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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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Botenpfad ein merkwürdig zusammengesetzter Eiltrupp davon: vorneweg Hauptmann Ormn mit sieben Gefolgsleuten, darunter auch sein alter Sohn, danach Marken und Smirn, die acht pramschen Soldaten und zuletzt Strommed.
    Der Pfad verlief zunächst parallel zur Straße, entfernte sich dann aber nordwärts und die Umgebung wurde hügelig. Marken hatte keine Augen für die Schönheit des Landes, für die blühenden Wiesen oder die in der Sonne leuchtenden Gipfel des Gebirges, das sich zu seiner Rechten in der Ferne aus den Hügeln erhob. Er dachte nur an den, der vorausritt und dem er folgte, obwohl er es nicht wollte: Ormn. Dieser Mann war dabei gewesen , als das mächtige welsische Heer verbrannte, als das Land, die Menschen, die Hauptstadt Wandt   – alles!   – in Flammen stand. Es war nicht zu glauben. Was hatte Ormn gesehen? Und was getan? Hatte er seine Axt geschwungen und gekämpft oder war er nur ein Diener der Segurin Asing gewesen, hatte eine Fackel gehalten, aus der ein dämonischer Flammenkrieger entsprungen war? Welche Version der Feuerschlacht stimmte   – die offizielle mit einer glorreichen Westlichen Allianz und mutigen Kwothern? Oder die andere, in der eine furchterregende Adeptin einen Feuerzauber entfacht hatte? Ormn wusste es, während die Welsen darüber nur spekulieren konnten.
    Marken erinnerte sich gut an Felts Bericht beim Frühstück in Pram; das war keine hundert Soldern her, sondern nur fünf Zehnen. Der Übersetzer mit dem wirren Haar   – Marken fiel der Name nicht ein   – hatte Felt eine Version der Feuerschlacht erzählt, die der nicht hatte glauben wollen. Dennoch hatte Felt sie in seiner korrekten Art an die Kameraden weitergegeben. Marken konnte es damals nicht zugeben, aber er selbst glaubte sehr wohl an Dämonen. An jene, die in ihm hausten, die er sich selbst herangezüchtet hatte und die beinahe jeden Tag im Morgengrauen an seiner Seelenruhe nagten, genauso wie an die andern, die wirklichen Dämonen. Er stellte sie sich nicht so vor, wie ein Kind sich ein Ungeheuer vorstellt, mit langen Zähnen etwa oder triefenden Augen, sondern als schattenhafte, verwischte Existenzen ohne Ziel und Form. Markens Dämonen waren wie tiefschwarzer Rauch, der zwar leicht im Wind zerfaserte, aber dennoch da gewesen war. Erst wenn jemand wusste, wie dieserRauch einzufangen war, nahm er Gestalt an. Diese Gestalt konnte alles Mögliche sein, dachte Marken, auch ein Feuer. Oder ein Feuerkrieger. Marken konnte sich im Gegensatz zu Felt gut vorstellen, dass eine legendäre Adeptin wie Asing die schattenhaften Existenzen eingefangen und zu Flammendämonen geformt hatte. Die dann auf Welsien losgelassen worden waren von fackelbewehrten Kwothern   – tausendfach. Auf Welsien losgelassen von Ormn … Marken spürte Hass aufglimmen. Erst war es nur ein leichtes Brennen hinter dem Brustbein, aber mit jeder Frage, die ihm durch den Kopf schoss   – Wie kann dieser Mann mir ins Gesicht schauen, wo er mein Volk ausgerottet hat? Warum ist so viel Leben in ihm und so viel Tod bei uns?   –, wurde das Brennen in Markens Brust heißer. Schließlich loderte der Hass so heftig, dass Marken der Schweiß ausbrach. Die Zähne hatte er so fest zusammengebissen, dass es bis hinauf in die Schläfen schmerzte. Sein Gesichtsfeld verengte sich, von den Rändern her wurde die Welt unscharf; Marken nahm keine Hügel mehr wahr, keine Wiesen, keinen Pfad. Er wusste nicht einmal mehr, dass er auf einem Pferd saß und hinter ihm die Unda ritt, die er zu beschützen geschworen hatte. Er sah nur noch Ormns dunkles Gesicht vor sich, die goldenen Augen   – und die glänzende Münze darüber. Du bist also ein Dhurmmet, du wünschst dir den Tod? Den kannst du haben, du hast ihn verdient wie keiner. Marken sah sich das Schwert heben, spürte den gezielten und kraftvollen Hieb, nicht sein Arm führte die Klinge, sondern der Hass, Ormns Kopf trennte sich vom Rumpf   – ein kopfloser Mann kann den Weg ins Land seiner Väter nicht finden   – und dann schoss das Blut heraus, eine ungeheure Fontäne. All das Leben. All das Leben, das Ormn sich genommen hatte, unrechtmäßig, viel zu lang, strömte nun aus ihm heraus, und Marken konnte nichts mehr sehen außer Blut und nichts mehr hören außer Lachen. Seinem eigenen, lauten, hämischen Lachen.
    »Marken, was ist so komisch? Marken?«
    Sein rechter Arm, eben noch vom Hass durchglüht, wurde eiskalt. Smirn hatte zu ihm aufgeschlossen und ihre Hand auf seine gelegt. Jetzt erst

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