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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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schwieg lieber darüber, wie er feststellte. Es war eine ziemlich dunkle Warnung zur Vorsicht gewesen. Aber Kersted sah lieber das Gute darin: So finster die Botschaft auch gewesen sein mochte, seit der nächtlichen Begegnung mit dem Läufer und der Szasla hatte Nendsing den Abstand zu Kersted aufgegeben. Mit wenigen, flüchtigen Gesten und Blicken konnte sie eine Zugehörigkeit herstellen, die Kersted zu anderen Zeiten über alle Maßen glücklich gemacht hätte.
    Wenn der Führer der Nord-Kwother Kersted und Nendsing beobachtete, sah er zwei Menschen, die sich zwar einander nochnicht ganz sicher waren   – dafür war die Liebe noch zu neu   –, die aber ganz sicher zueinandergehörten. Dern hatte viel mit Utate gesprochen, fast immer über das, was nun bald endete. Immer wieder aber hatte sie seine Gedanken auch auf die beiden Liebenden gerichtet, auf den neuen Beginn. Dern zweifelte: Wozu etwas anfangen, dessen Ende so klar abzusehen war?
    »Nun, Dern, was denkt Ihr?«, fragte ihn Utate mit Blick auf den Welsenoffizier, der Nendsing an Bord des Schiffes half. »Seid Ihr immer noch überzeugt, dass es keinen Sinn hat?«
    Dern zögerte mit einer Antwort.
    »Nehmt uns als Beispiel«, fuhr Utate fort. »Es war von Anfang an klar, dass Ihr und ich uns würden trennen müssen. Wir hatten nur eine sehr begrenzte Zeit, um über das zu sprechen, was Euch und mich bewegt. Und dass wir uns wiedersehen werden, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber doch sehr unwahrscheinlich. Dennoch war es nicht umsonst, nicht wahr?«
    »Nein, das war es nicht. Ich danke Euch, Hohe Frau, dass Ihr Euch meine Dummheiten so geduldig angehört habt.« Dern kreuzte die Arme vor der Brust und verbeugte sich tief.
    »Ach kommt, ich bitte Euch!«
    Sie lachte   – was Dern mit seiner höflichen Geste hatte provozieren wollen. Nichts half ihm dieser Tage so schnell aus seiner Düsternis heraus wie das silbrige Lachen der Unda. Sich nun, an der Biegung des Naryns, von ihr zu trennen, fiel ihm nicht leicht.
    Er würde bald sterben, wahrscheinlich im Kampf. Aber auch ein natürlicher Tod war nicht mehr allzu fern; etwas, das ihn kaum bekümmert hätte, wenn er seinem Vater hätte folgen können. Wenn er den Weg hätte gehen können, den alle Generationen vor ihm gegangen waren. Dern aber wollte dem Vater nicht folgen, nicht im Leben und nicht im Tod. Er war allein, er hatte niemanden mehr, der vorausging, und auch keinen eigenenSohn, der ihm nachfolgen würde. Derns Generation war eine verlorene Generation; die Freien Söhne waren einsame Männer, die allermeisten waren nie selbst Väter geworden, waren ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. Was geschah, wenn die Traditionen zerbrachen, wenn nichts mehr Gültigkeit hatte?
    Utate glaubte an Anfänge. Sie glaubte an die Tat, ans Wagnis   – denn wer konnte schon das Ende wissen? In die Zukunft zu sehen war einer Unda unmöglich, und vor dem gewaltigen Hintergrund ihrer Erfahrung schien ihr ein einzelnes Menschenleben zuweilen nichts und eine Generation nur wenig zu bedeuten. Aber das war nicht so. Jedes Leben war bemerkenswert.
    Für Dern wie für jeden Kwother war es schwer, im Wandel etwas Gutes zu sehen, denn es ging ihm immer um das Bewahren des Alten. Was Kwothien jedoch bevorstand, war weit mehr als Wandel: Es war der Untergang. Welche Zukunft hatte ein Volk, das sich selbst zerfleischte? Immer wenn Dern an diesen Punkt gelangte, wenn alles finster wurde, lenkte die Unda seine Gedanken auf den Welsen.
    »Sein Heimatland ist bedeckt mit Asche«, hatte Utate gesagt. »Sein Volk ist vernichtet worden mit Hilfe der Männer, die heute wieder die Vernichtung vorantreiben. Damals wie heute ist fraglich, welche Schuld sie tragen, denn sie sind und waren nicht die Herren ihrer selbst. Sie sind besessen vom Bösen. Aber darum geht es nun nicht. Wichtig ist: Ihr, Dern, habt Euch gegen die Zwangsläufigkeit gesträubt. Ihr brecht Traditionen, Ihr schlagt eine Schneise in Euer eigenes Volk, die eine ganze Generation breit ist. In dieser Lücke kann etwas Neues entstehen, hier hat es genug Platz zum Wachsen. Nicht alle waren in der Feuerschlacht, nicht alle Väter sind Dhurmmets geworden, nicht alle Söhne sind ohne eigene Kinder geblieben. Ihr kämpft nicht für Euch, Dern, sondern für die, die nach Euch kommen.Auch wenn es nur wenige sind. Eure Aufgabe ist es, eine Zukunft möglich zu machen   – Ihr selbst werdet keine Zukunft mehr haben. Es geht nur darum, die Hoffnung nicht zu verlieren. Kwothien, wie

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