Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
Dann neigte sie zustimmend den Kopf. Hurtig rannte sie zur Feuerstelle in der zweit en Höhle, um sich einen anderen Überwurf zu holen.
Der Große Mog-ur wandte sich der jungen Frau zu, die mit Kümmernis über ihren schlafenden Gefährten wachte.
"Der Große Mog-ur möchte gerne wissen, wie es um den jungen Mann bestellt ist."
"Ayla sagte, er wird leben und wieder gehen können. Aber sein Bein wird nicht ganz heil werden."
Die Frau verwendete andere Zeichen, als sie sprach. Ayla und Uba hatten leichte Schwierigkeiten gehabt, sich mit ihr zu verständigen. Creb jedoch hatte mehr Übung mit den verschieden abgewandelten Zeichensprachen der anderen Clans.
"Der Große Mog-ur würde gern das Totem dieses Mannes wissen."
"Es ist der Steinbock", antwortete sie.
"Dieser Mann ist so sicheren Fußes wie der Steinbock?"
"Bisher schon", gab sie zurück. "Aber heute war er nicht so wendig. Was soll nun aus ihm werden? Was geschieht, wenn er nie wieder richtig gehen kann? Wie soll er denn noch jagen? Wie soll er mich ernähren? Was kann ein Mann denn anderes tun, wenn er nicht jagen kann?"
Die junge Frau rang verzweifelt die Hände.
"Der junge Jäger wird leben. Ist nicht das das Höchste?" fragte der Große Mog-ur mit ruhiger Gebärde.
"Ja. Aber er ist stolz. Wenn er nicht jagen kann, wird er sich wünschen, man hätte ihm das Leben nicht erhalten. Er war ein guter Jäger. Eines Tages wäre er sogar Zweiter im Clan geworden. Nun wird er nie an Rang gewinnen. Er wird an Rang verlieren. Was wird er tun, wenn er an Wert verliert?"
"Frau!" bedeutete ihr der Große Mog- ur mit strenger Gebärde. "Kein Mann verliert an Wert, wenn er ein Erwählter des Großen Höhlenbären ist. Um ein Haar wäre er es gewesen, der mit ihm in die nächste Welt hinübergehen sollte. Der Geist des Höhlenbären trifft seine Wahl nicht leichten Sinnes. Der Große Höhlenbär befand es für ihn, ihn hier zurückzulassen; jedoch er zeichnete ihn. Dein Gefährte wurde geehrt. Jetzt kann er den Großen Höhlenbären auch als sein Totem begreifen; seine Narben werden die Zeichen seines neuen Schutzgeistes sein. Er kann sie mit Stolz tragen. Immer wird er fähig sein, dich zu ernähren. Der Große Mog-ur wird mit deinem Clan-Führer sprechen. Deinem Gefährten kommt von jeder Jagd ein Anteil zu. Und es mag sein, dass er wieder gehen wird; es mag sein, dass er wieder jagen wird. Vielleicht wird er nicht so sprunghaft sein wie der Steinbock; er wird vielleicht sich eher wie ein Bär bewegen können. Aber das steht nicht dagegen, auf die Jagd zu gehen. Du solltest stolz auf ihn sein, Frau."
"Er ist ein Erwählter des Großen Höhlenbären?" fragten die Hände der Frau. "Der Höhlenbär ist sein Totem?" Ehrfurcht stand in ihren Augen.
"Beide, der Höhlenbär und der Steinbock. Er hat beide Totems", gab der Große Mog-ur zurück. Er gewahrte die leichte Wölbung unter ihrem Überwurf. "Hat die Frau schon Kinder?"
"Nein, aber ich trage neues Leben in mir. Ich wünsche, dass es ein Sohn wird."
"Du bist eine gute Frau, eine gute Gefährtin. Bleibe bei ihm, wenn er erwacht, dann bedeute ihm, was der Große Mog- ur gesagt hat."
Die junge Frau senkte den Kopf. Sie hatte verstanden. Nach der Schneeschmelze wurde der kleine Fluss in der Nähe der Gastgeberhöhle zu einem brodelnden Strudelwasser, das Bäume entwurzelte und Felsbrocken aus den Bergen riß, die es in rasender Sturzflut ins Tal führte. Selbst in ruhigerer Stimmung zeigte der Fluss, der sich schäumend mitten durch breites Schwemmland wälzte, die milchigtrübe grünliche Farbe des Gletscherwassers.
Ayla und Uba hatten das Gebiet um die Höhle schon kurz nach ihrer Ankunft erkundet, um die reinigenden Pflanzen zu finden, mit denen sie sich waschen mussten, falls eine von ihnen aufgerufen wurde, an der heiligen Feier teilzunehmen.
Ayla hatte das Herz bis zum Hals geschlagen, als sie aus der Höhle gestürzt war, um die Pflanzen zusammen mit den Wurzeln auszugraben. Wieder zurückgekehrt, flatterte ihr Magen unruhig, während sie auf kochendes Wasser wartete, um den mitgebrachten Farn auszulaugen.
Die neue Kunde, dass ihr nun doch gestattet war, an der heiligen Feier teilzunehmen, verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Clan-Leuten. Nun, nachdem die Mog-urs sie für würdig befunden hatten, sahen alle die Frau, die den Fremdlingen geboren war, mit neuen Augen, und Aylas Ansehen stieg gewaltig. Hiermit war bestätigt, dass sie in der Tat Izas Tochter war, und sie galt nun als ranghöchste Medizinfrau. Der
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