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Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären

Titel: Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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verließ die Höhle nur noch, wenn sie Wasser brauchte. In Felle und Pelze gehüllt, war ihr auch ohne Feuer warm genug. Die Nahrung, die Uba gebracht hatte, und das zähe Dörrfleisch reichten ihr. So brauchte sie nicht hinaus und Kräuter und Pflanzen sammeln oder auch zu jagen. So blieb ihr Zeit, sich auszuruhen und wieder Kräfte zu gewinnen. Bald schlief sie auch nicht mehr so viel, was ihr jedoch nicht unbedingt zur Freude gereichte. Lag sie nämlich wach in der Fellmulde, so wurde sie wieder und wieder von schlimmen Bildern gequält, die sich in ihren Kopf drängten, wenn sie an das Zukünftige dachte. Im Schlaf wenigstens konnte sie die Zukunft fliehen.
Zögernd gewärmt von der Nachmittagssonne, die ab und zu hinter rasch dahinfliegenden Wolken verschwand, hockte Ayla nahe am Einschlupf und hielt ihr schlafendes Kind in den Armen. Sie blickte auf den Sohn hinunter und drehte sachte seinen Kopf zur Seite.
Ja, du siehst anders aus, dachte Ayla. Du siehst wirklich anders aus, aber nicht ganz so anders wie ich. Ayla stellte sich ihr eigenes Gesicht vor, so wie sie es einst im Wasserspiegel hatte schimmern sehen.
Sie musterte ihr Kind, das sie mit dem Bild von sich verglich. Ja, nickte sie, so wölbt sich auch meine Stirn, hob die Hand und fuhr bei sich die hohe Wölbung nach, vom Haaransatz zur Nasenwurzel, dann über den Grat der Nase hinweg zum Mund bis ans Kinn. Und diesen Auswuchs unter dem Mund, den habe ich auch. Aber er hat die dicken Wülste über den Augen, die mir fehlen. Die Clan-Leute aber haben sie alle. Wenn ich anders aussehe, warum sollte er dann nicht auch anders aussehen? Er muß doch so sein wie ich, denn er ist von mir. Er sieht zwar aus wie ich, aber er sieht auch aus wie ein Erdling. Ich wurde den anderen geboren, und mein Kind wurde dem Clan geboren. Er hat etwas von beiden.
Glaube ja nicht, dass du mißgestaltet bist, mein Kind, nickte sie ihm zu. Wenn du mir und dem Clan geboren wurdest, dann mußt du von mir und dem Clan etwas mitbekommen haben. Wenn die Geister sich nämlich vermischten, dann muß das an dir sichtbar sein. So sieht's auch aus, und es ist richtig, dass du so aussiehst. Aber wessen Totem hat den Lebenskeim für dich gelegt? Welches auch immer es war, ihm muß beigestanden wor den sein. Niemand von den Männern hat ein Totem, das stärker ist als meines. Nur Creb. Ayla musste lächeln bei dem Gedanken. Hat der Große Bär dich zum Leben erweckt, mein Sohn? Ich lebe an Crebs Feuerstätte. Nein, das gibt es nicht. Denn niemals erlaubte der Höhlenbär einer Frau, dass sie sich seinen Geist einverleibte. Aber wenn es nicht Creb war, wer war es dann? Wer war in meiner Nähe? Angestrengt dachte Ayla nach.
Brouds hämisches Grinsen tauchte plötzlich vor ihr auf. Nein! Ungestüm dachte sie ihn weg. Nicht dieser Widerling. Sein Totem hat mein Kind nicht ins Leben gerufen. Sie schüttelte sich und verzog angeekelt den schrundigen Mund. Ich hasse ihn. Wie gern hätte ich geschlagen, gekratzt und gebissen. Doch das darf eine Frau nicht, wenn der Mann sie nimmt, obwohl sie nicht will. Rasch hob Ayla die Hand und führte sie zu ihrem Amulett am Hals und bat ihr Totem, sie vor Brouds gemeinem Geschlecht zu schützen. Dann ließ sie die Hand sinken und dachte an dessen Gefährtin. Wie hält Oga es nur aus mit ihm? Und die anderen Frauen? Warum müssen die Männe r gerade da ihr Geschlecht hineinstoßen, woraus geboren wird? Da hat es doch nichts zu suchen, das ist den Kindern vorbehalten, dachte Ayla zornig und empört.
Doch plötzlich ging ihr ein seltsamer Gedanke durch den Kopf. Wenn es dort doch etwas zu suchen hätte? Wäre es möglich, dass das männliche Geschlecht mithilft, ein Kind ins Leben zu bringen? Nur Frauen können Kinder kriegen, aber sie bekommen Mädchen und Jungen, überlegte sie. Wäre es möglich, dass es das männliche Geschlecht dort hindrängt, woraus Kinder geboren werden, und dort den Samen legt? Wäre es also möglich, dass es nicht der Geist des Totems eines Mannes ist? Und würde dann das Kind nicht auch dem Mann gehören? Wieder hatte Ayla die Kerbe in der Nasenwurzel. Ich habe nie gesehen, dass die Frau einen Geist schluckt, wie immer gesagt wird. Doch ich habe oft erlebt, wie das männliche Geschlecht von ihr Besitz ergreift. Und keiner glaubte, dass ich je ein Kind haben würde - nur, weil mein Totem so stark ist. Und doch habe ich ein Kind bekommen, und sein Anfang liegt in jenen Tagen, als ich Brouds Lust zu ertragen hatte.
Nein! Entsetzt wies Ayla

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