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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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kämpfen, du darfst nicht sterben. Ich verbanne dich. Du musst Kontinent verlassen.«
    Das Grollen unter seinen Worten wurde zu einem gehässigen Zischen, das Marken den Angstschweiß aus den Poren trieb.
    »Und musst zurückkehren, wenn alles vorüber ist. Wenn die Schlachten geschlagen, wenn die Völker vernichtet sind, wirst du, Welse, mit wachem Verstand als letzter Mensch durch eine Welt irren, die dich nicht mehr kennt.«
15
    Der Wind war nicht stark, aber er stand günstig. Sie hatten die Ruder eingezogen, das Segel gesetzt und entfernten sich schnell. Utates silbrig glänzende Gestalt am Heck des Schiffes wurde rasch kleiner, aber Dern konnte den Blick nicht von ihr lösen. Er hatte getan, was ihm möglich gewesen war, um der Forderung der Szasla Folge zu leisten: Die Undae sollen durch diesen Krieg gehen wie die Sonne durch den Tag: unaufhaltsam und unbeirrbar . Dern hatte Utate hindurchgeleitet und nun verschwand sie schneller, als ihm lieb war. Aber was war mit der anderen Hohen Frau? Bis zuletzt hatten sie die Nachricht ersehnt. Sie war nicht gekommen. Das Schiff war bereit gewesen, die Zeit drängte   – dennoch war Utate mit Dern am Ufer entlangspaziert und sie hatten geredet. Und gewartet, gehofft. Das Wasser des Naryns schwieg, eine Nachricht von wenigstens einem der Suchtruppskam und kam nicht, und so musste Utate schließlich doch voller Ungewissheit in das kleine Boot steigen, das sie zum in der Flussmitte ankernden Schiff brachte. Die Unda hatte nicht nur den Mut seiner Soldaten gehoben, sondern auch Derns eigenen. Wenn sie nun nach Gham-Sarandh reiten würden, wenn sie der Schlacht, dem Tod entgegengingen, würde dann die Erinnerung an die Unda   – an ihre klare Stimme, an ihre klugen Worte   – reichen, um nicht zu verzweifeln? Dern wusste nicht, ob er den Dämon von sich fernhalten konnte, wenn Utates Anwesenheit ihm nicht dabei half. Aber er war entschlossen, es zu versuchen. Er hatte seinen eigenen Vater erschlagen, er trug Schuld   – auch wenn sein Vater kein Mensch mehr gewesen war und auch wenn Dern diesen Krieg nicht gewollt hatte. Der Krieg würde kommen, ob die Unda die Quelle erreichte oder nicht. Aber er würde nicht enden, wenn die Quelle versiegte. Nur wenn Utate die Quelle der Friedfertigkeit neu beleben konnte, würde Kwothien nicht gänzlich untergehen, daran glaubte Dern fest. Und nur wenn er und die Seinen standhaft blieben, würde es ein Danach geben   – eine Zeit nach dem Dunkel, dem Feuer, dem Sterben. Nicht für Dern und die Freien Söhne, sondern für die, die dann noch übrig wären.
    Und wenn es nur ein Einziger ist, dachte Dern, nur ein einziger Mensch, ein einziges Kind, dann kämpfe ich eben für dieses eine Kind. Wer sagt denn, dass es nicht meines hätte sein können? Und welcher Vater würde nicht seine Zukunft für die seines Kindes tauschen?
    Dern zögerte nicht mehr, sah dem sich entfernenden Schiff nicht länger hinterher. Er wendete sein Pferd und wollte gerade Signal zum Aufbruch geben lassen, als ein Ruf ertönte und Unruhe in seine Soldaten kam. Sie öffneten die Reihen und ließen einen Reiter zum Flussufer durch. Mann und Pferd waren in jämmerlichem Zustand; bei Dern angelangt, rutschte der Soldataus dem Sattel und blieb gleich auf den Knien, das schweißnasse Pferd stolperte mit zitternden Flanken weiter zum Wasser und soff gierig. Wenn man dem armen Tier hätte etwas Gutes tun wollen, man hätte es daran gehindert. Aber niemand achtete auf das Pferd. Denn der Soldat hatte Nachricht von der anderen Unda.
    »Herr, sie haben sie. Dhurmmets haben sie.«
    Arghad verweigerte den Wasserbeutel, er wollte erst die Botschaft überbringen.
    »Herr, die Unda hat mir gesagt, Ihr sollt Folgendes wissen: Der Liebe entzweit, hat die Unbestechliche sich selbst gerichtet. Die Brücke ist eingestürzt und das Kostbarste ist unerreichbar geworden. Doch in dieser Ferne liegt als Trost die Sicherheit .«
    Er hustete, trank nun doch.
    Dern wandte sich im Sattel um, sah über den Naryn. Aber das Schiff mit Utate war inzwischen außer Sicht.
    »Das ist schlimme Nachricht, die du mir bringst, Soldat«, sagte Dern. Er ersparte ihm die Frage nach seinen Kameraden; der Mann war allein, das sprach für sich. Stattdessen wollte er wissen: »Wie geht es der Hohen Frau? Was ist mit ihren Begleitern?« Utate hatte ihm berichtet, dass auch die Unda namens Smirn von zwei Welsen sowie von Soldaten aus Pram eskortiert wurde.
    »Ich … ich weiß nicht«, stammelte Arghad und

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