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Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären

Titel: Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Schmerzen.
Erdlingsaugen sahen sie nicht, als sich Ayla zur Quelle hinunterneigte, doch andere Augen waren auf sie gerichtet. Nächtliches Raubgetier und dessen Opfer tranken an derselben Quelle wie die junge Frau. Nie wieder - seit sie vor langer Zeit allein und schutzlos durch die Wildnis gewandert war - war Ayla so angreifbar gewesen; nicht so sehr ihres Körpers wegen als vielmehr wegen ihres unbedachten Sichbewegens. Sie dachte an vieles, nur nicht ans Überleben. Ihre Gedanken waren nach ihnen gekehrt. Für ein reißendes Tier wäre sie leichte Beute gewesen. Doch hier oben hatte Ayla unter den Vierbeinern sich Achtung verschafft. Schnell fliegende Steine, nicht immer tödlich, aber stets schmerzhaft, hatten sie Vorsicht gelehrt.
"Es muß doch irgendeine Spur von ihr geben", forderte Brun zornig. "Wenn sie Nahrung mitgenommen hat, so kann es nicht viel gewesen sein und wird auch nicht lange reichen. Dann muß sie aus ihrem Versteck heraus. Jeder Ort, der abgesucht wurde, ist nochmals in Augenschein zu nehmen. Wenn sie tot ist, so will ich es wissen. Sie muß vor dem Tag der Benamsung gefunden werden. Und wenn nicht, so werde ich nicht zum Miething des Groß-Clans ziehen."
"Jetzt hindert sie uns noch, das große Treffen zu besuchen", höhnte Broud mit wilder Gebärde. "Warum wurde sie überhaupt in den Clan aufgenommen? Sie ist und bleibt doch eine von den anderen. Wäre ich Clan-Führer, ich hätte sie niemals aufgenommen. Wäre ich Clan-Führer, ich hätte Iza niemals erlaubt, diesen widerlichen Findling mitzunehmen. Warum kann denn keiner von euch sie so sehen, wie sie wirklich ist? Nur ich! Schon immer hat sie gegen die Clan-Gebote gehandelt, und immer wieder ist sie ungestraft davongekommen. Hat einer sie je daran gehindert, Getier in die Höhle zu bringen? Hat einer sie je daran gehindert, allein umherzuziehen, wie das einer guten Clan-Frau niemals in den Kopf gekommen wäre? Es ist beileibe nicht wundersam, dass sie uns klammheimlich wie ein reißendes Tier belauert hat, als wir uns mit den Waffen übten. Und was begab sich, als sie mit der Schleuder in der Hand ertappt wurde? Man belegte sie mit einem Todesfluch, der nur bemessen war. Und als sie wiederkehrte, wurde ihr auch noch das Jagen erlaubt. Eine Frau, die jagt! Seht ihr denn nicht, ihr Blindläufigen, wie die anderen Clans diesen Frevel aufnehmen werden? Es kommt doch nicht von ungefähr, dass wir nicht zum Miething des Groß-Clans ziehen werden. Muß man sich denn da noch wundern, wenn sie glaubte, sie könnte uns, dem Clan des Bären, ihren Sohn aufzwingen?"
Broud war aufgesprungen und hin und her gerannt, als wenn er einen Jagdtanz zeigen wollte. Mit scharfen, harten und fast würgenden Bewegungen hatte er den Männern Ayla geschildert und wie sie den Clan immer mehr ins Unglück stürzen würde. Ein Jagdtanz war das wahrlich nicht gewesen, hatte aber viel mit Jagd zu tun - auf Ayla.
Wie aus Stein gehauen war Brun die ganze Zeit dagesessen; hielt die Arme auf der Brust verschränkt und starrte ins Feuer, das, wäre sein Blick ein Wasserstrahl gewesen, zischend und fauchend hätte erlöschen müssen. Dann schaute er dem jungen Jäger ins Gesicht.
"Broud, das alles hast du uns schon viele Male dargetan", meißelte seine Hand in den Flammenschein. "Ihr Ungehorsam wird gesühnt werden."
Die lästige Unerbittlichkeit, mit der Broud immer wieder davon anfing, zerrte nicht nur an der Nerven des Clan-Führers; sie begann so nach und nach dessen Selbstsicherheit empfindlich zu erschüttern. Und Brun fing an zu zweifeln, ob das, was er entschieden hatte und noch entscheiden würde, im Einklang mit dem Clan- Brauch sei. Nährboden für seine Entscheidungen war das Überlieferte. Und doch hatte er, wie Broud ihm erbarmungslos vorhielt, Ayla einen Verstoß nach dem anderen durchgehen lassen; sie hatte ihn dazu gebracht, sich von eben diesem gesicherten Grund zu entfernen. Er hatte sich schon auf ein Gebiet begeben, das seine Füße nicht kannten und in das zu folgen seine Männer sich zunehmend sträubten.
Denn Brouds beständiges Bohren ließ auch die anderen Jäger nicht unberührt. Die meisten waren nun überzeugt, dass Ayla sie getäuscht und verblendet hatte und dass es Broud war, der sie durchschauen konnte. Und war Brun nicht in der Nähe, so enthielt sich Broud auch nicht der abwertenden Andeutungen, dieser wäre doch jetzt wirklich zu alt, den Clan des Bären länger zu führen. Brun spürte, wie die Männer ihm langsam die Achtung entzogen.
Ayla

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