Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
Führer jenes Clans, in dem Verwandte von Zoug lebten, überdachte seinen ablehnenden Bescheid, sie aufzunehmen, noch einmal. Vielleicht hatte Zougs Empfehlung doch etwas Gutes. Vielleicht würde einer seiner Männer sie nehmen, wenn auch nur als zweite Frau.
Ayla aber war viel zu aufgeregt, um auf die beifälligen Gebärden der Clan-Leute ringsum zu achten. Eigentlich hatte sie entsetzliche Angst. Ich kann es nicht! schrie es in ihr, als sie zum Fluss lief. Die Zeit ist zu kurz, und ich kann mich nicht richtig vorbereiten. Was ist, wenn ich etwas übersehe? Wenn ich einen Fehler mache? Dann werde ich Schande über Creb bringen. Schande über Brun. Schande über den ganzen Clan.
Das Wasser war eisig, doch es beruhigte sie. Ayla sah dem Kommenden schon gelassener entgegen, als sie sich auf einem Felsbrocken niedersetzte und ihr langes, blondes Haar entwirrte, das in einer leichten Brise langsam trocknete. Tröstlich war ihr der Anblick der feuerglühenden Berggipfel, die allmählich mit den bläulich violetten Schleiern der Nacht verhüllt wurden. Ihr Haar war noch feucht, als sie sich ihr Amulett wieder über den Kopf streifte und den frischen Überwurf anlegte. Geräte und Werkzeuge stopfte sie in die Falten des Gewandes, nahm den anderen Überwurf unter den Arm und rannte zur Höhle zurück. Unterwegs kam sie an Uba vorüber, die Durc in den Armen hielt, und nickte ihr kurz zu.
Die Frauen arbeiteten wie besessen, ständig durch die Kinder gestört, die völlig außer sich waren. Das blutige Bärengemetzel hatte ihr Innerstes aufgewühlt; auch waren sie es nicht gewöhnt, hungern zu müssen, und die Essensdüfte, die ihnen von überall in die Nase stiegen, steigerten den Hunger zur Gier. Und da ihre Mütter so beschäftigt waren, konnten sie ihrer Erregung und ihrer Ungeduld in einer Weise Luft machen, wie ihnen das sonst niemals gestattet worden wäre. Einige der Jungen hatten die zerschnittenen Riemen vom Pfahlverhau des Bären aufgehoben und sich als Ehrenzeichen um die Arme gebunden. Andere, die nicht so flink gewesen waren, versuchten, sie ihnen abzujagen, und die ga nze Kindermeute rannte brüllend um die Feuer herum. Als sie dieses Treibens müde wurden, fingen sie an, die Mädchen zu ärgern, die auf ihre kleineren Geschwister achtgeben mussten, bis die Mädchen schließlich auf die Jungen losgingen, sie zu verprügeln, oder zu ihren Müttern rannten, um sich zu beschweren.
Die Kinder waren nicht die einzigen, denen der Hunger allmählich zur Qual wurde. Der Ruch des in riesigen Mengen zubereiteten Verzehrs reizte jedermanns Eßlust. Und alles wartete eigentlich nur mit nur mühsam beherrschter Ungeduld auf den großen Festverzehr und die nachfolgende Feier. Wurzeln und Knollen köchelten leise in den über den Feuer hängenden Tierhautbehältnissen. Wilder Spargel, Lilienwurzeln, wilde Zwiebeln, Hülsenfrüchte, kleine Kürbisse und Pilze waren wohlschmeckende Beilagen. Mit einer Soße aus heißem Bärenfett, Kräutern und Salz würden Lattich, große Kletten und Löwenzahn aufgetragen werden.
Der eine Clan glänzte mit einem besonders gewürzten Verzehr aus Zwiebeln, Pilzen und kleinen grünen Erbsen. Ein anderer hatte eine seltene Art von Fichtenzapfen mitgebracht. Übers Feuer gehalten, sprangen aus den Zapfen große schmackhafte Nüsse heraus.
Norgs Clan röstete Kastanien, die an den tiefer liegenden Hängen gesammelt worden waren, und machte dazu eine nußartig schmeckende dicke Soße aus zerstampften Bucheckern, getrockneten Getreidekörnern und kleinen süßsauren Äpfeln, die in Scheiben geschnitten wurden. In der näheren Umgebung der Höhle gab es nirgends mehr Blaubeeren und schon gar nicht Preiselbeeren. Alle waren sie in die Sammelkörbe der Frauen gewandert. Tagelang hatten die Frauen von Bruns Clan sich abgemüht, die mitgebrachten, getrockneten Eicheln aufzubrechen und zu zerstampfen. Das Feinzerstampfte wurde in flache Löcher im Flusssand vergraben und mit viel Wasser übergossen, damit ihm die Bitterkeit entzogen würde. Der Brei wurde dann zu flachen Kuchen gebacken und diese wiederum in süßen Ahornsaft getaucht, bis sie völlig durchtränkt waren, und schließlich in der Sonne getrocknet. Uba, die den Frauen half und dabei ständig ein Auge auf Durc hatte, konnte es nicht fassen, dass dies alles gegessen wurde.
Von den Feuern stieg der Rauch so schwadendick in die stille, sternschimmernde Nacht auf, dass er in feinen Wolken den Himmel verhüllte. Der Mond war neu und hielt sein
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