Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
die Ruhe und die Erfahrung im Wettbewerb wie du. Er wird sich durch die Blicke der anderen leicht stören lassen."
"Dennoch werde ich Glück brauchen", beharrte Droog.
"Alle, die siegen wollen, brauchen Glück", nickte Crug. "Und so, wie ich es sehe, gibt der alte Dorv noch immer die besten Darstellungen der Uralt-Geschichten."
"Das siehst du nur so, weil du an ihn gewöhnt bist, Crug", schränkte Goov ein. "Bei diesem Wettbewerb ist es sehr schwer zu entscheiden. Sogar unter den Frauen gibt es manche, die uns mit ihren Schilderungen in Atem halten können."
"Aber niemals können sie so packen wie die Jagdtänze. Wenn meine Augen mich nicht betrogen haben, dann haben die Leute von Norgs Clan darüber beraten, ob sie die Jagd auf ein Nashorn zeigen sollen. Sie brachen jedoch ab, als sie mich gewahrten", berichtete Crug.
Oga näherte sich zaghaft den Männern und zeigte ihnen an, dass der Abendverzehr bereitet war; doch winkte man sie wieder weg. Oga hatte gehofft, die Männer würden bald kommen; wenn sie zu lange auf sich warten ließen, würden sich die Frauen von Bruns Clan erst spät zu den anderen gesellen können, die sich jetzt schon um die Geschichtenerzählerinnen - gewöhnlich waren es die älteren Frauen versammelten.
Oga kehrte zum Gemeinschaftsfeuer vor der Höhle zurück. "Sie möchten noch nichts essen", bedeutete sie den anderen enttäuscht.
Ovra blickte auf und wies auf die Männer, die es sich anders überlegt hatten und sich dem Feuer näherten. "Schau, dort kommen sie doch", machte Ovra. "Hoffentlich sitzen sie nicht zu lange über dem Verzehr."
"Und Brun kommt auch. Die Versammlung der Clan-Führer ist wohl beendet", warf Ebra ein. "Aber ich sehe den Mog- ur nicht."
"Er ist mit den anderen Mog-urs in die Höhle gegangen. Wer weiß, wann sie herauskommen werden. Müssen wir denn auf ihn warten?" wollte Uka wissen.
"Ich halte etwas für ihn zurück", warf Ayla mit rascher Handbewegung ein. "Er denkt nie ans Essen, wenn er sich auf eine Feier vorbereitet. Er ist es gewohnt, den Verzehr fast kalt zu sich zu nehmen. Manchmal glaube ich, es schmeckt ihm so besser. Ich glaube nicht, dass er es uns zum Vorwurf machen wird, wenn wir nicht auf ihn warten."
"Schaut, sie fangen schon an. Die ersten Geschichten werden wir versäumen." Ona zeigte sich enttäuscht.
"Da ist nichts zu machen, Ona", gab Aga zurück. "Wir können nichts ändern. Wir dürfen erst dann gehen, wenn die Männer fertig sind."
"Viel werden wir nicht versäumen, Ona", beschwichtigte Ika. "Es geht ja fast die ganze Nacht. Und später zeigen die Männer ihre Jagderlebnisse, wo wir zuschauen dürfen."
"Ich sehe mir lieber das an, was die Frauen machen", bedeutete Ona.
"Broud hat mir anvertraut, dass unser Clan die Mam-MutJagd zeigen wird. Er glaubt fest, dass wir siegen werden. Brun hat ihm gestattet, den Tanz aufzuführen", berichtete Oga eifrig und mit stolzfunkelnden Augen.
"Das wird alle packen, Ona. Ich weiß noch, wie Broud in den Mannesstand erhoben wurde und den Jagdtanz aufrührte. Ich konnte eure Zeichensprache noch nicht verstehen, aber mir war ganz heiß geworden", berichtete Ayla.
Nachdem der Verzehr aufgetragen war, warteten die Frauen mit brennender Ungeduld und spähten immer wieder mit sehnsüchtigen Blicken hinüber zu der Frauenschar, die sich am anderen Ende des großen Vorplatzes versammelt hatte.
"Ebra, geht und seht euch die Geschichten an", machte Brun. "Wir Männer wollen uns beraten."
Die Frauen nahmen ihre Säuglinge hoch und schubsten die Kinder hinüber zu der Frauengruppe, die sich im Kreis um eine alte Frau niedergelassen hatte, die gerade am Anfang einer neuen Geschichte war.
"... und die Mutter des großen Eiskindes..."
"Schnell", drängte Ayla hastig. "Sie zeigt die Geschichte von Durc. Ich will nichts versäumen. Sie ist mir doch die liebste."
"Das wissen alle, Ayla", gab Ebra zurück.
Die Frauen von Bruns Clan suchten sich einen Platz und waren bald gefangen von der behenden Darstellung der alten Frau.
"Sie deutet es ein wenig anders", machte Ayla nach einer Weile.
"Jeder Clan sieht die alten Geschichten ein wenig anders, und jeder Erzähler bringt sie auf seine eigene Art; aber es ist die gleiche Geschichte. Du bist nur an Dorv gewöhnt. Er ist ein Mann; er kann die Männer in den Geschichten besser erfassen und ihre Art ausdeuten. Eine Frau berichtet mehr über die Frauen und die Mütter; nicht allein über die Mutter des Eiskindes, sondern auch über die Traurigkeit der Mütter von Durc und den anderen
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