bin über keine Brücke gekommen.«
    »Rede weiter«, sagte Felt.
    »Die Bahnde mündet nicht direkt in die Bucht von Bosre, wo sie die Stämme verladen, sondern oberhalb. Hat irgendeiner voneuch gestern Nacht bemerkt, dass wir an Bosre vorbeigefahren sind? Ich nicht. Gut, es war finster. Wir waren schnell. Aber   … ach, hätte ich mir damals doch die Gegend besser eingeprägt! Ich war nur auf das Geschäft aus. Und der Käufer war eine seltsame Gestalt, in Tücher gewickelt wie eine Frau, wahrscheinlich Segure. Es war übrigens eine Bestellung   – Dolche. Besonders schöne Waffen, an die erinnere ich mich genau, wir mussten Horn einlegen am Griff, einen Stern   … geschmackvoll.«
    »Marken?«
    »Schon gut. Zwei Dinge: Erstens sollten wir verdammt aufpassen, dass wir nicht plötzlich vor eine Brücke rudern   – denn dann kreuzen wir die Handelsstraße, und die lassen sie bestimmt nicht unbewacht. Zweitens glaube ich aber, dass wir gar nicht auf der Bahnde sind, höchstens auf einem Nebenarm. Oder auf einem ganz anderen Fluss, den ich nicht kenne, der aber hoffentlich in die Bahnde   …«
    Kersted hob die Hand, stellte das Ruder quer. Ja, da war etwas. Pferde. Unverkennbar die Hufschläge von Pferden. Wenn sie sie hören konnten auf diesem weichen Boden, konnten sie nicht mehr fern sein. Sie boten ein schönes Ziel, mitten auf dem Fluss, in ihrem offenen Boot.
    »Wir müssen raus hier«, flüsterte Marken.
    Sie streiften die Handschuhe über und setzten die Helme auf. Schnell und so leise wie möglich steuerten sie zum Ufer. Aber auszusteigen war nicht einfach. Der Fluss hatte sich tief in den Boden gegraben, die Böschung war anderthalb Mann hoch und dicht bewachsen. Felt griff nach den frei liegenden Wurzeln eines toten Baums, lange schon unterspült vom Wasser, und klemmte die Füße unter die Ruderbank. Er konnte das Boot auf diese Art halten, aber nicht allzu lange. Marken sprang einfach in die Böschung, rutschte ein Stück, dann hatte er etwas gefunden, um sich festzuhalten.
    »Smirn«, flüsterte er dringlich, »nun komm, spring.«
    Smirn stand auf, sprang aber nicht. Marken fluchte leise, dann reckte er sich, es riss im Bewuchs, aber er schaffte es. Ein großer Handschuh griff nach Smirns Taille und fischte sie aus dem Boot. Marken drückte sich und die Frau in die Pflanzen, Felt konnte nur noch ein silbernes Schimmern ihres Gewands ausmachen. Von einem anderen Blickwinkel aus, zum Beispiel vom Rücken eines Pferdes, dürfte das allerdings eine schwache Tarnung

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