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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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drei Kämpfer und begruben auch Markens wahnsinniges Lachen unter sich. Sie sprach so laut, schnell und heftig, dass Marken glaubte, sie sei eine andere, sei ausgewechselt. Nur ihre raue, dunkle Stimme war dieselbe geblieben und wie gemacht für eine Sprache, die ein röchelndes Gurgeln war   – Marken verstand kein Wort und konnte auch aus Smirns Tonfall nichts deuten. Er konnte nur staunen: über sich und seinen Anfall, in dem sich die Anspannung von Zehnen entladen hatte, und über diese fremdartige Frau, die gestikulierte und, scheinbar ohne Luft zu holen, tiefe Rachenlaute gegen die drei Kämpfer schleuderte.
    Es zeigte Wirkung. Die Feindseligkeit in den Gesichtern der Kwother wurde erst von Erstaunen, dann von Trotz abgelöst, aber auch der hielt Smirns Tirade nicht stand. Schließlich steckten die Männer die Äxte zurück und alle drei saßen ab, den Blick auf den Boden gesenkt. Einer der Männer antwortete   – ohne dass Smirn ihre Rede beendet hatte   – und auch die beiden anderen fielen ein. Nun sprachen alle vier gleichzeitig und in einer Lautstärke, die in der nachmittäglichen Stille auf dieser Straße an den Nerven zerrte. Marken spürte seine gerade wiedergewonnene Selbstbeherrschung wanken und drehte sich weg. Er entfernte sich ein paar Schritte, steckte mit zitternden Fingern das Schwert zurück in die Scheide. Wo war der Mantel der Ruhe? Er hing in Fetzen.
    Strommed wies mit dem Kinn die Straße hinunter. Die Pramer kamen im Laufschritt herangetrabt; der Anblick der Reiter hatte ihre Lebensgeister geweckt. Und auch ihren Kampfesmut, dachte Marken mit einem Anflug von Stolz auf seine Männer,sie laufen tatsächlich mit gezückten Waffen. Er hob beruhigend die Hand, hier und heute würde man nicht mehr kämpfen müssen. Diese drei Kwother waren nicht der Krieg, sondern bestenfalls seine keifenden Vorboten. Marken drehte sich wieder zu den lauthals Diskutierenden um, als der Redeschwall abrupt abriss.
    »Sie bringen uns zu ihrem Hauptmann«, sagte Smirn mit staunenswerter Gelassenheit und in ganz normalem Tonfall. »Er ist noch in Gem-Enedh und sammelt Truppen. Aber bald wird auch Gem-Enedh so leer sein wie Hal, denn alle Einwohner Kwothiens sind nach Jirdh gerufen.«
    Sie trat nah an ihn heran und ihre Kühle tat Marken gut. Es war die gleiche Erleichterung, die man verspürte, wenn man aus der prallen Sonne in den Schatten eines großen Baums trat.
    »In diesem Land muss man sich durchsetzen«, sagte Smirn leise zu Marken. »Schweigen ist Schwäche. Geh nun, nimm dir ein Pferd und befiehl auch Strommed aufzusitzen.«
    Die Kwother bedachten Markens verschwitzten Trupp mit abschätzigen Blicken; Strommed straffte die Schultern, verschränkte die Arme vor der breiten, gepanzerten Brust. Was den Stolz anging, konnte sich so ohne Weiteres niemand mit einem Welsen messen.
    Marken tat, was Smirn ihm gesagt hatte. Als er sich die Zügel aus der Hand des verdutzten und deutlich kleineren kwothischen Soldaten griff, sagte er mit einem grimmigen Lächeln: »Erkennst du einen Offizier nicht, wenn du einen siehst? Ihr marschiert, wir reiten!«
    Er schwang sich in den Sattel. Strommed legte ohne großes Aufheben dem zweiten, laut grollenden Kwother eine große Hand auf den Helm und schob ihn von seinem Pferd weg. Der dritte gab ohne Gegenwehr auf und überließ sein Reittier der Unda.
    »Du kennst doch das Sprichwort«, sagte sie zu Marken. »Hunde, die bellen, beißen nicht. Anders, als du es bisher erlebt hast, ist dies eigentlich ein lautes, lebendiges Land. Wenn es wieder still wird, sollten wir jedoch auf der Hut sein.«
    Gem-Enedh war der Hafenstadt Hal sehr ähnlich   – kantige, hohe und verwinkelte Häuser säumten die schmalen Straßen   –, aber deutlich größer und völlig überlaufen. Die drei kwothischen Soldaten boxten und brüllten sich durch die lautstark protestierenden Menschenmassen, dahinter ritt Smirn, kerzengerade aufgerichtet. Marken und Strommed beteiligten sich nicht am allgemeinen Geschrei, aber die Pramer drängelten und fluchten bald ebenso rücksichtslos wie die Kwother.
    »Genug jetzt!«, rief Marken ihnen zu. »Das sind Frauen und Kinder! Ihr seid Soldaten!«
    Er beherrschte sich, nicht noch einen Fluch hinten anzuhängen. Die Aggressivität, die durch diese Stadt tobte, übertrug sich auch auf ihn. Und er spürte, das war mehr als nur die lautstarke Umgangsweise der Kwother, mehr als nur rohe Sitten   – es war die Angst, die sich hier Bahn brach. Die Angst vor

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